Olympia: Schwimmer Mühlleitner verpasst erste deutsche Medaille knapp

SID
Henning Mühlleitner verpasste eine Medaille nur knapp.
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Henning Mühlleitner hat nur hauchdünn die Medaillenränge verpasst. Der 24-Jährige fand es dennoch "megageil".
 

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Bei einem Weltmeister holte sich Henning Mühlleitner noch letzte Tipps, der andere stellte ihm den Wecker - und beinahe hätte er allen die Show gestohlen. Nur 13 Hundertstelsekunden fehlten dem 24-Jährigen auf Platz vier bei Olympia in Tokio zur Medaille. "Jetzt ist es Blech oder Holz geworden", sagte Mühlleitner, der zum Auftakt der Schwimmwettbewerbe alle überrascht hatte, "aber das stört mich relativ wenig."

Doppel-Weltmeister Florian Wellbrock, der auf der Tribüne begeistert applaudierte, hatte der Olympia-Neuling vor dem Finale über 400 m Freistil gefragt: "Hey, wie bleibst du so cool?" Ex-Weltmeister Marco Koch, sein Zimmerkollege im Olympischen Dorf, hatte nach dem "Kracher" am Vorabend angeboten, ihm "was Gutes" zu tun.

Es wurde trotzdem "eine unruhige Nacht" für Mühlleitner, der völlig überraschend auf den Spuren von Weltrekordler Paul Biedermann zur Vorlaufbestzeit gekrault war. "Ich musste raus aus meiner Komfortzone", berichtete er: "Ich bin in der Weltszene eher unter dem Radar geschwommen, und plötzlich schwimme ich in einem olympischen Finale auf Bahn vier."

Dennoch betrat er die Startbrücke am Sonntagmorgen mit einem "riesigen Lächeln unter der Maske". Im ersten Olympia-Endlauf kam Mühlleitner in 3:44,07 Minuten nicht ganz an die starke Zeit des Vorabends heran - Bronze verfehlte er um Zentimeter.

Olympia: Mühlleitner ist dennoch "maximal zufrieden"

Sein Schlussspurt, der ihn von Platz sechs noch auf vier katapultierte, reichte damit nicht ganz zur ersten deutschen Olympia-Medaille der Beckenschwimmer seit 2008. Kein Problem für Mühlleitner, der erst durch Wellbrocks Verzicht auf die 400 m ins Starterfeld gerutscht war: "Ich bin maximal zufrieden."

Seit seinem Coup von Tokio ist der Neckarsulmer, der in Ghana aufwuchs, der schnellste Deutsche über 400 m Freistil nach Weltrekordler Biedermann. Dessen Bestzeit von 3:40,07 Minuten vom WM-Triumph 2009 - im längst verbotenen Schwimmanzug - ist auf dieser Strecke noch immer das Maß aller Dinge. Doch im Olympia-Becken ist Mühlleitner schon jetzt besser als Biedermann: Der WM-Bezwinger von US-Megastar Michael Phelps war auf der größten Sportbühne nie über Rang fünf hinausgekommen.

Mühlleitner habe sich "super verkauft", meinte Biedermann, der eine Glückwunsch-Nachricht an seinen Nachfolger schickte. "Das ist mir eine sehr große Ehre. Für mich ist er immer noch ein Vorbild", so Mühlleitner. Seine Mutter schaltete dagegen in der Nacht vor Aufregung nicht den Fernseher an: "Keine Chance", sagte Mühlleitner, "sie ist während meines Rennens vor Aufregung wohl mehr im Haus unterwegs als ich im Wasser."

Mühlleitner zeigte mit seiner Leistungsexplosion, dass der neue Star Wellbrock nicht im Alleingang den deutschen Schwimmsport aus der Medaillenflaute führen muss. "Ich denke, ich habe die Mannschaft gut beflügeln können", sagte Mühlleitner. Und Brustschwimmer Fabian Schwingenschlögl, der nur knapp das 100-m-Finale verpasste, stellte fest: "Wir sind nicht irgendwo im Nirgendwo unterwegs, wir sind konkurrenzfähig." Das war bei den Nullnummern in London und Rio noch anders.

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