Kommentar zur Debatte um Thomas Müller: Verdribbelt wurde sich erst nach der Aussage

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Mit seiner Aussage, wonach er Gespräche über Neuzugänge bei gleichzeitigem Gehaltsverzicht aktueller Spieler paradox finde, hat Thomas Müller vergangene Woche eine sowohl klubinterne als auch mediale Debatte ausgelöst. Überflüssig war nicht die Aussage an sich, überflüssig waren Hasan Salihamidzics Kritik und Müllers Rückzieher. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Nino Duit.

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Es geht in der aktuellen Debatte etwas unter, dass Thomas Müller lächelnd schon fast eine Minute lang über den potenziellen Neuzugang Kai Havertz ("Ein extrem guter Spieler, wenn nicht sogar in dem Alter ein Top-Talent Europas") und mögliche Transfers gesprochen hatte, als er abschließend sagte: "Es ist auch ein bisschen paradox, wenn man immer über Neuzugänge spricht und gleichzeitig Gehälter eingespart werden."

Diese Abfolge, gesprochen nach dem Einzug von Müllers FC Bayern München ins DFB-Pokal-Finale am vergangenen Mittwoch, war der paradoxe Auftakt einer paradoxen Debatte, die seitdem sowohl klubintern, als auch medial geführt wird. Es geht um Müllers abschließenden Satz.

Vorweg die wichtigsten Fragen und Antworten zu dieser Debatte: Wurde Müller dazu gezwungen, sich zu möglichen Transfers und Havertz zu äußern? Nein, er wurde lediglich danach gefragt. Ist es paradox, erst darüber zu sprechen und diese Äußerungen direkt im Anschluss als paradox zu bezeichnen? Durchaus. Wurde Müllers abschließender Satz falsch interpretiert? Es besteht kaum Interpretationsspielraum. Darf Müller diesen Satz sagen? Ja, es ist in diesen Zeiten ein absolut berechtigter Aspekt.

Hasan Salihamidzics Rüffel, Thomas Müllers Rückzieher

Letztere Frage bewertete Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic jedoch anders und sah sich vor dem Bundesligaspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag (2:1) dazu genötigt, Müller öffentlich zu rüffeln. "Der Thomas hat sich mit seiner Aussage etwas verdribbelt", sagte Salihamidzic. "Wir haben uns hingesetzt und ich habe ihm auch gesagt, dass das nicht korrekt war. Er hat das verstanden."

Tags darauf verbreitete Müller über seine sozialen Netzwerke ein über zweiminütiges Video, in dem er selbst Stellung zu dieser Debatte bezog. Er fühle sich missverstanden, erklärte er. Wirklich schlüssig ist seine Argumentation jedoch nicht, eher ein ausweichender (und überflüssiger) Rückzieher. Es wirkt, als wolle er völlig unabhängig eines möglicherweise berechtigten Aspekts, jeglichen Wirbel um seinen Klub händeringend unterdrücken.

Seine nachträglich geäußerte Ansicht, wonach er die Aussage nur getätigt hätte, weil ihn die Frage "genervt" habe, erscheint auch bei neuerlicher Ansicht des Interviews von Mittwoch erstaunlich. Müller antwortete ausführlich und gut gelaunt. Wäre ihm die Frage zu paradox gewesen, hätte er eine Antwort darauf ohne Probleme verweigern können. Tat er nicht. Genervt wirkte Müller jedenfalls nicht.

Thomas Müller hat ein wichtiges Thema angesprochen

Seine Aussage sei laut Müller anschließend "von den Medien provokativ und geschichtsfortführend interpretiert" worden. Unabhängig von der zumindest fragwürdigen Verallgemeinerung "die Medien", hatte Müller mit seinem entscheidenden Satz ein wichtiges und interessantes Thema angesprochen, das medial natürlich aufgegriffen wurde. Werden musste.

Es ist ein Thema, das etliche Fußballer auf allen Profiebenen während der kommenden Transferperiode beschäftigen wird. Auf die absolute Essenz heruntergebrochen: "Ich verzichte freiwillig auf Geld, mit dem mein Arbeitgeber letztlich womöglich Konkurrenten für mich verpflichtet. Darf er das?"

Ein kontrovers diskutierbarer, aber auf jeden Fall nachvollziehbarer Gedankengang, den gerade ein erfahrener Spieler wie Müller, der aktuell wie alle Profis des FC Bayern auf 20 Prozent seines Gehalts verzichtet, mit jedem Recht öffentlich aussprechen darf. Und dazu stehen sollte. Müller hat lediglich kritisch hinterfragt, ohne auf unangebrachte Art und Weise jemanden anzugreifen. Salihamidzics Kritik daran ist genauso überflüssig wie Müllers Rückzieher.

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