Kommentar: Abgang von Lucas Hernández wäre sogar gut für den FC Bayern

Von Sebastian Mittag
Lucas Hernández, FC Bayern München
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Lucas Hernández möchte offenbar den FC Bayern verlassen und zu Paris Saint-Germain wechseln. Für den Verein könnte das der Beginn eines größeren Umbruchs sein. Ein Kommentar.

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Über mangelndes Vertrauen des FC Bayern darf sich Lucas Hernández wirklich nicht beschweren.

2019 holten ihn die Münchner für 80 Millionen Euro von Atlético Madrid und machten ihn zum teuersten Neuzugang der Bundesligageschichte. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift laborierte der Franzose noch an einer Innenbandverletzung. Allein die Umstände der Verpflichtung waren schon ein großer Vorschuss an Vertrauen.

In den Jahren danach blieben die Bayern geduldig mit Hernández: Innenbandanriss, Meniskuseinriss, Muskelbündelriss, Kreuzbandriss - immer wieder wurde der Verteidiger von schweren Verletzungen heimgesucht und fiel lange aus.

Trotzdem betonten die Verantwortlichen wiederholt, wie wichtig Hernández für ihre Planungen und die Zukunft des Klubs sei.

FC Bayern: Lucas Hernández will wohl zu PSG

Jetzt liebäugelt Hernández offensiv mit einem Wechsel zu Paris Saint-Germain. Dankbarkeit geht anders. Und wenn "Dankbarkeit" ein zu großes Wort in diesem Kontext sein sollte: Zumindest Loyalität zum Arbeitgeber geht anders.

Jedenfalls sollten die Bayern jetzt kein schlechtes Gewissen haben, für sich das Beste aus der Situation herauszuholen.

Denn spielerisch sind die Münchner aktuell nicht allzu sehr auf Hernández angewiesen. Das soll keineswegs die Leistungen schmälern, die Hernández zeigte, wenn er auf dem Platz stand. Denn dann war eigentlich immer Verlass auf ihn. Doch mit Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano hat der FC Bayern aktuell ein klares Stamm-Innenverteidiger-Duo. Zu oft fehlte Hernández und das genannte Duo hatte zuletzt genug Zeit, sich festzuspielen.

Selbst wenn auch noch Benjamin Pavard den Verein verlassen sollte, müsste man nicht unbedingt in einen teuren neuen Innenverteidiger investieren. Ein Spieler mit Perspektive, der hinter de Ligt und Upamecano lernt, könnte ausreichen. Vielleicht sogar Tarek Buchmann aus der eigenen U19, der als eines der größten Verteidiger-Talente Deutschlands gilt. Sportlich wäre ein Hernández'-Abgang also zu verschmerzen.

FC Bayern muss Transfereinnahmen generieren

Und auch finanziell wäre ein Abschied sogar gut für Bayern. Sein Vertrag läuft noch bis 2024. Ihn auslaufen zu lassen und den Spieler nächstes Jahr ablösefrei abgeben zu müssen, dürfte keine Option sein.

Jetzt heißt es für die neuen (alten) Bayern-Bosse: So viel Ablöse wie möglich aus einem Deal mit dem von Katar finanzierten französischen Meister herauspressen.

Denn für die anstehenden Neuverpflichtungen braucht man Geld. Rund 40 Millionen für den 27-Jährigen könnte man sich schon erhoffen, wenn man bedenkt, dass man letztes Jahr in der gleichen Vertragssituation für einen deutlich älteren Robert Lewandowski bis zu 50 Millionen vom FC Barcelona kassierte.

Aber nicht nur mit Blick auf eine mögliche Ablösesumme wäre ein Hernández-Abgang für die Bayern rentabel. Man würde sich gleichzeitig noch ein Jahresgehalt sparen, das bei Hernández bei über 15 Millionen Euro liegen soll.

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Geht der FC Bayern an die Gehaltsstruktur?

Grundsätzlich könnte ein Verkauf von Lucas Hernández der Startschuss einer Bereinigung der Gehaltsstruktur beim Rekordmeister sein. Denn die Münchner haben in den letzten Jahren ihre Gehaltskosten immer weiter aufgeblasen. Neueinkäufe wie zum Beispiel der aktuelle Spitzenverdiener Sadio Mané wurden mit teuren Verträgen ausgestattet. Bei Verlängerungen mit damaligen Leistungsträgern wurden Gehälter großzügig aufgestockt.

Das hatte zur Folge, dass der FC Bayern im Moment höhere Gehälter zahlt als viele europäische Spitzenklubs. Aber trotzdem schied man zuletzt dreimal bereits im Viertelfinale der Champions League aus.

Uli Hoeneß, Herbert Hainer, Jan-Christian Dreesen und Karl-Heinz Rummenigge werden diese Entwicklung genau beobachtet haben. Und möglicherweise schon in der anstehenden Transferperiode reagieren.

Dazu würde passen, dass zuletzt auch Spieler wie Leon Goretzka, Leroy Sané oder Serge Gnabry als Verkaufskandidaten gehandelt wurden. Alle drei gehören mit kolportierten Gehältern um die 20 Millionen Euro pro Jahr zu den Topverdienern im Bayern-Kader. Entsprechende Leistungen blieben bei ihnen gerade im Verlauf der vergangenen Saison immer wieder aus.

Die Trennungen von Trainer Julian Nagelsmann, Sportvorstand Hasan Salihamidzic und dem Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn zeigen: Aktuell steht beim FC Bayern alles auf dem Prüfstand und die Entscheider sind bereit, konsequent durchzugreifen. Wieso sollte dieser harte Kurs vor den Spielern Halt machen?

Bei mehreren hochkarätigen Verkäufen könnte der Klub gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Hohe Ablösesummen generieren, teure Gehälter einsparen und gleichzeitig einen radikalen Umbruch im Kader vorantreiben. Lucas Hernández könnte dabei nur der Anfang ist.

Bundesliga: Spitzengruppe nach dem 34. Spieltag

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München3492:385471
2.Borussia Dortmund3483:443971
3.RB Leipzig3464:412366
4.Union Berlin3451:381362
5.Freiburg3451:44759
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