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NBA Above the Break: Wie die Wizards ihren Kurs korrigiert haben - und was Moritz Wagner damit zu tun hat

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© getty

Nach einem Katastrophenstart in die Saison sind die Washington Wizards nun wieder zurück im Rennen um die Playoffs. Was hat sich verändert? Above the Break blickt außerdem auf die neue Rolle von All-Star Zion Williamson und die Trade-Gerüchte um Kristaps Porzingis.

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Moe Wagner und die Siegesserie der Wizards

Den Abgesang auf die Washington Wizards hatten viele längst angestimmt, Bradley Beal wird seit Monaten in mehr Trade-Gerüchten aufgeführt als jeder NBA-Spieler, der nicht nach seinem prächtigen Bart benannt ist und mittlerweile in Brooklyn spielt. So mies traten die Hauptstädter zu Beginn der Saison auf, so festgefahren schien die Situation für Beal und Co.

Aktuell sieht das wieder ganz anders aus. Washington hat unlängst fünf Siege am Stück geholt, eine so lange Siegesserie gab es für die Wiz zuletzt in der Saison 2017/18. Dabei wurde mit unter anderem den Lakers, Celtics und Nuggets auch beileibe keine Laufkundschaft geschlagen. Nach der (vertretbaren) Niederlage im Back-to-Back gegen die Clippers stehen die Wizards nun 2,5 Spiele hinter Platz 10 und damit dem Play-In-Turnier, auf Platz 8 sind es auch bloß 2 Spiele.

Ist das zeitweise mieseste Team der Liga jetzt auf einmal ein Top-Team oder was ist passiert? Die Antwort fällt etwas diffiziler aus, da Washington sinnbildlich dafür steht, wie sehr die Liga aktuell eine "make-or-miss"-Liga ist - allerdings haben die Wizards durchaus auch selbst einiges mit dem neuerlichen Umschwung zu tun.

Seit spätestens der vergangenen Saison haben die Wizards den Ruf, eins der miesesten Defensiv-Teams der NBA zu sein, und diesen Ruf scheinen sie über die Saison auch zu rechtfertigen - ein Defensiv-Rating von 113,8 ist "gut" für Platz 26 ligaweit und es gab etliche Spiele, in denen sie gefühlt einfach niemanden stoppen konnten.

Zuletzt hat sich der Trend gewandelt: Über die letzten zehn Spiele belegen die Wizards Platz 8, während der Siegesserie erlaubten sie sogar nur elitäre 105,9 Punkte pro 100 Ballbesitze. So gut sind die Wizards trotz einiger Umstellungen (siehe unten) nicht - so schlecht, wie es vorher aussah, waren sie aber wohl auch nicht.

Die Wizards erlauben die richtigen Würfe

Tatsächlich erlaubten die Wizards über die gesamte Saison bisher prozentual die wenigsten Abschlüsse am Ring und die meisten aus der Mitteldistanz, was ein absolut wünschenswertes gegnerisches Wurfprofil ist. Laut Cleaning the Glass sollten die Wizards-Gegner sogar die schlechteste effektive Wurfquote der Liga vorweisen, wenn einbezogen wird, welche Durchschnittswerte ligaweit von den jeweiligen Wurfzonen erreicht werden.

In Wirklichkeit erlauben nur acht Teams höhere Quoten. Das ist eine massive Diskrepanz, so viel "Pech" hatte bisher kein anderes Team. Natürlich spielt es eine Rolle, ob und wie die Abschlüsse aus den Bereichen erschwert werden und welcher Gegenspieler dem Werfer am nächsten ist, aber teilweise kann ein Team auch zufällig gegen die Wizards besser treffen als gegen andere Teams.

Die Wizards hatten etliche Gründe für ihre sportliche Misere - hier stehen viele davon -, aber es gibt gerade in der aktuell so Jumpshot-lastigen Liga auch Faktoren, die man nur bedingt kontrollieren kann. Make or Miss eben. Deswegen ist es so wichtig, große Stichproben zu haben, und gleichzeitig nicht nach wenigen Saisonwochen schon Teams komplett abzuschreiben, ohne zu hinterfragen, warum sie stehen, wo sie stehen.

Die neue Starting Five mit Moritz Wagner und Garrison Matthews

Nun aber zur Siegesserie. Diverse Dinge stechen ins Auge, wenn man auf die jüngsten Erfolge blickt, an erster Stelle ist aber wohl die Änderung der Starting Five zu nennen. Im Spiel gegen die Celtics beorderte Head Coach Scott Brooks den zuvor teilweise aus der Rotation gefallenen Moritz Wagner in die erste Fünf, ein Spiel zuvor war bereits Garrison Mathews "befördert" worden. Mit beiden Spielern neben Beal, Russell Westbrook und Rui Hachimura gewannen die Wizards dann prompt all ihre Spiele, bevor die Clippers diese Serie beendeten. Woran liegt das?

Zunächst zu Mathews - der 24-Jährige ist beileibe kein Riesentalent, aber er bringt Washington etwas, was dem restlichen Kader teilweise abgeht: Er definiert sich über Hustle und Defense, nicht über Scoring. Vorne beschränkt er sich fast ausschließlich auf Dreier, die er wie schon im Vorjahr sehr solide trifft, hinten versucht er, gegnerischen Wings das Leben so schwer wie möglich zu machen.

Teilweise schlägt er dabei auch über die Stränge, wie bei dieser gefährlichen Aktion gegen Denvers Facundo Campazzo, aber mit seiner Toughness hat er sich einen Platz in Brooks' Rotation tatsächlich verdient. Gerade auf dem Flügel fehlt den Wizards Defensiv-Kompetenz, abgesehen von Isaac Bonga, der zuletzt allerdings kaum eine Rolle gespielt hat.

Wagner wiederum hat eine kleine Achterbahnfahrt hinter sich. Die Wizards entschieden sich dagegen, seine Option für die nächste Saison zu ziehen, was angesichts seiner teilweise sehr ordentlichen Vorstellungen im Vorjahr verwunderte, dann sah er phasenweise kaum noch den Court. Mittlerweile hat er sich jedoch zurückgekämpft und wurde von Brooks unlängst explizit dafür gelobt, dass er den Kopf nie hat hängen lassen.

In seinen besten Spielen, wie etwa gegen Boston, fällt Wagner nun durch seine klugen Bewegungen in der Offensive und seine aktiven Hände in der Defense auf; er bewegt den Ball und schließt von innerhalb der Dreierlinie aus jedem Bereich effektiv ab, wenn er denn wirft.

Am Ring hat der Berliner in dieser Spielzeit bisher schwindelerregende 91 Prozent getroffen, er ist teilweise sehr gut darin, die Aufmerksamkeit zu nutzen, die vor allem Beal auf sich zieht, und ist nach Robin Lopez derzeit Brooks' aktivster Blocksteller.

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© nba.com/stats

Defensiv gefällt er wie schon in der Vorsaison vor allem dadurch, dass er seinen Körper opfert und fleißig Offensiv-Fouls annimmt - mit 8 Charges führt er die Wizards trotz limitierter Einsatzzeit vor Ish Smith und Mathews an. So wie auch beim Net-Rating: Sein Saisonwert von +5,5 ist mit großem Abstand der beste bei den Wizards (Platz 2: Smith mit +3,3). Was allerdings nicht bedeuten soll, dass (nur) er der Grund für den aktuellen Aufschwung wäre.

Wagner hat selbst während der Siegesserie ein Spiel mit nur 3 Minuten Einsatzzeit gehabt, gegen Portland waren es knapp 11 Minuten. Seine Saisonbestleistung mit 21 Punkten setzte es ausgerechnet bei der ersten Niederlage. Er startete zwar immer, aber das bringt keine speziellen Privilegien mit sich - im Gegenteil. Seitdem Brooks seinen designierten Starter Thomas Bryant verloren hat, ist die Fünf eine Patchwork-Position im wahrsten Sinne des Wortes.

In jedem Spiel wird evaluiert, wer im jeweiligen Matchup am besten funktioniert, und schnell gewechselt: Regelmäßig spielen Wagner, Lopez und Alex Len allesamt schon im ersten Viertel. Lopez ist dabei zuletzt der stärkste Spieler der drei gewesen, Brooks scheint es aber zu bevorzugen, den Veteranen von der Bank zu bringen. So erfüllen derzeit alle von ihnen eine Rolle.

Ein frischer Wind weht allerdings nicht nur auf der Center-Position. Während Beal schon die gesamte Saison über wie ein Superstar spielt, hat der nominell zweite im Kader zuletzt auch endlich mehr zu seinem Spiel gefunden. Oder, wie Westbrook es selbst ausdrückt: "Naja, ich kann mich jetzt bewegen und springen. Das ist anders." Klingt eher simpel, zeigt sich aber tatsächlich auch auf dem Court.

Der Saisonstart des MVPs von 2017 war fürchterlich und hatte seinen Anteil an den Problemen der Wizards, auch jetzt sehen seine Quoten noch ziemlich übel aus. Zuletzt hat sich Russ aber gesteigert, auch weil er endlich die hoffnungslosen Dreier weglässt und stattdessen versucht, den Korb zu attackieren. Es ist kein Zufall, dass er in keinem Spiel der Siegesserie einen Longball versenkt hat.

Westbrook war schon immer dann am besten, wenn er seine Athletik auf dem Weg zum Korb einsetzte, dadurch Lücken riss und Fouls zog oder Mitspieler bediente. Diese Version von ihm war in Washington bisher noch zu selten zu sehen, nur 30 Prozent seiner Abschlüsse erfolgten am Ring, was mit Abstand ein Career-Low darstellen würde.

Zuletzt verlagerte sich seine Wurfauswahl indes wieder mehr in die richtige Richtung, seine Würfe kamen am Ring oder aus der Mitteldistanz. Das ist schon eher der Spieler, für den in der Offseason der ehemalige Franchise-Player John Wall mitsamt eines Picks getradet wurde.

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© nba.com/stats

Es wird sich zeigen, inwieweit der 32-Jährige diese ansteigende Formkurve bestätigen kann, und das gleiche gilt noch für einige weitere Teamkollegen. Rui Hachimura gefiel beispielsweise gegen die Lakers durch ein tolles defensives Engagement, das man so noch nicht von ihm kannte, und hat hier zuletzt grundsätzlich große Fortschritte gezeigt, Davis Bertans scheint nach einem Horrorstart endlich seinen Wurf wiedergefunden zu haben.

Die Wizards sind noch nicht zwingend raus aus dem Gröbsten - einen Top-Kader hat Washington insbesondere defensiv immer noch nicht und das Team muss noch den Beweis erbringen, dass die fünf Siege nicht einfach nur ein kurzes Zwischenhoch waren.

Die dankbare Ausgangslage in der mittelmäßigen Eastern Conference sorgt in jedem Fall dafür, dass die kurze Serie sie wieder mitten rein in die Verlosung gespült hat. Das wirkt oberflächlich zwar nicht wie viel, bedenkt man aber, wie nervös die Beal-Situation behandelt wird, ist es mit Sicherheit besser als das Gegenteil.

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