NBA

NBA - Das Problem mit Donovan Mitchell: Warum die kommenden Monate für die Cleveland Cavaliers entscheidend sind

Von Ruben Martin
donovan-mitchell-denkend-1600
© getty

Dovovan Mitchells Zeit bei den Cleveland Cavaliers begann sehr vielversprechend, seit dem enttäuschenden Aus in den Playoffs zieht sich jedoch langsam ein Schatten über die gemeinsame Zukunft. Dieser Schatten kommt gewissermaßen aus New York und könnte dort wohl auch enden.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Ich dachte, es wird New York", gab Mitchell zu, nachdem er vor der vergangenen Saison von den Utah Jazz zu den Cleveland Cavaliers getradet wurde: "Ich werde nicht lügen, wer will sein Zuhause nicht neben Mama haben?" Der 27-Jährige wuchs in New York auf, sein Vater arbeitet für die Mets aus der MLB. Die Verhandlungen zwischen den Jazz und Knicks liefen wohl auch auf Hochtouren, bis New York dies offenbar beendete mit einer Vertragsverlängerung für R.J. Barrett. Das soll New York jedoch erst im Nachhinein klar geworden sein.

cavs-mitchell-1600
© getty

Donovan Mitchell: Gewinnen macht sogar in Cleveland Spaß

In jedem Fall landete Mitchell in Cleveland, und sein Heimweh war in der Öffentlichkeit erstmal kein Thema mehr. Denn bei den Cavs lief es richtig gut und jede Menge Siege im Kalender können viele Probleme lösen, zumindest vorübergehend. Mitchell fügte sich bestens ein als Anführer neben jungen, aufstrebenden Spielern wie Darius Garland und Evan Mobley ein. Es war Mitchells beste Saison seiner Karriere, was nach vier All-Star-Teilnahmen endlich auch mit der ersten All-NBA-Teilnahme belohnt wurde.

Cleveland startete heiß in die Saison und hielt das Niveau lange hoch, dank der besten Defense der Liga und einer Offense in der Top-10 holte das Team sich den vierten Platz im Osten und damit Heimvorteil in der ersten Runde der Playoffs. Das nützte den Cavs jedoch herzlich wenig, ausgerechnet gegen die Knicks gingen sie mit 1-4 unter. Mitchell spielte nicht schlecht, jedoch nicht wie der Superstar, der er sein kann. Ähnlich war es meist auch in Utah. Mitchell ist eben nur 1,88 Meter groß und vor allem in den Playoffs gibt es Wege - vor allem mit Länge - Mitchells Rhythmus zu brechen.

Die Enttäuschung war nach dem abrupten Ende groß und dennoch gab es weiter Grund zur Hoffnung. Das Team wurde mit Max Strus und Georges Niang sinnvoll verstärkt, dennoch ploppten auch während der Offseason wieder Gerüchte um mögliche Mitchell-Trades auf, weil er eben schon 2025 aus seinem Vertrag aussteigen kann. Die Zeit, in der die Cavs also entweder Erfolg haben oder ihren Star noch gewinnbringend traden, wird knapper. Denn: Cleveland war nicht Mitchells Wahl, ein Verbleib über 2025 ist völlig offen.

Zwar sind mit Darius Garland, Evan Mobley und Jarrett Allen alle anderen Eckpfeiler langfristig gefunden, dennoch geraten die Cavs immer mehr unter Zugzwang.

Donovan Mitchell: Seine Karrierestatistik

SaisonAlterTeamSpieleMinutenFG%3P%FT%ReboundsAssistsStealsTurnoverPunkte
2017/1821Jazz7933,443,734,080,53,73,71,52,720,5
2018/1922Jazz7733,743,236,280,64,14,21,42,823,8
2019/2023Jazz6934,344,936,686,34,44,31,02,724,0
2020/2124Jazz5333,443,838,684,54,45,21,02,826,4
2021/2225Jazz6733,844,835,585,34,25,31,53,025,9
2022/2326Cavs6835,848,438,686,74,34,41,52,628,3
2023/2427Cavs2236,545,335,188,75,65,52,82,627,7
donovan-mitchell-1600
© getty

Donovan Mitchell: Die Zukunft bei den Cleveland Cavaliers ist offen

Auch durch diverse Verletzungen war der Saisonstart holprig, nun gaben die Cavs während der Woche innerhalb weniger Stunden gleich zwei Verletzungen von Schlüsselspielern bekannt. Darius Garland fällt nach einer Kieferverletzung für noch voraussichtlich drei Wochen aus, Evan Mobley wird man nach einer Knieoperation wohl frühestens im Februar wieder auf dem Parkett sehen. Wenn überhaupt, denn bei Eingriffen am Knie sollten immer die Alarmglocken läuten. Die designierte Starting Five spielte somit erst 145 Minuten zusammen und erreicht ein Net-Rating von 4,5. Das ist in Ordnung, aber dennoch deutlich hinter den besten Lineups aus dem Vorjahr, Cleveland gewann nur sechs dieser elf Partien.

Somit blieben bislang folgende Fragen mehr oder weniger unbeantwortet:

  • Kann ein kleiner Backcourt aus Garland und Mitchell erfolgreich sein?
  • Ist Max Strus wirklich die Lösung auf der Drei und das fehlende Puzzlestück?
  • Wie funktionieren Mobley und Allen zusammen?

Nun geht es eher darum, sich über Wasser zu halten und das gelingt überraschend gut. Drei von vier Spielen wurden ohne Garland und Mobley gewonnen, zweimal fehlte zuletzt auch Mitchell. Mit einer Bilanz von 16-13 ist Cleveland weiter Siebter im Osten. Das ist nicht der Anspruch, für den Moment aber vermutlich das Maximum. Das Problem: Die Uhr tickt weiter und mit jedem Tag verliert Mitchell etwas an Wert, da seine Vertragslaufzeit immer kürzer wird. Cleveland stehen somit schwierige Zeiten ins Haus. Tradet man Mitchell, um einen möglichst hohen Gegenwert zu bekommen? Oder jagt man einen der letzten Playoff-Spots mit der Aussicht von den Bostons, Milwaukees oder Philadelphias dieser Welt früh rasiert zu werden, in der Hoffnung, dass 2024/25 alles besser wird?

Potenzielle Interessenten sind schnell gefunden, die Knicks können weiter einige Picks anbieten, auch die Brooklyn Nets werden gehandelt und spielen ja auch in New York. Auch die Golden State Warriors könnten sich wegen des alten Kerns um Stephen Curry verzweifelt zeigen und All-In gehen, die Thunder sind wohl langsam auch auf der Suche nach einem weiteren Star, die Picks haben sie sowieso.

Eine weitere Option wäre auch, dem aktuellen Kern der Cavs mehr Zeit zu kaufen, und Mitchell mit einer Vertragsverlängerung auszustatten. Wer zwischen den Zeilen lesen mag, sieht jedoch, dass dies aktuell wohl nicht gerade in Reichweite ist. "Meine Aufgabe ist es, mich hierauf zu fokussieren", sagte Mitchell zu Joe Vardon (The Athletic), der ihn nach seiner Zukunft in Cleveland fragte: "Uns fehlen zwei Spieler, deswegen werde ich nichts beantworten. Mit Respekt, ich weiß, dass du diese Frage stellen musst, aber ich werde mich nicht zu diesem Thema hinbegeben."

donovan-mitchell-denkend-1600
© getty

Cleveland Cavaliers: Ein Superstar reicht nicht

Die persönliche Präferenz von Mitchell wird eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen potenziellen Trade spielen, auch die Einschätzung des Teams kann jedoch schon entscheidend sein. Mitchell war bisher noch nie für längere Zeit auf dem Level der absoluten Elitespieler, als echter Contender müsste Cleveland dementsprechend auch in der Breite überzeugen. Dafür stagnierte die Entwicklungskurve bei Garland und Mobley wohl doch etwas zu früh.

Garland machte vor der Ankunft von Mitchell den Sprung auf All-Star-Niveau und harmonierte gut mit Spida, doch in dieser Saison entwickelte sich der Spielmacher zu einer Turnover-Maschine. Bei Mobley verhält es sich anders. Letztlich war der Mitchell-Trade auch eine Wette auf den jungen Big Man, der schon als Rookie einer der besten Verteidiger der Liga war, es aber weiter nicht geschafft hat, ein vielschichtiges Offensiv-Spiel zu etablieren, obwohl eigentlich alle Anlagen da sind. Die Playoff-Serie gegen die Knicks war eine einzige Enttäuschung und ohne veritablen Wurf wird das Zusammenspiel mit Center Allen langfristig einfach nicht funktionieren.

Ein Trade von Allen ist dementsprechend nicht undenkbar, gleichzeitig gibt es weiter Fragezeichen, ob Mobley wirklich als alleiniger Big die Cavs zusammenhalten kann. Bleibt Mitchell, setzen die Cavs wohl weiter auf den bestehenden Kern, der auch Allen beinhaltet. Eine umgehende Verstärkung durch einen Trade des Big Man zu erzielen, dürfte schwierig werden.

mitchell-brunson-1200
© getty

Donovan Mitchell: Kommt er doch zurück zu Mama?

Cleveland schielt sicher gelegentlich neidisch hoch nach Minnesota, die den anderen verfügbaren Star der Jazz im Sommer 2022 holten. Die Wolves bezahlten zwar noch mehr für einen älteren Spieler in Rudy Gobert, dadurch ist es jedoch auch wahrscheinlicher, dass Gobert seine Spieleroption für 2026 im Wert von 46,6 Millionen Dollar zieht. Das Experiment mit Gobert neben Karl-Anthony Towns startete gar nicht gut, dafür sind die Wolves aktuell eines der besten Teams der Liga und haben realistische Chancen auf einen Titel.

Gobert war bisher mal wieder der Verteidiger des Jahres, deutlich wertvoller als Mitchell ist er jedoch nicht. Der Unterschied ist dagegen bei den Mannschaftskollegen zu finden: Anthony Edwards gelang der Schritt zum Superstar, den man sich in Cleveland wohl von Mobley oder Garland erhofft hatte. Gobert ist damit nur der zweit- oder drittbeste Spieler seines Teams, je nach Form von Towns.

Bei Mitchell ist dies nicht der Fall, das könnte der Guard ändern wollen per Tradewunsch. Zum Beispiel bei den Thunder in Oklahoma City. Oder die Cavs schicken ihn doch einfach zurück zu Mama!