Der Blogpokal steht vor der Tür. Mal wieder. Dieses Mal wollte ich mich frühzeitig auf ein Thema festlegen und das ganze lässig aus der Hüfte aufs Papier bringen. Garantiert! DAS hatte ich mir Anfang Januar gedacht sogar auf meine ToDo-Liste gesetzt. Ob ich den Blogpokal vergessen habe? Keineswegs, nur hatte und habe ich ein riesiges Problem: Die Frage die ich mir noch immer stelle ist nicht über was ich schreiben solle, sondern über was nicht. Der Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, das viele Schlagzeilen produziert aber oftmals eine tiefer gehende öffentliche Diskussion nicht zulässt. Man schaut halt von Spiel zu Spiel. Der eine Aufreger ersetzt den Anderen in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Langzeitgedächtnis scheint nicht existent.
Ich aber, ich verharre gerne mal bei einem Thema. Möchte Zusammenhänge verstehen. Gerne auch den Finger in die Wunde legen aber nicht auf diese polemische Art wie es seit einiger Zeit die Medien betreiben: In der Hoffnung Empörung oder Wut zu schüren und dadurch Klicks und gute Absatzzahlen zu generieren. Überragend wie der DFB für sein WM-Quartier aufs Korn genommen wurde. Wer sich etwas beliest wird feststellen, dass die Unterbringung unserer Nationalmannschaft lediglich Triebfeder dieses Projekts, also Katalysator einer ohnehin geplanten Entwicklung ist. Aus dem Umstand entstanden dennoch Artikel mit Wortlauten wie diesen und auch deutlich polemischer: Monatelang sah sich DFB-Manager Oliver Bierhoff Hotelanlagen an - und fand nichts geeignetes in der Nähe der drei deutschen Spielorte im Nordosten Brasiliens, das ihm und Bundestrainer Joachim Löw für die deutsche Nationalmannschaft ins Konzept passte - dann aber entdeckte er die Pläne[!] eines Münchner Unternehmens. Und nun baut sich der DFB sein Quartier halt selbst. [Abendzeitung München] Natürlich wird bei diesem Projekt auf Wünsche des prominenten Erstbeziehers Rücksicht genommen. Die noch nicht existente Anlage war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits offiziell als potentielles WM-Quartier für die Verbände durch die FIFA benannt und bereits in Planung.
Andererseits muss man das ganze Projekt auch kritisieren dürfen dabei sollte man jedoch fair argumentieren. Wie bei den vergangenen kontinentalen und interkontinentalen Meisterschaften werden in Brasilien die regionale Wirtschaft und die Menschen vor Ort einen sehr geringen Teil des Kuchens erhalten. In den Protesten gegen die Erhöhung der ÖPNV-Kosten machten die Bewohner Brasilias während des CONFED-Cups auf nachteilige Begleitumstände der Weltmeisterschaft aufmerksam. Natürlich stünde auch hinter einer bereits bestehenden Hotelanlage eine Gruppe international agierender Investoren. Bedenkt man die soziale Verantwortung des DFB und sieht die Entwicklungen in Hamburg rund um die Rote Flora, samt der Proteste und den öffentlichen Reaktionen auf das Gefahrengebiet, so kann man fehlendes Fingerspitzengefühl und eine Fehleinschätzung der Tragweite des eigenen Handelns attestieren. Die Privatisierung des Raums wird auch durch dieses Projekt voranschreiten.
Die Frage die man sich im Blogpokal immer zu stellen hat: Wie zum Teufel unterhalte ich die Leute mit meinem Thema? Denn so ist dieser Pokal nun einmal. Sachliche Themen haben es generell schwer in diesem Wettbewerb. Das ist vollkommen in Ordnung jedes Format ist eigen und er Blogpokal zieht aus seinen Eigenheiten nun einmal auch seine Stärke. Nur schwirrt mir so vieles im Kopf herum, dass ich mal formulieren und diskutieren möchte am liebsten an prominenter Stelle. Erst vor Kurzem habe ich noch mit einem Freund geskyped. Wir studieren zusammen und sehen uns erst im Sommer wieder. Er schwärmte von den Fanmeilen und wolle unbedingt gemeinsam mit mir nach Berlin während der WM 2014. Doch was sind eigentlich die Begleitumstände einer solchen Fanmeile? Der Fachbegriff dazu lautet Festivalisierung und bedeutet die Inanspruchnahme des öffentlichen Raums durch eine Privatperson oder eine Zweckgemeinschaft um (zumeist) einlassungsbeschränkte Veranstaltungen auszurichten. Großveranstaltungen wie die Fanmeile in Berlin bedeuten einen massiven Eingriff ins öffentliche Stadtleben. Wege sind plötzlich nicht mehr passierbar, Verkehrsströme werden verlagert und öffentliche Treffpunkte sind schlicht unzugänglich. Auch die ökonomische Machtstruktur in diesen Räumen ändert sich. Zum einen werden häufig Eintritte verlangt und zum anderen ist das Mitbringen von Speisen und Getränken untersagt. Das Angebot wird dadurch künstlich verknappt und die enorme Nachfrage innerhalb des Raums sorgt für hohe Preise. Das alles passiert. Unbewusst für uns. Dabei sind es doch unsere Städte. Unser öffentlicher Raum in dem unser Fanfest stattfinden soll. In Brasilien sind sogar Sondergesetze beschlossen worden (die gängiges Recht aushebeln), um eine Konkurrenzsituation für die Großkonzerne zu vermeiden. Die kleinen Imbisse und Getränkeläden müssen massive Abgaben zahlen wenn sie zur WM verkaufen wollen.
Längst ist der Fußball im Spannungsfeld der Investoren und der Profitgier auf dem Weg der Entfremdung von seiner Basis dem Fan angelangt. Erst heute wurde über die mögliche Verweigerung einer Zweitligalizenz für RB Leipzig spekuliert. Den Fan und Fußballromantiker freut es doch geht die Betrachtung Tradition vs. Plastikklub weit genug? Man hört immer dass eine Stadt wie Hamburg oder Berlin doch so enorme Möglichkeiten biete. Da stellt sich doch die Frage: Was hat denn eine Stadt mit dem Fußballverein zu tun? Da wird von Gewinnzuwächsen und Jahresabschlüssen geredet und zugleich die #EchteLiebe kommuniziert und das ist keineswegs eine Kritik an Borussia Dortmund sondern an der Pseudoromantik dieses Profisports. Wo die besten Spieler gekauft werden können, darf die wirtschaftliche Komponente doch nicht nur bei den ungeliebten Klubs wie Hoffenheim und Wolfsburg thematisiert werden. Meine Stadt mein Verein: Ja was bedeutet denn der Begriff Stadt und wie definiere ich Verein wenn ich AG, GmbH & Co KG zujubele?! Ein mögliches Einzugsgebiet in dem ich als Klub Fans ansprechen und für mich gewinnen kann ist doch nicht weniger eine wirtschaftliche Komponente als Millionen der Deutschen Bahn, Telekom oder Gazprom. Auch hier kann man gerne jedes Investment kritisieren. Oder die Bereitschaft der Vereine sich an bestimmte Firmen zu binden. Eine Stadt und damit auch der Verein findet bestimmte wirtschaftliche Bedingungen vor und muss mit diesen haushalten. Den Zustand, in dem eine Fanbasis und gute Arbeit über nachhaltigen Erfolg entscheiden haben wir größtenteils hinter uns gelassen. Dortmund ist auch wenn es absurd klingt - ein hervorragendes Beispiel für diese These. Nur durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die diese Stadt bietet war eine Entwicklung dieser Art möglich.
Jetzt sitze ich hier und starre auf meinen vollgekritzelten Zettel. Ob Euch das ganze Zeug interessieren wird weiß ich nicht. Ich werde es Euch trotzdem servieren. Mit der Einladung mal über das ein oder andere Thema, das von den Medien serviert wird, länger nachzudenken. Vielleicht können wir an andere Stelle dann auch mal tiefer in die Materie eintauchen und Gedanken austauschen.
Dies ist mein Beitrag zum Blogpokal. Meine Gegner sind donluka und rudeloy.
Die zentrale Frage hast Du im vierten Absatz selbst gestellt:
"Wie zum Teufel unterhalte ich die Leute mit meinem Thema?"
Ich finde, dass Du Dir diese Frage zu spät gestellt hast ...
"Jetzt sitze ich hier und starre auf meinen vollgekritzelten Zettel."
... und, hat sich das echt wie ein Blogpokalbeitrag angefühlt? So richtig blogpokalig?
"Vielleicht können wir an andere Stelle dann auch mal tiefer in die Materie eintauchen und Gedanken austauschen."
Ja, wirklich gerne ... aber hier habe sehe für Dich aktuell lediglich den 3. Platz in dieser Runde und gebe daher 0 Punkte.
Nun haben sich die anderen 2 Kontrahenten um meine Punkte gestritten und Nachschuss soll sich freuen? Irgendwie komisch...
Daher, Handtuch ins Gesicht: 0 Punkte von mir
Nichtsdestotrotz: Kritische, fast politische Aspekte in den Blogpokal einzubringen finde ich sehr gut! Der sachliche Schreibstil ist dem angemessen - und ich hoffe Sachthemen werden hier weiter geschätzt und eine Rolle spielen!
Dafür gibt es einen Punkt von mir.
aber danke für deinen zuspruch ;) ob ich weiterkomme ist aber nicht so wichtig. ich bin kein Entertainer wie rudeloy oder donluka es sind. die beiden sind mehr blogpokal kompatibel... ich erzähle auch gerne - aber anders. das wird dann ab und an als trocken abgetan aber das ist okay.
Für meinen Geschmack hätte es sogar noch etwas mehr aus dir raussprudeln dürfen, allerdings ist mir auch klar dass das nicht jedermanns Sache ist. Wahrscheinlich wird es der Blog auch schwer haben, fände ich persönlich sehr schade.
Lässt uns wirklich an deinen Gedanken teilhaben und regt widerum zum Nachdenken an. 9 Punkte hier und die BP Wertung unter rudeloy"s Blog
rudeloy 2 punkte
donluka 1 punkt
nachschuss 0 punkte
Blogtechnisch sehe ich rudeloy einen Tick vor Don. Die Idee von nachschuss finde ich ein sehr guten Ansatzpunkt. Das geht auch im Blogpokal denke ich. Nur war es für mich nicht so ausgereift geschrieben.
Das macht also:
rudeloy 2 Punkte
Donluka 1 Punkt
nachschuss 0 Punkte