Wimbledon, Tag 6 - "Bist du dumm?": Eklat beim Hass-Duell in Wimbledon

SID
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Nick Kyrgios und Stefanos Tsitsipas dehnten die Grenzen der Fairness bis zur Unkenntlichkeit aus, die Zuschauer tobten - und Schiedsrichter Damien Dumusois hatte Mühe, die Kontrolle zu behalten. In einem spektakulären Wimbledonmatch zweier in tiefer Abneigung verbundener Spieler setzte sich Kyrgios mit 6:7 (2:7), 6:4, 6:3, 7:6 (9:7) durch und zog am Samstagabend ins Achtelfinale ein.

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"Das hat sich angefühlt wie im Zirkus", sagte Tsitsipas: "Es gab noch kein Match, in dem er sich so verhalten hat. Er piesackt die Leute ununterbrochen. Wahrscheinlich wurde er als Kind auch gepiesackt." Kyrgios' Verhalten sei nicht zu akzeptieren, sagte Tsitsipas: "Irgendwer muss sich mit ihm hinsetzen und reden."

Der 27 Jahre alte Australier war von Beginn an völlig außer sich, schimpfte über die Linienrichter und schrie über den Platz. Dann die Szene, die ihn explodieren ließ: Nach dem Verlust des zweiten Satzes drosch Tsitsipas (23) den Ball frustriert ins Publikum - und bekam dafür eine Verwarnung.

Kyrgios forderte mehr, er ließ den Oberschiedsrichter rufen, als der keine andere Entscheidung traf, beschwerte er sich ununterbrochen weiter. "Bist du dumm?", fragte er Dumusois: "Du bist eine Schande, du änderst die Regeln, wie du willst."

Tsitsipas reagierte wütend und drosch einige Bälle brutal hart auf Kyrgios' Körper, als der am Netz stand. Nicht die feine Tennis-Art im noblen All England Club. Doch der Turnieraccount fragte die Fans bei Twitter: "Fühlt ihr euch nicht unterhalten?" Nachdem er erneut einen Ball weggeschlagen hatte, bekam Tsitsipas eine Punktstrafe.

Erst im vierten Durchgang beruhigten sich die Gemüter, es wurde wieder mehr gespielt als diskutiert. Nachdem das Dach bei 4:4 geschlossen wurde, gewann Kyrgios die Partie und wollte von den Vorkommnissen zuvor nichts mehr wissen. "Egal, was auf dem Platz passiert ist, ich liebe ihn. Ich bin mit seinem Bruder gut befreundet", sagte Kyrgios.

Der "Bad-Boy" der Tennisszene, der nach einem Ausraster von der ATP einst bestraft wurde und monatelang unter Bewährung spielte, hatte im Turnierverlauf zuvor schon für Aufsehen gesorgt. In seiner ersten Runde verlor er die Beherrschung und spuckte in die Richtung eines Zuschauers, der ihn angeblich beleidigt hatte.

Nadal zieht mühelos ins Achtelfinale ein

Rafael Nadal (36) kommt ins Rollen: Nach zwei Viersatzsiegen deklassierte der Grand-Slam-Rekordchampion den Italiener Lorenzo Sonego beim 6:1, 6:2, 6:4 und zog mühelos ins Wimbledon-Achtelfinale ein. Dort trifft der Spanier am Montag auf Botic van de Zandschulp aus den Niederlanden.

Für Nadal war es der 17. Sieg bei einem Major nacheinander. In diesem Jahr hat er bereits die Australian und French Open gewonnen und ist damit weiter im Rennen um den historischen Kalender-Grand-Slam, den Triumph bei den vier größten Tennisturnieren der Saison. Den hatte zuletzt der Australier Rod Laver 1969 erreicht.

Nach 37 Siegen! Swiateks Serie gerissen

Die Serie ist gerissen, die Nummer eins ausgeschieden: Nach 37 Siegen in Folge hat Iga Swiatek wieder ein Tennismatch verloren und damit das Achtelfinale in Wimbledon verpasst. Die 21 Jahre alte Polin unterlag in der dritten Runde überraschend der routinierten Französin Alize Cornet 4:6, 2:6.

"Ich habe mich hier nicht in Bestform gefühlt, ich wusste daher, dass es passieren kann", sagte Swiatek: "Ich habe vieles probiert, um mich besser zu fühlen, aber es hat nicht geklappt." Sie hoffe, "irgendwann stolz" auf ihre Serie zu sein, jetzt sei sie "zufrieden" mit dem Erreichten.

Swiatek hatte auf der WTA-Tour seit Monaten nach Belieben dominiert, sechs Turniere inklusive der French Open gewonnen und sich an die Spitze der Weltrangliste gesetzt. Mit dem Rasen in Wimbledon fremdelte sie jedoch, schon in der zweiten Runde musste sie gegen die Außenseiterin Lesley Pattinama Kerkhove aus den Niederlanden über drei Sätze gehen.

Gegen Cornet (32) war Endstation. Die Nummer 37 im Ranking spielt im All England Club ihr 62. Grand-Slam-Turnier nacheinander und stellt damit die Bestmarke der Japanerin Ai Sugiyama ein. Für sie war es der vierte Sieg über eine Weltranglistenerste, 2014 hatte sie ebenfalls in der dritten Runde die topgesetzte Serena Williams (USA) geschlagen. Das Achtelfinale damals war ihr bislang bestes Resultat in Wimbledon.

Wimbledon: Mitfavoritin Gauff verliert in der dritten Runde

French-Open-Finalistin Coco Gauff ist ebenfalls bereits in der dritten Runde ausgeschieden. Die 18-Jährige aus den USA verlor auf dem Centre Court gegen ihre Landsfrau Amanda Anisimova (20) 7:6 (7:4), 2:6, 1:6. Gauff galt nach ihren Erfolgen in Paris als Mitfavoritin, im All England Club hatte sie schon zweimal (2019 und 2021) das Achtelfinale erreicht.

Dort steht nun Anisimova, so wie in diesem Jahr bereits bei den Australian Open und in Roland Garros. Für ihren zweiten Einzug in ein Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers müsste sie Harmony Tan bezwingen. Die Weltranglisten-115. aus Frankreich setzte ihren Lauf bei ihrem Wimbledondebüt nach dem Sieg über Serena Williams (USA) fort.

Die Weltranglisten-115. ließ am Samstag der Britin Katie Boulter beim 6:1, 6:1 keine Chance und erreichte das Achtelfinale. Tan spielt zum ersten Mal in Wimbledon, auf Grand-Slam-Ebene war die 24-Jährige bislang nie über die zweite Runde hinausgekommen. Am Dienstag hatte sie die 23-malige Majorsiegerin Williams bei deren Comeback nach einjähriger Pause in drei Sätzen bezwungen.

In der Runde der besten 16 stehen damit drei Spielerinnen, die im Ranking jenseits der Top 100 geführt werden: Neben Tan überraschten im All England Club auch Tatjana Maria (Bad Saulgau/Nr. 103) und Heather Watson (Nr. 121). Die Britin trifft am Sonntag auf Wimbledondebütantin Jule Niemeier (Dortmund/Nr. 97).

Wimbledon: Niemeier mit Petkovic im Doppel ausgeschieden

Wimbledon-Überraschung Jule Niemeier ist einen Tag vor ihrem Einzel-Achtelfinale im Doppelwettbewerb ausgeschieden. Die 22-Jährige aus Dortmund verlor an der Seite der zwölf Jahre älteren Andrea Petkovic (Darmstadt) gegen Xu Yifan/Yang Zhaoxuan (China/Nr. 9) 3:6, 6:0, 5:7. Dabei vergab das deutsche Duo einen Matchball.

Niemeier hat bei ihrem Debüt im All England Club bereits drei Einzel gewonnen und trifft am Sonntag auf dem Centre Court (14.30 Uhr MESZ/Sky) auf die Britin Heather Watson.

Die Nummer 121 der Tennis-Weltrangliste, die wie Niemeier erstmals im Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers steht, gewann am Samstag ihr Doppel mit Harriet Dart, verzichtete anschließend aber auf das Mixed mit ihrem Landsmann Ken Skupski - offiziell wegen einer Knieverletzung.

Wimbledon, Tag 6: Die Top-Matches im Überblick

  • Damen:
UhrzeitSpielerin 1Spielerin 2Ergebnis
14.30 UhrCoco Gauff (USA/11)Amanda Anisimova (USA/20)7:6, 2:6, 1:6
16 UhrPaula Badosa (ESP/4)Petra Kvitova (CZE/25)7:5, 7:6
16 UhrIga Swiatek (POL/1)Alize Cornet (FRA)4:6, 2:6
16 UhrPetra Martic (CRO)Jessica Pegula (USA/8)6:2, 7:6
  • Herren:
UhrzeitSpieler 1Spieler 2Ergebnis
14 UhrTaylor Fritz (USA/11)Alex Molcan (SVK)6:4, 6:1, 7:6
17.30 UhrLorenzo Sonego (ITA/27)Rafael Nadal (ESP/2)1:6, 2:6, 4:6
17.30 UhrNick Kyrgios (AUS)Stefanos Tsitsipas (GRE/4)6:7, 6:4, 6:3, 7:6