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NBA-Kolumne Above the Break: Wie die Warriors ihre Magie wiedergefunden haben

Im System Stephen Curry funktionieren Dinge, die anderswo nicht möglich erscheinen.
© getty

Die Golden State Warriors grüßen mal wieder von der Spitze der Liga und dominieren in mehreren Kategorien. Sie gehen dabei unkonventionell vor - aber genau das scheint sich wieder einmal auszuzahlen. Dabei spielt auch der Sohn einer Legende eine große Rolle.

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Nicht selten fühlt man sich derzeit an die Jahre 2014 bis 2016 erinnert. Die Golden State Warriors grüßen von der Spitze der Liga, sie haben fast 90 Prozent ihrer bisherigen Spiele gewonnen (15-2) und derzeit mit einigem Abstand das beste Net-Rating der Liga (+13,3 laut Cleaning the Glass). Und auch der Hauptprotagonist ist derselbe.

Stephen Curry, 2015 und 2016 jeweils MVP, ist in der Frühphase der Saison erneut der Favorit auf diesen Award, auch wenn es natürlich noch zu früh dafür ist; Curry bleibt die beste Show (mindestens) dieser Sportart, ein Phänomen, das seinesgleichen sucht. Seine 28 Punkte im Schnitt verdeutlichen seinen Impact dabei nicht ansatzweise.

Curry ist eine der tödlichsten Offensiv-Waffen der NBA-Geschichte, ein System für sich, und er befindet sich offensichtlich immer noch in seiner Prime. Das war allerdings auch in der vergangenen Saison der Fall - damals waren Currys Zahlen sogar besser. Golden State belegte offensiv trotzdem nur Platz 21 ... derzeit stehen die Warriors hier auf Platz 2.

Das ist kein Zufall. Die Rückkehr der Warriors zur Relevanz beginnt zwar mit Curry, aber sie ist zu einem großen Anteil auch dank des Personals um ihn herum möglich. Und dank einer entscheidenden Zutat: Geduld.

Warriors: "Kumbaya Kerr" vs. Stephen Curry

Golden State spielt seit Jahren, im Prinzip seit der Ankunft von Steve Kerr im Jahr 2014, einen unkonventionellen Basketball. In Kerrs System sollen sich alle Spieler beteiligt fühlen, das Ganze lebt von Bewegung des Balles und der Spieler, der Coach selbst spricht immer wieder von "Freude", die das ganze Team empfinden soll.

Wie vergangene Saison schon geschrieben, bedeutet das unter anderem, dass Curry nur einen Bruchteil der Pick'n'Rolls pro Spiel läuft, die etwa Trae Young, Luka Doncic oder James Harden für sich selbst ansagen. Er ist exzellent darin, auch in dieser Saison, aber die Warriors setzen diese Waffe nur dosiert ein - das war sogar der Fall, als sie in Curry und Kevin Durant die womöglich gemeinste Pick'n'Roll-Kombination der Ligahistorie aufbieten konnten (oder besser: hätten aufbieten können).

NBA: Die Spieler mit den meisten Pick'n'Rolls pro Spiel

RangSpielerPick'n'Rolls/SpielPunkte/Play
1Trae Young14,20,99
2Luka Doncic12,80,90
3Donovan Mitchell121,03
4Ja Morant110,94
5De'Aaron Fox10,20,85
6Paul George9,80,78
7Damian Lillard9,70,79
8Dejounte Murray9,40,68
9DeMar DeRozan9,30,93
10Malcolm Brogdon9,11,06
32Stephen Curry6,41,03

Curry verbringt als Folge dieses Systems mehr Zeit abseits des Balles als jeder Star-Lead-Guard in der NBA, womöglich sogar in der NBA-Historie, was nicht frei von Kritik ist. Warriors-Fans verspotten Kerr seit Jahren als "Kumbaya Kerr", weil er sich weigert, einfach wie alle anderen den Ball in die Hände seiner besten Spieler zu legen.

Auch Durant machte sich in seinen Jahren bei den Dubs von Zeit zu Zeit darüber lustig, kein Wunder, schließlich kannte er zuvor in OKC das exakte Gegenteil. Andererseits zog ihn wohl auch dieses Unkonventionelle damals nach Golden State; und in der Gegenwart sehen wir, wie sehr es sich lohnen kann, wenn Spieler das System tatsächlich verinnerlichen.

Warriors: Der Supporting Cast passt (wieder)

Currys Anziehungskraft ist selbst in der NBA mit all ihren starken Schützen unvergleichlich, nicht zuletzt dank seiner ständigen Bewegung und Aktivität als Blocksteller abseits des Balles. Es ist ein kompliziertes und nicht das richtige Ökosystem für jeden Spieler. Kelly Oubre etwa fand sich in der vergangenen Saison bei den Warriors nie wirklich zurecht und wurde folgerichtig in der Offseason nicht gehalten.

Nun sieht das Curry umgebende Personal wieder anders aus, teilweise zumindest. Draymond Green ist als kongenialer Partner immer noch da und spielt seinen besten Regular-Season-Basketball seit Jahren (dabei war er schon 20/21 bärenstark). Andre Iguodala ist zurück und trotz seiner 37 Jahre in manchen Spielen nicht zu vergleichen mit der Miami-Version der vergangenen zwei Jahre.

Die neuen Veteranen haben sich gut eingefügt, auch deshalb, weil sie nicht für ihr Potenzial, sondern für ihre Spielintelligenz geholt wurden. Otto Porter und Nemanja Bjelica treffen jeweils über 40 Prozent ihrer Dreier, speziell der Serbe wirkt, als hätte er seine gesamte (NBA-)Karriere darauf gewartet, endlich in diesem System zu spielen.

Es gibt im System Curry offensiv nur wenige Skills, die so wichtig sind wie das Ausspielen von Überzahlsituationen, die dadurch entstehen, dass Curry selbst ohne Ball regelmäßig zwei Verteidiger bindet. Bjelica ist exzellent darin, das Spiel zu lesen und den Ball weiterzubewegen, auch aus dem Post, und somit zu einem der wichtigsten Verbindungsstücke der Offense nach Green (dem GOAT in der Hinsicht) und Iggy geworden.

Warriors: Geduld zahlt sich aus

Die Geduld wiederum zahlt sich bei anderen Spielern aus, gerade bei den Jüngeren. Jordan Poole wechselt zwischen Rollen und läuft in den Minuten ohne Curry viele der Plays, die der Chef sonst höchstpersönlich läuft, neben Curry liefert er vor allem Spacing. Andrew Wiggins hat sich in knapp zwei Jahren vom einstigen Enigma zum wertvollen Rollenspieler entwickelt.

Damion Lee spielt in seiner mittlerweile vierten Saison bei den Dubs den besten Basketball seiner Laufbahn, auch wenn er seine überragende Form der ersten fünf Spiele nicht ganz halten konnte. Kevon Looney ist seit Jahren unter "solider Arbeiter" im NBA-Duden zu finden. Und dann ist da noch der faszinierendste Spieler von allen: der Fäustling.

Gary Payton II ist offiziell seit 2016 ein NBA-Spieler, "The Mitten" hat mit seinem berühmten Vater spielerisch jedoch nur die Defense gemein und steht in diesen Jahren nur bei 87 Einsätzen in der Liga. Seit Jahren galt er als einer der besten Guard-Verteidiger der Welt, seine Offense jedoch war so limitiert, dass es seinen bisher vier Teams schwer fiel, eine Rolle für ihn zu finden. In Jahr zwei haben die Dubs das nun offensichtlich geschafft.

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