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NBA: Kommentar zum Rekord von Russell Westbrook: Die Zahlen lügen - in beide Richtungen

Russell Westbrook polarisiert wie kein anderer Spieler in der NBA.
© getty

Russell Westbrook hat sein 182. Triple-Double aufgelegt und dadurch endgültig Oscar Robertson als Spitzenreiter verdrängt. Welche Bedeutung hat dieser Rekord - und dieser Spieler? Ein Kommentar.

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Es wäre dem Thema, es wäre dem Typen und es wäre dem Rekord nicht angemessen gewesen, wenn Russell Westbrook sein 182. Triple-Double nicht in einem Spiel geholt hätte, in dem sein Team verlor und in dem er selbst den spielentscheidenden Wurf danebensetzte. Einen Dreier, obwohl sein Team nur zwei Punkte brauchte. Das Ende einer furiosen Achterbahnfahrt.

Es geht bei Westbrook nicht ohne Extreme, ohne das obligatorische "Ja, aber...". Westbrook polarisiert so stark, dass es mittlerweile kaum noch eine objektive Einschätzung zu ihm gibt. Man polemisiert in die eine Richtung (wie Coach Scott Brooks, wenn man ihn als zweitbesten Point Guard aller Zeiten bezeichnet) oder in die andere, wenn man alles, was er macht, als überschätzt abtut.

Das wird auch bei diesem Meilenstein der Fall sein, der einerseits beeindruckt und andererseits doch seit Jahren erwartbar war. Es ist auch kein Wunder: Westbrook ist die fleischgewordene Statistik-Inflation. Seine absurden Zahlen (aufgerundet derzeit: 22, 12 und 12!) und Rekorde reflektieren nicht seinen "wahren" Wert, schon seit Jahren nicht. Allerdings lügen sie auch in die andere Richtung.

Triple-Doubles: Ein Muster ohne Wert?

Westbrook ist einer der balldominantesten Spieler aller Zeiten, der dabei nicht besonders (und oft sogar besonders wenig) effizient auftritt. Er holt Triple-Doubles in einer Ära, in der diese

a) leicht zu bekommen (siehe die All-Time-Rangliste!) und

b) ziemlich populär sind.

Zu Zeiten von Westbrooks "Vorgänger" Oscar Robertson war noch nicht einmal der Begriff geläufig, das kam erst in den 80ern durch eifrige PR der Lakers, als Magic Johnson Triple-Doubles am Fließband produzierte. Durch Ice Cubes Song "It Was A Good Day" Anfang der 90er wurde das Ganze popkulturell relevant. Es ist noch ein relativ neues Muster, insbesondere die "Jagd" danach.

Westbrook hat sich diese spätestens 2016/17 ganz oben auf die Fahnen geschrieben, als er erstmals seit Robertson einen Triple-Double-Schnitt hinlegte und (vor allem) deswegen MVP wurde. Seither hat er das Kunststück dreimal wiederholt und kam einem zweiten MVP-Award trotzdem nicht nahe, was zeigt, dass auch bei den Wählern die Faszination etwas zurückgegangen ist.

Triple-Doubles sind, streng genommen, ein Muster fast ohne Wert: 20 Punkte, 10 Rebounds und 10 Assists sind für ein Team ja nicht wertvoller als 20 Punkte, 9 Rebounds und 11 Assists. Sie haben nur einen weitaus griffigeren Namen bekommen.

Ist Russell Westbrook über- oder unterschätzt?

Auf den zweiten Blick lässt sich Westbrook leichter "auseinandernehmen". Auch in dieser Saison: Bei den Points per 100 Shot Attempts rangiert er laut Cleaning the Glass im 18. Perzentil, bei den Dreierschützen im siebten. Die Offense der Wizards ist um 2,9 Punkte schlechter, wenn Westbrook mit auf dem Court steht. Vergangene Saison waren es in Houston -3,9 Punkte. Die schwache Defense kommt erschwerend hinzu, die haarsträubenden Entscheidungen am Ende enger Spiele ebenfalls.

Westbrook ist ein Spieler mit etlichen Makeln, in der heutigen NBA kein Superstar. Manches Positive fliegt aber auch unter dem Radar. Wie die Tatsache, dass seine Teammates (der Kategorie Nicht-Superstar) in aller Regel durch Wände für ihn gehen würden. Oder der Umstand, dass seine furiose Energie und sein Selbstvertrauen anstecken können. Das lässt sich statistisch schwerer erfassen.

So absurd die Statistik-Jagd manchmal wirkt: Man muss Russ zugutehalten, dass seine Teams eine 136-36-Bilanz haben, wenn er ein Triple-Double auflegt. Seit seinem Rookie-Jahr hat Westbrook nur einmal (2015) die Playoffs verpasst. Trotz des Horrorstarts könnte sich das auch in diesem Jahr wiederholen, von den potenziellen Play-In-Teams waren die Wizards zuletzt vor allem dank ihm das formstärkste. Das Team lag am Boden, ist aber wieder aufgestanden.

Solche Dinge werden historisch nicht so überdauern wie der Triple-Double-Rekord oder die hitzigen Diskussionen rund um Westbrook. Sie gehören aber ebenso mit zu seiner Geschichte.

Russell Westbrook: Seine Statistiken für die Washington Wizards

SpieleMinutenPunkteFG%3P%ReboundsAssists
6236,32244,131,511,611,6
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