Schlag ins Gesicht

Bernard Tomic
© getty

Es wurde viel eingedroschen auf Bernard Tomic nach seiner Pressekonferenz am Dienstag. Zu Recht - denn Tomics Aussagen sind für andere ein Schlag ins Gesicht.

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Bernard Tomic hat am Dienstag mal wieder seine schlechteste Seite gezeigt. Nach seinem lustlosen Auftritt gegen Mischa Zverev haute Tomic bemerkenswerte Sätze in die Presserunde.

  • "Es könnte mir nicht gleichgültiger sein, ob ich die vierte Runde der US Open erreiche oder in Runde eins verliere. Es kommt aufs Selbe raus."

  • "Einen Pokal zu gewinnen oder gut abzuschneiden, befriedigt mich nicht mehr."

  • "Das ist eines der größten Turniere des Welt (...), aber es gibt mir nichts. Das passiert mir oft."

  • "Ich glaube, dass man den Sport respektieren muss, aber ich denke, dass ich ihn nicht genug respektiere."

  • "Ich habe mich da draußen ein bisschen gelangweilt."

Tomic hörte sich dabei an wie ein Mensch, der kurz vorm Burn-out steht, dringend eine Pause braucht, einen neuen Sinn, einen neuen Beruf. Damit steht er nicht alleine da. Vermutlich kennt jeder jemanden, der unzufrieden in seinem Job ist, ihn "nur" des Geldes wegen ausübt. Für den es aufs Selbe rauskommt, ob seine Firma gut dasteht oder nicht. Den seine Arbeit nicht befriedigt, ihm nichts gibt. Der seinen Job nicht respektiert, der sich langweilt. Warum, könnte man fragen, soll es einem Menschen mit dem Beruf "Tennisprofi" anders gehen?

Der Tennisprofi Tomic ist nicht der Erste, der unmotiviert auf dem Platz steht. Andre Agassi gab nach seiner Karriere zu, Tennis die längste Zeit gehasst zu haben, Spiele abgeschenkt und immer wieder ans Aufhören gedacht zu haben. Novak Djokovic befindet sich seit dem Gewinn der French Open im Vorjahr in einer Sinnkrise, Erfolge alleine stünden für ihn nicht mehr alleine im Vordergrund, er wolle mehr, sagt er.

Das Bittere bei Tomic ist die Art und Weise, auf die er seinen mentalen Zustand offenbart. Agassi verzweifelte oft an sich selbst, er führte, so schrieb er, ständig einen inneren Kampf. Auch Djokovic wirkt zuletzt mental angeschlagen, aber man spürt: Er will wollen, er ist unzufrieden mit seiner mentalen Verfassung. Er sucht einen Ausweg.

Tomics Karriereziel: Danach nicht mehr arbeiten

Bei Tomic scheint das nicht der Fall zu sein. Er braucht keinen Ausweg, weil er für seine Ansprüche auf dem richtigen Weg ist. "Ich werde noch zehn Jahre spielen und weiß, dass ich nach meiner Karriere nicht mehr arbeiten muss", sagte er, der noch nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er Tennis vor allem des Geldes wegen spiele.

Auch hier könnte man, wenn man will, den Vergleich zu vielen Berufstätigen finden: Wer, bitte schön, arbeitet nicht des Geldes wegen? Und natürlich ist das Tennisleben an sich kein ständiges Zuckerschlecken. Einsame Stunden in Fitnessbunkern und auf Trainingsplätzen mit denselben Übungen gehören genauso dazu wie ständige Reiserei und ein Leben im Hotel und ohne Heimat. Manche lieben das, manche nehmen es an, andere verzweifeln daran.

Das Problem bei Tomic ist die Arroganz, mit denen er derartige Aussagen abliefert. Da saß keiner im Presseraum, der einen Ausweg sucht, der an sich selbst verzweifelt, der einem unnötig verlorenen Match nachtrauert. Dem man, hätte er dieselben Sätze in einer anderen Verfassung gesagt, Hilfe gewünscht hätte. Da saß einer, dem alles und jeder egal ist. Tomic scheint mit sich im Reinen zu sein - auf eine ans Arrogante grenzende, selbstzufriedene Art.

Talent, für das andere alles geben würden

Bitter: Tomic übt den Beruf aus, den 99,9 Prozent aller Tennisfans gerne hätten. Den Traumjob aller Zuschauer, die, wenn sie ihn schon nicht ausüben können, wenigstens teilhaben wollen, zuschauen möchten, wenn andere ihn zelebrieren. Die bereit sind, Geld zu zahlen, und die sich von Tomic betrogen fühlen. Dass dieser selbst 35.000 Pfund für seinen lustlosen Auftritt absahnte, kommt erschwerend hinzu.

Tomic profitiert von seinem gigantischen Talent, das aus ihm einen verdammten Grand-Slam-Sieger machen sollte, und für das man ihm vor Neid am liebsten an die Gurgel springen möchte. Für das andere, hart arbeitende Spieler, alles geben würden: Spieler, die mit enormem Aufwand ihren Traum vom Tennisprofi leben, die teilweise kaum davon existieren können, sich aber die Seele aus dem Leib reißen, um es irgendwie zu schaffen. Für sie und die Fans sind Tomics Aussagen ein Schlag ins Gesicht.

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