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Frischer Wind im Karussell

Steve Kerr, Derek Fisher und David Blatt geben ihr NBA-Debüt an der Seitenlinie
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Jedes Jahr wechselt mehr als ein Drittel aller NBA-Teams den Coach. Der konstante Austausch ist ein generelles Problem der Franchise-Mechanismen. Dabei zeichnet sich ein neuer Trend ab: Viele junge Trainer rücken nach.

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"Solange du nicht Phil Jackson, Gregg Popovich, Jerry Sloan oder Doc Rivers heißt, stehst du sofort auf der Abschussliste, wenn dein Team drei Spiele in Folge verliert." Diese Worte stammen von "ESPN"-Experte Jeff van Gundy und treffen genau ins Schwarze. Kaum eine Aussage beschreibt die ständigen Personalwechsel auf der Coaching-Position und die dahinterstehenden Mechanismen in der NBA besser.

Mit Popovich und Rivers sind nur noch zwei Akteure dieser Aufzählung an der Seitenlinie anzutreffen, das Zitat von van Gundy ist auch schon fünf Jahre alt. Dennoch bewahrheitet es sich - in leicht abgewandelter Form - immer wieder: In dieser Offseason gab es insgesamt neun Veränderungen an der Seitenlinie; und das ist noch nicht einmal besonders viel. Bezogen auf die vergangenen zwanzig Jahre liegt der aktuelle Sommer damit nur leicht über dem Durchschnitt.

Wer aber glaubt, nur die Coaches der schlechtesten Liga-Teams müssten sich vor einer Entlassung fürchten, der irrt. In der Offseason 2013 traf es gleich sechs Coaches von Playoff-Teams. Bei den Grizzlies, Clippers, Nets, Bucks, Hawks und den Nuggets mussten die Coaches jeweils nach dem Ausscheiden in der Postseason ihren Hut nehmen bzw. wurden damit konfrontiert, dass ihre Verträge nicht verlängert werden.

Bäumchen, wechsle dich

In der abgelaufenen Saison gab es aber auch ein Novum: Das erste Mal in den letzten zwei Jahrzehnten wurde nur ein Coach während der Regular Season entlassen: Maurice Cheeks in Detroit. Die insgesamt 14 Amtswechsel von 2013/2014 sind aber kein besonderer Ausreißer. In den vergangenen zwanzig Jahren gab es pro Spielzeit im Schnitt rund elf personelle Veränderungen in der NBA. Oder anders ausgedrückt: Jedes Jahr wechselt mehr als ein Drittel aller Teams den Coach!

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass zwischen 2010 und 2014 jede Franchise mindestens einmal den Coach ausgetauscht hat - mit vier Ausnahmen: San Antonio, Dallas, Miami und Oklahoma City. Und es ist kein Zufall, dass es sich bei diesen Teams um die erfolgreichsten der vergangenen Saisons handelt. Außer diesen Franchises stand im aktuellen Jahrzehnt noch kein anderes Team in den Finals. Im Endeffekt muss sich jeder Coach daran messen lassen.

Für immer Pop

Gregg Popovich ist in San Antonio eine Institution und war schon lange vor seiner fünften Meisterschaft mit den Spurs unantastbar. Der 65-Jährige steht seit 18 Jahren an der Seitenlinie der Texaner und wird von vielen als der beste Coach der NBA bezeichnet. Selbst wenn er irgendwann seinen Ruhestand verkünden sollte, werden die Spurs ihn vermutlich anflehen, zu bleiben.

Rick Carlisle führte die Mavs 2011 zum Titel und genießt nicht nur als Präsident der National Basketball Coaches Association einen exzellenten Ruf. Zudem gelang es ihm wiederholt, schwierige Charaktere ins Team zu integrieren und deren brach liegendes Potenzial zu entfalten.

Die von Erik Spoelstra trainierten Heat dominierten mit zwei Meisterschaften bei vier Finals-Teilnahmen in den vergangenen Jahren die Eastern Conference. Auch wenn LeBron James daran einen nicht unwesentlichen Anteil hatte, wird Spoelstra am South Beach gleichermaßen als Vater des Erfolges gesehen. Die kommende Saison wird zeigen, ob dieser Status gerechtfertigt ist.

Letzte Chance für Brooks

OKC erreichte unter Scott Brooks 2012 die Finals, 2011 und 2014 die Conference Finals. Damit waren die Thunder zwar recht erfolgreich, dennoch ist Brooks der einzige der vier Coaches, der mit seinem aktuellen Team keine Meisterschaft gewonnen hat. In der Offseason wurden mal wieder einige Stimmen laut, die aufgrund der nicht erfüllten Titelerwartungen eine Entlassung forderten. Es könnte die letzte Chance für Brooks sein, die Larry O'Brien Trophy nach Oklahoma City zu holen.

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Von den anderen Coaches haben nur Tom Thibodeau und Doc Rivers die Gewissheit, sich vorerst nicht nach neuen Jobs umschauen zu müssen. Ersterer hat die Chicago Bulls trotz der Verletzung von Derrick Rose jedes Jahr an das Leistungsmaximum geführt, Rivers ist bei den Los Angeles Clippers ein größerer Anziehungsfaktor für Spieler als der Name der Franchise selbst. Beide genießen zudem in NBA-Kreisen höchsten Respekt.

Frank Vogel, der mit den Pacers zwei Jahre in Folge die Conference Finals erreichte, wurde im Sommer beinahe Opfer der Erwartungshaltung bei den Indiana Pacers. Diese war neben den Veränderungen im Front Office auch das große Problem von Lionel Hollins und kostete ihn 2013 seinen Job in Memphis.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist das Verhältnis zwischen Eigentümer, General Manager und Head Coach, das Mark Jackson bei den Warriors zum Verhängnis wurde. Und das, obwohl der ehemalige Point Guard Golden State das erste Mal seit 1991/1992 zu aufeinanderfolgenden Playoff-Teilnahmen geführt hatte. Trotzdem: Das entscheidende Kriterium ist und bleibt der Erfolg.

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Frischer Wind im Karussell

Dass sich das Trainerkarussell weiter dreht, neue Coaches hinzukommen und sich alte aus dem Business zurückziehen, ist wie in jeder anderen Liga gang und gäbe. Interessant ist aber, dass in den vergangenen Jahren eine Menge frischer Wind hinzugekommen ist. Es wurden Head Coaches eingestellt, die bisher noch überhaupt keine Erfahrung an der Seitenlinie gesammelt haben - noch nicht einmal als Assistent.

Dieser Prozess ist eng mit der Entwicklung in den Front Offices der Liga verknüpft. Immer mehr Franchises holen junge, kluge Köpfe ins Management, die ihre Entscheidungen nicht nach Namen, sondern nach modernen Evaluationsmethoden treffen. Tim Connelly (Denver), Sam Hinkie (Philadelphia) und Rob Hennigan (Orlando) sind nur drei von ihnen, die jünger sind als so mancher Veteran auf dem Parkett.

Dazu kommt, dass einige Neulinge in Entscheidungspositionen den Organisationen ihren Stempel aufdrücken wollen. Sie wählen daher bevorzugt einen Coach mit Perspektive, von dem sie sich eine lange Zusammenarbeiten erhoffen.

Nachdem er Jeff Hornacek als Coach eingestellt hatte, sagte Suns-Manager Ryan McDonough: "Als GM im ersten Jahr wollte ich jemandem eine Chance geben, der vorher noch nicht als Head Coach gearbeitet hat. Ich habe zwar auch über andere Personen nachgedacht, aber der Großteil meiner Kandidaten war vorher noch nicht in der NBA tätig."

Besser früh als nie

Tom Penn, sieben Jahre Assistant-GM der Grizzlies und drei Jahre im Front Office der Blazers, hält die Situation einer Franchise bei der Auswahl des Coaches für entscheidend: "Wenn sich ein Team im Rebuild befindet, dann ist es wahrscheinlicher, dass sie einen jüngeren Coach holen, der nicht so viel Erfahrung hat."

Und der Trend zum konsequenten Neuaufbau nimmt zu: Es reicht nicht mehr, mehrere Jahre hintereinander die Playoffs zu erreichen, ohne eine wirkliche Chance auf den Titel zu haben. Viele Teams entscheiden sich inzwischen deutlich früher als noch vor einigen Jahren für einen radikalen Umbruch und dementsprechend für den nächsten Versuch - mit neuem, unverbrauchtem Personal.

Neulinge an die Macht

Während mit Quin Snyder (Utah), Steve Kerr (Golden State) oder Derek Fisher (New York) eine neue Generation an die Seitenlinie tritt, sind Teile der alten Garde derweil vom Trainerkarussell abgestiegen. Jerry Sloan und Rick Adelman beendeten ihre Karrieren, Phil Jackson agiert in New York - zumindest offiziell - nur noch im Hintergrund. Avery Johnson, Coach of the Year von 2006, ist seit zwei Jahren ohne Job und auch George Karl ist momentan kein aktives Mitglied des NBA-Zirkus.

Sam Mitchell, ebenfalls Award-Gewinner, arbeitet nur noch als Assistant Coach. Gleiches gilt für Nate McMillan, der sich trotz zwölfjähriger Erfahrung als Head Coach mit einem Sidekick-Engagement in Indiana zufrieden gibt.

Der Ex-Blazers-Coach lehnte zunächst einige Angebote ab, realisierte den neuen Trend zu spät. Dann musste sich McMillan umorientieren: "Es kam sehr überraschend. Ich denke, die Dinge haben sich geändert, weil die Eigentümer mehr Kontrolle haben wollen und stärker in die Prozesse der Franchise eingreifen als zuvor. Früher trafen GMs und Präsidenten die Entscheidungen, die Coaches trainierten das Team und die Besitzer öffneten ihre Brieftaschen. Und plötzlich haben die Eigentümer sogar das Sagen beim Draft und geben den Stil vor, der gespielt werden soll."

Cleveland-Coach David Blatt genießt unter den diesjährigen Rookies einen Sonderstatus. Er tritt zwar seinen Job auch ohne NBA-Erfahrung als Spieler oder Assistenz-Coach an, jedoch ist Blatt in Europa einer der erfolgreichsten Trainer der Geschichte. Ihm wird künftig die Aufgabe zuteil, die Cavs 2.0 mit LeBron zu führen, wobei die Frage, wer von beiden die größere Autorität im Team haben wird, noch zu klären ist.

Die Medien als Verstärker

Eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der ständigen Diskussion um die Coaches spielen auch die Medien, die durch anhaltendes Spekulieren den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen, teilweise sogar personelle Veränderungen fordern und herbeischreiben. Jede mediale Auseinandersetzung mit den Coaches, die vor einer Entlassung stehen oder stehen sollen, kann die Entscheidungsträger in ihrem Handeln beeinflussen.

"Ich glaube nicht, dass es wirklich jemanden interessiert, wie die Coaches in dieser Liga behandelt werden" - auch das eine Aussage von Jeff van Gundy und auch das Worte mit hohem Wahrheitsgehalt. Das beste Beispiel: Die Verpflichtung von Jason Kidd in Milwaukee war bereits beschlossene Sache und landesweit bekannt, als Larry Drew bei den Bucks noch mit vollen Kompetenzen im Amt war. Die Art und Weise, wie teilweise mit den Coaches umgegangen wird, ist mehr als unangemessen.

Die einzige Möglichkeit?

Der Druck auf das Front Office, in einer nicht zufriedenstellenden Situation handeln zu müssen, führte bereits ein ums andere Mal zu übersteigertem Aktionismus und kostete so manchen Coach den Kopf. "nba.com"-Experte Steve Aschburner zweifelt die positiven Effekte an: "Ich halte es selten für sinnvoll, einen Head Coach zu feuern. Aber es ist eines der wenigen Dinge, die Team-Besitzer überhaupt tun können."

Und genau da liegt das Problem: Bei anhaltender Erfolglosigkeit ist es oftmals der Coach, der zur Verantwortung gezogen wird und seinen Platz räumen muss. Er ist im fragilen Franchise-Gebilde zwischen Eigentümer, General Manager und Spielern das schwächste Glied und daher am einfachsten auszutauschen.

Ändern lässt sich das so einfach nicht. Die Coaches werden auch in der kommenden Saison am Ende der Nahrungskette stehen - mit wenigen Ausnahmen. Laut Lang Whitaker von "nba.com" ist es leider auch eine Frage der vorhandenen Möglichkeiten: "Es ist immer einfacher, einen Coach zu ersetzen als mehrere Spieler. Es ist sicher nicht immer das Klügste, aber so läuft es nun einmal in der NBA."

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