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NFL - Los Angeles Rams: Matthew Stafford durchs Stahlbad zum Super-Bowl-Champion

Matthew Stafford feiert den Triumph mit Frau Kelly.
© getty

Rams-Quarterback Matthew Stafford ist Super-Bowl-Champion. Stafford hat die Los Angeles Rams nach mehr als einem Jahrzehnt des Misserfolgs in Detroit auf Anhieb zum großen Triumph geführt und damit eindrucksvoll bewiesen, dass er das riskante Pokerspiel seines Teams wirklich wert war.

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Dieser Artikel erschien zum ersten Mal am 7. Februar 2022

Matthew Stafford ist ein Super-Bowl-Champion! Ein Satz, den man sich vor ein paar Jahren nicht erträumt hätte. Es sei denn vielleicht, man spielte die Detroit Lions in Madden. Womöglich nach ein paar spektakulären Trades, die im wahren Leben eher unrealistisch erscheinen mögen.

Doch genau solch ein Trade brachte Stafford im vergangenen Januar überhaupt erst nach Los Angeles - kurioserweise exakt ein Jahr vor dem Sieg der Rams im NFC Championship Game über die San Francisco 49ers am 30. Januar.

Damals bereits lauteten die kühnsten Prognosen, dass Stafford das finale Puzzleteil zum ganz großen Wurf der Rams sein könnte. Skeptiker verwiesen derweil darauf, dass Stafford in zwölf Jahren Lions nur dreimal die Playoffs erreicht hatte - und dreimal in Runde eins gescheitert war.

Doch spätestens seit dem Niners-Spiel dürfte auch der Letzte gemerkt haben, dass Stafford nicht der Hauptgrund für die chronische Erfolglosigkeit in der Motor City war. Dass er sehr wohl Teil eines Playoff-Runs sein kann.

Rams-Head-Coach Sean McVay wurde nach seinem zweiten Super-Bowl-Einzug nach 2018 gefragt, ob dies der Grund für den Stafford-Trade war - durchaus eine eher softe Frage. Seine Antwort fiel dafür umso ausschweifender aus: "Die Chance, einen großartigen Spieler wie ihn zu bekommen, bekommt man nicht allzu oft", sagte McVay und fuhr fort: "Er hat aus mir einen besseren Coach gemacht. Er hat seine Teamkollegen besser gemacht" und betonte: "Wenn Sie ihm nicht die Daumen drücken, stimmt was nicht mit Ihnen!"

Matthew Stafford: Top-Pick im Draft 2009

Dass Stafford eines Tages zu den besseren Quarterbacks der NFL zählen würde, war zumindest mal nicht komplett auszuschließen. Schließlich war sein Talent deutlich, als die Lions ihn 2009 als ersten Pick insgesamt im Draft von der University of Georgia gezogen hatten. Doch umso schwieriger war dann auch die Situation, in der sich Stafford in der NFL wiederfand: Die Lions waren nicht von ungefähr an den Top-Pick gekommen - sie hatten 2008 die erste 0-16-Saison der NFL-Geschichte hingelegt und waren das Gespött der Liga.

Das sollte sich auch mit Stafford nicht allzu bald ändern. 2009 gewann das Team nur zwei Spiele, und nach einer Schulterverletzung - einer von vielen schweren Blessuren Staffords in seiner Karriere - verpasste er weite Teile seiner zweiten Saison. Erst 2011 gelang ihm gewissermaßen der Durchbruch, als er für mehr als 5000 Yards und 41 Touchdowns passte und zusammen mit Superstar-Receiver Calvin Johnson ein beachtliches Duo bildete. Zusammen schafften sie es, die Lions erstmals seit Ende der 90er wieder in die Playoffs zu führen.

Auf seinen ersten Playoff-Sieg allerdings wartete Stafford tatsächlich bis zum Wechsel nach Los Angeles. Ein Wechsel, um den der Quarterback nach der Saison 2020 gebeten hatte.

Das Chaos in Detroit war ihm einfach zu viel geworden. Mit Darrell Bevell war bereits sein vierter Coach in den zwölf Spielzeiten dort - auf Interimsbasis nach der Entlassung von Matt Patricia - im Amt. Der nächste neue Head Coach würde bald folgen. Zudem war ein weiterer Rebuild in Sichtweite - ein Szenario, dem sich Stafford mit seinen nunmehr 33 Jahren nicht mehr stellen wollte.

Der Trade nach L.A. bescherte den Lions einige wertvolle Draftpicks, während die Rams ihr Upgrade zu Jared Goff bekamen, der 2018 noch kein Land sah im Super Bowl und in den Jahren darauf nie mehr als grundsolide auftrat.

Matthew Stafford: Hang zum Risiko als Fluch und Segen

Während Goff lediglich McVays gutes System einigermaßen kompetent umsetzte, versprach Stafford höhere Upside durch seine individuelle Stärke, seinen Hang zum Risiko - wer in Detroit gewinnen wollte, musste Risiken eingehen und spektakuläre Plays liefern.

Und genau das versprach sich auch McVay von Stafford. Plays, die letztlich dann den Unterschied machen, wenn es brenzlich wird. Wie etwa in den Schlussminuten im Divisional Game gegen die Bucs oder in ähnlicher Situation gegen die 49ers. Plays auch außerhalb der Struktur und wenn es wirklich zählt.

Die andere Seite der Medaille sahen die Rams allerdings auch des Öfteren in dieser Saison, als sich Stafford eben auch abenteuerliche Fehler leistete. Man denke an die zwei aufeinanderfolgenden Pleiten gegen die Titans und 49ers in den Wochen 9 und 10.

Stafford buddelte seinem Team mit katastrophalen Interceptions früh tiefe Löcher, aus denen die Rams nicht mehr herausfanden. Gegen die Niners in Woche 18 besiegelte seine Interception in der Overtime die Niederlage und gegen denselben Gegner warf er im Championship Game erneut früh einen Pick in der Red Zone. Stafford spielte teils wirklich spektakulär, teils aber auch katastrophal - das Spektrum bei ihm ist sehr breit gefächert.

Stafford: "Überglücklich, hier zu sein"

So kann man hervorragend über diesen Trade dahingehend diskutieren, wie viel Stafford jetzt von den signifikant besseren Umständen profitiert, und in wie weit er ein Schlüsselfaktor für den Einzug in den Super Bowl war. Klar dürfte aber sein: Machen die Rams diesen Trade nicht, wären sie nicht im Super Bowl gelandet.

"Ich bin glücklich, hier zu sein und ein Teil dieses Teams zu sein", sagte ein erleichterter Stafford nach dem Championship Game im Konfetti-Regen des SoFi Stadiums. "Ich habe viele Jahre in dieser Liga verbracht und jede Minute davon geliebt. Ich fühle mich gesegnet, dass ich in der Lage bin, seit so vielen Jahren in der Liga zu spielen. Aber ich bin sehr glücklich über die Chance, um den Super Bowl zu spielen - nicht nur für mich, sondern für sehr viele Jungs in unserer Kabine. Sie haben das alle auch verdient", reflektierte Stafford während seine Kollegen überschwänglich feierten.

Stafford hat eben schon einiges durchgemacht. Sportlich gab es selten Grund zur Freude bei den Lions. Zudem steckte er zahlreiche Verletzungen ein, an der Schulter, an den Beinen, selbst der Rücken war vor ein paar Jahren ein größeres Problem. Umso schöner dürfte daher der Moment nach dem Niners-Spiel gewesen sein, als ihm seine Frau Kelly in die Arme sprang und beide den Sieg gemeinsam feierten.

"Ich hätte es ohne sie nicht geschafft. Sie ist ein unglaublich großer Teil meines Lebens. Ich habe so viel Glück, mit ihr zusammen zu sein, unsere Kinder und diese Familie zu haben. Das ist der beste Teil meines Lebens. Und diesen Moment mit ihr zu teilen war einfach cool", sagte Stafford anschließend.

Mathhew Stafford hat einen steinigen Weg hinter sich und trifft nun mit den Los Angeles Rams im Super Bowl auf die Cincinnati Bengals.
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Mathhew Stafford hat einen steinigen Weg hinter sich und trifft nun mit den Los Angeles Rams im Super Bowl auf die Cincinnati Bengals.

Matthew Stafford: Zeit in Detroit hat ihn gestählt

Beide lernten sich auf dem College kennen - er war der QB der Bulldogs, sie ein Cheerleader. Sie heirateten 2015 und haben mittlerweile vier Töchter. Die größte Herausforderung des Paares war jedoch weit weg vom Sport: Kelly nämlich hatte einen Hirntumor, der in einer zwölfstündigen Operation im Jahr 2019 entfernt werden musste. Stafford verpasste danach Teile der Saisonvorbereitung, aber kein Spiel. Das hätte seine Frau auch nicht zugelassen.

Wenn man so will, hat die Lions-Zeit Stafford in mehrfacher Hinsicht gestählt. Sie hat ihn vorbereitet für allen möglichen Gegenwind, der kommen mag und das half ihm unweigerlich in der laufenden Saison im Haifischbecken Los Angeles.

Denn von Anfang an war klar, wo die Reise hingehen sollte und dementsprechend war auch von Anfang an der Druck da. Mehr noch, nachdem das Team zur Saisonmitte auch noch für Defensiv-Star Von Miller von den Broncos getradet und schließlich Free-Agent-Wide-Receiver Odell Beckham Jr. verpflichtet hatte. "All in", tweetete der offizielle Twitter-Account passenderweise nach dem Miller-Trade.

Und dieser vielzitierte Poker-Terminus beschreibt eben sehr gut die Einstellung der Rams. Sie haben all ihre Chips in die Mitte des Tischs geschoben, sie haben buchstäblich Tradechips für Stafford, für Miller, zuvor schon für Cornerback Jalen Ramsey eingetauscht und sind nun zum Erfolg verdammt.

Zu eng ist schließlich das Titelfenster dieser Truppe, denn die Salary Cap macht es bald schwierig, all diese Topstars zu halten. Entsprechend ist der Super-Bowl-Triumph in diesem Jahr umso wichtiger.

2018 waren die Rams schon einmal ins Big Game eingezogen - damals mit Goff. Stafford hat nun gezeigt, dass er zum finalen nächsten Schritt in der Lage ist. Dass er tatsächlich das finale Puzzleteil war.

Das Pokerspiel der Rams ist vollends aufgegangen.

Matthew Stafford: Statistiken in der NFL

JahrSpieleYardsCmp %TouchdownsInterceptions
200910226753,31320
2010353559,461
201116503863,54116
201216496759,82017
201316465058,52919
201416425760,32212
201516426267,23213
201616432765,32410
201716444665,72910
201816377766,12111
20198249964,3195
202016408464,22610
202117488667,24117
Gesamt18248.99563323161
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