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NBA - Geplatzte Trades und ein klassischer Jordan: Wie Tyson Chandler den Dallas Mavericks in den Schoß fiel

Von Robert Arndt
Tyson Chandler kam 2010 via Trade von den Charlotte Bobcats nach Dallas.
© getty

Tyson Chandler war für die Dallas Mavericks 2011 das entscheidende Puzzlestück für die lang ersehnte Championship. Dass der Center aber überhaupt in Dallas landete, verdankten die Mavs vor allem Michael Jordan und auch den Oklahoma City Thunder.

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Bei aller Brillanz von Dirk Nowitzki in den Playoffs 2011 ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Dallas Mavericks ohne Tyson Chandler wohl niemals Meister geworden wären. Der Center machte die Mavs zu einem elitären Defensiv-Team und passte so gut an die Seite von Nowitzki wie kein anderer Big zuvor oder danach.

Dass Chandler in jener Saison 2010/11 überhaupt für Dallas auflief, war ein Glücksgriff für die Mavs und wenn man ehrlich ist, ein Zufallsprodukt. "Uns sind die Optionen ausgegangen", steckte eine Mavs-Quelle an Marc Stein, der damals noch für ESPN arbeitete.

LeBron James und Chris Paul waren im Sommer 2010 die eigentlichen Ziele, doch der King entschied sich für Miami und New Orleans war (noch) nicht gewillt, seinen Superstar zu traden. Die Mavs sahen wie ein Verlierer aus, so wie sie es meist in der Free Agency in den folgenden Jahren waren.

Doch dann tat sich plötzlich noch eine andere Möglichkeit auf. Dallas' größte Baustelle war die Center-Position, das Tandem Erick Dampier und Brandan Haywood ("Ericka und Brenda") genügte schlichtweg nicht den hohen Ansprüchen der Texaner. Gute Bigs waren in dieser Free Agency aber rar und so horchten die Mavs auf, als Tyson Chandler plötzlich zu haben war.

Tyson Chandler nach Dallas: Ein Geschenk Jordans

Denn eigentlich war Chandler (zusammen mit Boris Diaw) auf dem Weg von Charlotte nach Toronto, im Gegenzug sollten Jose Calderon und Reggie Evans in die Queen City. Medienberichten zufolge war es Bobcats-Besitzer Michael Jordan, der den Deal verhinderte. Das klingt erst einmal vernünftig, doch im Vergleich zum Paket, was Dallas wenige Tage später für Chandler schickte, hinterlässt es vor allem Fragezeichen.

Für ihren Fünfer erhielten die Bobcats nämlich lediglich den nicht-garantierten Vertrag von Dampier, Matt Carroll sowie Eddy Najera. So oder so, für Dallas war es ein Geschenk, wenn auch nicht ohne Risiko.

Mit 27 Jahren war Chandler im besten Alter, jedoch galt der Big als verletzungsanfällig. Der große linke Zeh war ein Problem (dazu später mehr), dazu verpasste er bei den Bobcats fast 30 Spiele wegen einer Stressfraktur im Fuß. Sein Ruf als elitärer Defensiv-Center eilte Chandler aber auch da bereits voraus und gab letztlich den Ausschlag, warum sich die Mavs ihn sicherten und nicht etwa Free Agent Al Jefferson.

"Wenn wir etwas machen, dann haben wir immer Los Angeles im Hinterkopf", erklärte der damalige GM Donnie Nelson zur Chandler-Verpflichtung. "Wir haben nun jemanden, den wir gegen Pau Gasol stellen können." Die Playoffs 2011 sollten ihm letztlich recht geben, womöglich war es der beste Trade der Mavs-Geschichte - auch wenn man Chandler bereits ein Jahr später für Cap Space in einer der schlechtesten Franchise-Entscheidungen der Historie wieder ziehen ließ.

Tyson Chandler war 2011 der Center der Mavs bei der Meisterschaft.
© getty
Tyson Chandler war 2011 der Center der Mavs bei der Meisterschaft.

Tyson Chandler: Ein Tag Mitspieler von Durant und Westbrook

Wäre Dallas weiter ein Contender gewesen? Das ist müßig zu erörtern. Interessanter ist da ein Rückblick ins Jahr 2009, als Chandler - damals in Diensten der New Orleans Hornets um CP3 - auch schon einmal getradet wurde. Es bestand Einigkeit mit den Oklahoma City Thunder, die damals bereits einen jungen Kern um Russell Westbrook, Kevin Durant und Jeff Green hatten.

Es war jene Zeit, als Chandler Probleme mit dem linken, großen Zeh bekam. New Orleans galt vor der Saison als möglicher Titelkandidat (im Vorjahr unterlagen sie in den Conference Semifinals dem späteren Champion San Antonio in sieben Spielen), doch da Chandler lange fehlte, blieben die Hornets nur ein entfernter Verfolger.

Nicht nur die Verletzungen waren ein Grund für den geplanten Trade. New Orleans, damals das Armenhaus der NBA, musste dringend Geld sparen, da die Verlängerung von Paul bevorstand. Chandlers Vertrag bis 2011 kostete im Schnitt 12,5 Millionen Dollar (Salary Cap: knapp unter 60 Mio.) - damals war das jede Menge. Für Chandler sollten Joe Smith und Chris Wilcox - hintere Bankspieler in OKC - in den Big Easy kommen, doch der Deal platzte einen Tag nach Vollzug aufgrund des Medizinchecks.

OKCs Teamarzt Dr. Carlan Yates gefiel nicht, was er bei der Untersuchung des linken, großen Zehs sah und riet dem jungen GM Sam Presti von einer Verpflichtung Chandlers ab. "Er sagte mir, dass er keine Zweifel hätte, dass ich damit spielen kann, aber dass es schlimmer werden könnte, wenn ich jemandem unglücklich auf den Fuß steigen würde", erklärte Chandler wenige Tage nach dem geplatzten Trade.

Ebenfalls pikant: Jener Yates operierte Chandler bereits in der Offseason 2007 am Zeh, weil die Hornets damals nach Hurricane Katrina für zwei Jahre in OKC stationiert waren.

Tyson Chandler: Das große Was wäre, wenn ...

"Es ist absolut verrückt und ich bin immer noch geschockt", schob der Center nach. Es ist ein "Was wäre, wenn ...", das viel zu selten besprochen wird. Womöglich werden die Thunder im darauffolgenden Draft nicht die Finger an James Harden bekommen, aber mit Chandler wäre wohl nie der fragwürdige Trade für Kendrick Perkins, der Green nach Boston schickte, nötig gewesen.

Verletzungen begleiteten Chandler - nur mit Dallas absolvierte er nochmal über 70 Spiele -, dennoch blieb der Big bis ins hohe Alter von 37 Jahren in der NBA und gewann 2013 mit den New York Knicks den Award des besten Verteidigers. Man stelle sich nur dieses OKC-Team mit Chandler vor, es ist nicht schwer vorzustellen, dass diese Mannschaft womöglich doch die Meisterschaft gewonnen hätte, auf die sie noch heute warten.

Die großen Gewinner waren aber im Nachhinein die Mavericks. New Orleans gab Chandler im Sommer nach Charlotte ab, ein Jahr später folgte der Trade nach Dallas. Der Rest ist Geschichte.

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