Fußball-Kolumne: Darum sitzt der FC Bayern in der Hernandez-Falle

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FC Bayern: Mannschaft "genervt" über Abgang von Süle

Die Trennung vom 26-Jährigen, der im Sommer zu Borussia Dortmund wechselt, ist in der Mannschaft allerdings alles andere als positiv aufgenommen worden. "Wir sind alle genervt, dass Niklas geht", gab "Klassensprecher" Neuer kürzlich offen zu. Auch von Julian Nagelsmann weiß man, dass er den Abschied seines einstigen Hoffenheimer Schützlings bedauert.

Nicht ohne Grund hat Süle diese Saison die meisten Pflichtspiele aller Innenverteidiger bestritten, worauf der BVB in seiner Pressemitteilung über den Neuzugang dann auch explizit hinwies. Zudem ist er laut Statistiken der zweikampfstärkste und hinter Upamecano der zweitschnellste Innenverteidiger im Bayern-Kader und hat nach Ansicht vieler Experten auch die beste Spieleröffnung der Hintermannschaft.

Nagelsmann war und ist zudem davon überzeugt, dass er wie schon in Hoffenheim, wo er Süle zum Nationalspieler machte, dessen immer wieder auftretende Fitness- und Gewichtsprobleme in den Griff bekommen hätte. Stattdessen muss der Chefcoach wie schon sein am Ende frustrierter Vorgänger Hansi Flick relativ tatenlos zusehen, wie die Substanz und die Tiefe des Kaders seit dem Triple-Triumph 2020 immer weiter reduziert wird.

Nagelsmann: Keine Einigung mit Bossen über Neuzugänge

Daher hätte er auch gerne schon im Winter auf dem Transfermarkt zugeschlagen, wie er selbst zugab. "Ich bin ein großer Fan von Winter-Transfers", sagte Nagelsmann, fand aber aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Zustimmung bei Salihamidzic und Vorstandsboss Oliver Kahn: "Es muss ein gemeinschaftlicher Konsens bei allen beteiligten Personen herrschen, der war aber im Winter nicht da und deshalb haben wir nichts gemacht."

Entsprechend wächst der Unmut bei Nagelsmann, weil ihm angesichts der zahlreichen Ausfälle praktisch seit Saisonbeginn immer wieder die Alternativen fehlen. Süffisant reagierte der 34-Jährige deshalb auch auf die jüngsten Vorwürfe des Ehrenpräsidenten. "Ich habe gehört, dass die Stimmung in der Mannschaft sehr gut ist - vielleicht zu gut, es gibt zu wenig Reibung", sagte Uli Hoeneß nach der Pleite in Bochum bei ServusTV.

Nagelsmann: "Reibung, indem man auf Transfermarkt aktiv wird"

Nagelsmanns klare Antwort: "Ich gebe dem Uli absolut Recht. Reibung im Team können wir am Ende selbst herstellen, indem man auf dem Transfermarkt aktiv ist. Natürlich kann man auch intern Reibung herstellen, aber dafür musst du immer ein einheitliches Niveau über die gesamte Kaderstruktur haben."

Viel deutlicher hätte der Trainer seinen Wunsch nach frischem Blut nicht ausdrücken können. Im Idealfall sollen mindestens zwei gelernte Außenverteidiger und ein Innenverteidiger auf Topniveau kommen, zudem eventuell noch ein Ersatz für Mittelfeldspieler Corentin Tolisso, falls man sich wegen dessen erhöhter Gehaltserwartung (siehe oben) auch mit dem im Sommer ablösefreien Franzosen nicht einigen kann.

"Nagelsmann zweifelt am Bayern-Kader", titelte Sport1 am Tag nach dem Salzburg-Spiel, vom dort thematisierten zunehmenden Frust des Übungsleiters angesichts der unbefriedigenden Personallage berichtete auch die Bild-Zeitung. Gleichwohl betonte der Verein das gute Verhältnis zwischen dem Sportchef und seinem wichtigsten Angestellten. "Mit dem Trainer arbeite ich perfekt zusammen und wir machen uns viele Gedanken über den Transfermarkt", sagte Salihamidzic bei DAZN.

FCB: Verhältnis Flick-Salihamidzic als schlechtes Vorbild

Noch allerdings ist Nagelsmann nicht mal acht Monate bei Bayern. Nach ungefähr derselben Zeit im Amt feierte Vorgänger Flick Arm in Arm mit Salihamidzic den Gewinn der Champions League. Weitere acht Monate später war das Verhältnis zwischen den beiden dann so zerrüttet, dass es nach einem kurzen Machtkampf zum Abschied des heutigen Bundestrainers kam.

Spätestens seitdem ist klar, dass sich der Trainer beim FC Bayern hinter der sportlichen Leitung einzureihen hat, zumal Salihamidzic nach wie vor die volle Rückendeckung von Hoeneß genießt. Dennoch heißt das noch lange nicht, dass es angesichts der Defizite in der Kaderplanung nicht auch mit Nagelsmann mittelfristig zu größeren Konflikten kommen kann.

"Brazzo sollte nicht versuchen, bei Misserfolgen die Schuld beim Trainer abzuladen", sagt ein Insider. "Das wird sich Nagelsmann nicht gefallen lassen."

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