Olympia: Speerwurf-Ass Johannes Vetter nach Untergrund-Problemen nur Neunter

SID
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© getty

Topfavorit Johannes Vetter hat bei den Olympischen Spielen eine Medaille im Speerwurf sensationell klar verpasst.

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Johannes Vetter schüttelte den Kopf, der Blick war leer, geschlagen und fassungslos stapfte der Topfavorit auf Gold im Speerwurf durch das Olympiastadion in Tokio. Es sollte der Ort seines großen Triumphs werden, stattdessen rutschte Vetter aus. Weil der 28-Jährige überhaupt nicht mit dem Anlaufbelag zurechtkam, reichte es für das Kraftpaket aus Offenburg mit schwachen 82,52 m nur zu Platz neun.

"Zum Kotzen" und "echt bitter" sei das, sagte Vetter im ZDF: "Es tut mir leid für alle, die mir die Daumen gedrückt haben." Der Anlaufbelag sei für einen Athleten wie ihn "nicht gemacht". Das könne für ihn "gefährlich" werden und sei "nicht gesund".

Damit erlebte das deutsche Leichtathletik-Team bei den so stark eingeschätzten Speerwerfern die zweite Enttäuschung. Am Freitag war bereits Christin Hussong als Medaillenkandidatin nur Neunte geworden, lediglich Malaika Mihambo holte im Weitsprung Gold für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).

Statt des eigentlich auf Gold programmierten Vetter wurde Neeraj Chopra (87,48) Speerwurf-Olympiasieger, der Inder setzte sich gegen Jakub Vadlejch (86,67) und Vitezslav Vesely (85,44/beide Tschechien) durch. Undankbarer Vierter wurde der Mainzer Julian Weber (85,30). "Der vierte Platz ist unfassbar. Aber ich merke, dass ich mich nicht ganz so freuen kann wie ich sollte", sagte der Sportsoldat: "Es tut mir mega leid für Johannes. Der Belag hat seiner Power nicht standgehalten."

"Da bricht das technische System komplett ein"

Schon am Mittwoch in der Qualifikation hatte Vetter gemerkt, dass er Probleme bekommen würde mit dem Anlaufbelag. Dann blieb der Weltmeister von 2017 auch gleich im ersten Versuch knapp 14 Meter unter seiner Saisonbestmarke von 96,29 m, der zweite war ungültig - und Vetter hielt sich den schmerzenden linken Knöchel, nachdem er weggerutscht war. Beim Abwurf lastet etwa eine Tonne Gewicht auf dem Gelenk. "Ich habe alles gegeben", sagte Vetter enttäuscht: "Ich vergleiche das immer mit Aquaplaning. Da bricht das technische System komplett ein."

Dabei hatten die Organisatoren die Mondo-Anlaufbahn mit Hunderten Eispacks vor dem Wettkampfbeginn extra versucht herunterzukühlen, um Vetter und Co. einen festen Stand beim Abwurf zu ermöglichen. Doch für Power-Werfer Vetter reichte das nicht. Freunde, Fans und Familie beim Public Viewing auf dem Marktplatz in Offenburg litten mit ihrem "Jojo". Das sei "wirklich ein Drama. Es ist eine Katastrophe, ich bin tieftraurig", sagte Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll, die Ehefrau von Vetters Trainer.

Mit Boris Obergföll hatte Vetter nach der Qual-Quali noch nach Auswegen aus dem Anlauf-Dilemma gesucht, auch mit dem für die Fußball-Nationalmannschaft zuständigen Sportpsychologen Hans-Dieter Herrmann telefonierte Vetter ausführlich - um den ganz großen Traum nicht zu gefährden. Es half alles nichts.

Vor Tokio war Vetter in 19 Wettkämpfen in Serie unbesiegt geblieben, als klare Nummer eins der Welt nach Japan gereist - doch in Tokio, als es darauf ankam, rutschte Vetter weg.

"Das ist schade, echt bitter, kotzt mich auch tierisch an", sagte Vetter, der aber auch fair zugab: "Wir sehen ja hier andere Top-Leistungen, Julian hat gut geworfen, auch der Inder. Die setzen halt ein bisschen anders von oben drauf. Aber ich bin halt einer, der, wenn er über 90 Meter werfen will, ein starkes Stemmbein braucht. Ich muss da halt richtig die Ferse hinsetzen." Doch dabei rutschte Vetter aus.

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