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NBA – "Eier aus Stahl": Wie Kyle Lowry und O.G. Anunoby die Saison der Raptors retteten

Von Ole Frerks
Die Toronto Raptors feierten nach dem Spiel O.G. Anunoby.
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Die Toronto Raptors haben in der Serie gegen die Boston Celtics die Katastrophe abgewendet und statt eines 0-3-Rückstandes durch den 104:103-Sieg auf 1-2 verkürzt. Für die Entscheidung sorgte dabei O.G. Anunoby - der im Anschluss als einziger nicht überrascht zu sein schien. Die Highlights des Spiels sind hier zu finden.

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0,5 Sekunden blieben den Raptors noch Zeit für den letzten Angriff, nachdem Kemba Walker kurz zuvor Daniel Theis für einen Dunk zur 103:101-Führung gefunden hatte. 0,5 Sekunden, die nicht allzu viele Möglichkeiten offen ließen: Es gab nur entweder die Option eines Lobpasses, mit dem man hätte ausgleichen können, oder eben das Hail Mary in Form eines Dreiers.

Laut Liga-Statuten ist vorgesehen, dass ein Schütze mindestens 0,3 Sekunden haben muss, um einen Ball zu fangen und dann rechtzeitig wieder loszuwerden. Das ist knapp bemessen und setzt eine schnelle Wurfbewegung voraus. Den Ball in so einer kurzen Zeit dann auch noch sauber und präzise auf den Weg zu bringen, ist umso schwerer.

Dass die Raptors diese 0,5 Sekunden also gewinnbringend nutzen würden, war sehr unwahrscheinlich, zumal Einwerfer Kyle Lowry dafür auch noch den hünenhaften Tacko Fall überspielen musste. Doch irgendwie musste es klappen, von einem 0-3-Rückstand ist schließlich noch nie ein Team zurückgekommen.

Irgendwie trifft es gut: Wie Lowry danach verriet, war das Play eigentlich für Fred VanVleet angesagt, die zweite Option war Pascal Siakam. Stattdessen stand auf einmal O.G. Anunoby frei an der Dreierlinie ("Eine Schande", wie Jaylen Brown sagte, der zu spät wieder draußen war) und Lowry fand ihn. Zum Glück, aus Sicht der Raptors.

O.G. Anunoby traf in Spiel 3 gegen die Boston Celtics einen unglaublichen Buzzer-Beater.
© getty
O.G. Anunoby traf in Spiel 3 gegen die Boston Celtics einen unglaublichen Buzzer-Beater.

O.G. Anunoby gibt Interviews wie Kawhi Leonard

Als der Ball durch die Reuse flog, verfiel das gesamte Team in Ekstase und feierte den schockierenden Sieg - mit einer Ausnahme. Anunoby selbst wirkte fast schon genervt, dass er nicht einfach in Ruhe Richtung Kabine abdampfen konnte. "Jemand hat mich dabei an der Nase erwischt, darüber war ich sauer, aber sonst war es cool", kommentierte der 23-Jährige im Anschluss die Feier auf dem Court.

Anunoby fuhr fort mit einem Interview, das selbst seinen Vorgänger in Torontos Starting Five Kawhi Leonard mit Stolz erfüllt hätte: "Als ich geworfen habe, habe ich erwartet, dass er reingeht. Ich werfe nicht, um danebenzuwerfen. Da musste ich nicht so tun, als sei ich überrascht, weil ich nicht überrascht war." Darüber mussten selbst seine Mitspieler schmunzeln.

"Ich weiß, dass er sich in Wirklichkeit freut. Das ist einfach seine Natur", sagte VanVleet. "Das ist ein klassischer O.G.: Er trifft den wichtigsten Wurf seines Lebens und tut dann so, als sei nichts passiert." Tatsächlich hätte der Wurf für sein Team kaum wertvoller sein können.

Kyle Lowry über Anunoby: "Das ist sein Moment"

Die Raptors hingen in der Serie gegen Boston bereits am Tropf, eine dritte Niederlage hätte mit großer Sicherheit das Aus bedeutet. Nun scheint stattdessen wieder alles möglich, von einem 0-2-Rückstand ist Toronto vergangenes Jahr schließlich auch schon einmal zurückgekommen, als in den Conference Finals noch gegen Milwaukee gewonnen wurde.

Raptors-Coach Nick Nurse ordnete diesen Sieg sofort emotional als "eins unserer mutigsten Spiele" ein, beeindruckt von der Widerstandskraft, die Toronto auch im letzten Jahr schon einige Male gezeigt hatte.

Anunoby war damals gar nicht dabei, aufgrund einer Notfall-Appendektomie verpasste der Forward die gesamte Postseason und den Titel-Run der Kanadier. Er ist der jüngste und unerfahrenste Rotationsspieler im Kader, auch wenn man ihm dies nicht immer anmerkt. "Gebt ihm heute alles Lob und alle Blumen", forderte Lowry daher. "Das ist sein Moment."

Kyle Lowry hat "Eier aus Stahl"

Lowry selbst hatte dabei den größten Anteil am Sieg der Raptors. Nach bisher eher schwachen Auftritten in der Serie agierte er diesmal überragend, zog immer wieder zum Korb und opferte sich defensiv auf. Auch ein unabsichtlicher Tritt in die Weichteile durch Brad Wanamaker konnte Lowry nicht lange ausbremsen. "Ich habe offensichtlich Eier aus Stahl", witzelte der 34-Jährige.

31 Punkte und 8 Assists verzeichnete Lowry, dazu stand er 46:29 Minuten auf dem Court - länger musste in dieser Spielzeit kein Spieler in einer Partie ohne Overtime ackern. Die Raptors brauchten jede Aktion ihres Anführers, keine dringender als den genialen Pass auf Anunoby. Ähnlich wie Kawhi gegen Milwaukee im Vorjahr rettete Lowry den Raptors mit diesem Auftritt die Saison.

Ob sie nun ähnlich gut wie damals weitermachen werden, ist unklar, zu schwach präsentierte sich bisher insbesondere Siakam. VanVleet hoffte jedoch auf einen Hallo-Wach-Moment. "Wir brauchten ein bisschen Magie, ein bisschen Glück, um das Momentum wieder auf unsere Seite zu bekommen", sagte der mit 25 Punkten ebenfalls starke Guard. Den Anfang haben Lowry und Anunoby geliefert.

Raptors vs. Celtics: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitTeam 1Team 2Ergebnis
130. August19 UhrToronto RaptorsBoston Celtics94:112
21. September23.30 UhrToronto RaptorsBoston Celtics99:102
34. September0.30 UhrBoston CelticsToronto Raptors103:104
46. September0.30 UhrBoston CelticsToronto Raptors
58. SeptembertbaToronto RaptorsBoston Celtics
6*10. SeptembertbaBoston CelticsToronto Raptors
7*12. SeptembertbaToronto RaptorsBoston Celtics