NBA

NBA-Kolumne Above the Break: Warum die Boston Celtics noch besser sind als letztes Jahr

kolumne
© getty
Cookie-Einstellungen

2. Die Rotation ist tiefer

Selbst ohne den Center ist das Team aktuell etwas breiter aufgestellt als in der zweiten Saisonhälfte 21/22, als Udoka im Wesentlichen sieben Spieler einsetzte, denen in der Postseason zum Teil die Puste ausging. Die großen Positionen sind zwar nach wie vor recht dünn besetzt, dafür sind vor allem zwei Spieler echte Bereicherungen.

Der erste ist Sam Hauser: Der Zweitjahresprofi ist erstmals ein echter Rotationsspieler und demonstriert, welche Qualität ihn lange in der Liga halten wird. Er ist schlichtweg ein überragender Shooter, trifft 45,6 Prozent seiner Würfe von draußen und wird dabei von Mazzulla immer vielseitiger eingesetzt.

Hauser wird nicht in der Ecke geparkt, sondern ist als Cutter oder Screener ständig unterwegs und schafft dadurch zusätzlich Räume für die anderen Spieler. Es wird sich zeigen, ob er defensiv in den Playoffs standhalten kann, aber wenigstens in der Regular Season sind solche Akteure Gold wert - zumal für ein Gehalt von 1,6 Mio. Dollar.

Wowza, Hauser!
© nba.com/stats
Wowza, Hauser!

Der zweite, prominentere Name ist Malcolm Brogdon. Aktuell pausiert der Guard mit Oberschenkelproblemen, zuvor gab er seinem neuen Team aber ziemlich genau das, was noch gefehlt hat: Einen Spieler, der nahezu immer zum Ring kommen kann und der die Offense zur Not auch mal "alleine" schultern kann.

Dafür haben die Celtics ihn geholt - Brogdon spielt in Boston zwar weniger, hat dafür aktuell aber sogar die höchste Usage-Rate seiner Karriere in seinen Minuten. Seine Anwesenheit führt auch (mit) dazu, dass die Celtics mittlerweile fast schon ein Überangebot in einer Disziplin haben, die vor nicht allzu langer Zeit noch ein Problem war.

3. Der Playmaking-Sprung

Es ist etwa ein Jahr her, dass Smart öffentlich sagte, die Stars der Celtics wollten nicht passen - das ist schon lange überhaupt kein Thema mehr. Das liegt zum Teil an Jaylen Brown und Jayson Tatum, aber zu einem sehr großen Teil auch an den Spielern um sie herum.

Die Celtics sind mittlerweile ein Team (überwiegend) voller guter und schneller Decision-Maker. Brogon oder Derrick White zögern kaum, gerade White entscheidet sofort, ob er wirft, passt oder ein Closeout attackiert. Auch Grant Williams ist längst kein reiner Spot-Up-Schütze mehr; viel häufiger als zuvor setzt er den Ball auch mal auf den Boden und geht zum Korb, was ihn schwerer zu verteidigen macht (vielleicht wird es sich rächen, dass man sich in der Offseason nicht auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung einigte - macht Williams so weiter, wird er teuer).

Was daraus folgt, ist eine multidimensionale, schnellere Offensive mit gutem Player- und Ball-Movement - und das über das gesamte Spiel. Denn die Abhängigkeit von der Starting Five reduziert sich durch die Anwesenheit anderer Optionen. Ein Beispiel: Lineups mit Tatum, in denen Brown, Smart und Al Horford auf der Bank sitzen, erzielen fast 130 Punkte pro 100 Ballbesitzen. Diese Lineups waren vergangene Saison schon gut (117), jetzt sind sie galaktisch.

Und wenn wir schon dabei sind, der wichtigste Schritt ...

4. Jayson Tatum ist ein legitimer MVP-Kandidat

Vorweg: Ehe Brown schon wieder unter den Tisch fällt, muss auch sein Saisonstart erwähnt werden. Brown legt ein Career-High bei den Punkten auf (25,3) und ist bei der True Shooting Percentage nah dran, er ist endlich (!) ein guter Freiwurfschütze. Er ist auch ein bärenstarker Tough-Shot-Maker, der kaputte Possessions immer wieder retten kann, und eine Waffe in Transition. Stand jetzt sollte er zum zweiten Mal am All-Star Game teilnehmen dürfen.

Tatum ist trotzdem noch einige Schritte weiter. Nachdem er im Vorjahr erstmals ins All-NBA First Team gewählt wurde, ist Tatum in dieser Saison ein ganzes Stück besser. Tatum scort mehr und effizienter denn je, er leistet sich die niedrigste Turnoverrate seiner Karriere, wirkt schlichtweg auf eine Art und Weise kontrolliert, wie es nur die allerbesten Spieler sein können.

Tatum ist kräftiger geworden und hat an seinem Finishing gearbeitet. Er sucht den Kontakt häufiger und bekommt mittlerweile wohl auch etwas mehr Respekt von den Schiedsrichtern - die Folge sind neun Freiwürfe pro Spiel, mit Abstand Career-High. Und er trifft fast 80 Prozent am Ring, auch das ein Karrierebestwert - Tatum könnte sich noch einen besseren Floater aneignen, abgesehen davon wirkt sein Spiel aktuell nahezu lückenlos, zumal er einer der besten Verteidiger auf seiner Position bleibt.

Auch Tatum profitiert dabei vom zusätzlichen Playmaking um ihn herum. Öfter als in der Vorsaison wird der 24-Jährige von anderen in Szene gesetzt und für leichte Punkte gefüttert. Er ist ein williger Cutter und muss den Ball nicht dominieren, um an seine Abschlüsse zu kommen. Viel davon kommt im Fluss des Spiels, beispielsweise auch, nachdem Off-Ball-Screens für ihn gestellt wurden. Insbesondere Smart, aber auch Williams sind Meister darin.

Leichte Punkte sind spitze!
© nba.com/stats
Leichte Punkte sind spitze!

Vergangene Saison gingen nur 47 Prozent seiner Field Goals ein Assist voraus, aktuell sind es fast 58 Prozent. Es spricht alles für eine gesunde, unberechenbare Offense. Und wenn es nötig ist, haben die Celtics mit dem Shotmaking von Tatum und Brown logischerweise trotzdem zwei der besten "Brechstangen", die ligaweit zu finden sind ...

Alles in allem ist das ein ziemlich reizvolles, derzeit sogar historisches Paket. Selbst wenn das Shooting mit der Zeit auf jeden Fall etwas abkühlen kann, lässt das die Celtics für den Moment wie eins der Teams aussehen, die in dieser Spielzeit bis zum Ende mitreden sollten. Mehr geht Stand jetzt ohnehin noch nicht.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema