Australien Open: Barty-Party in Melbourne - Kyrgios/Kokkinakis krönen Doppel-Show mit Titel

SID
Ashleigh Barty im Einzel und Nick Kyrgios im Doppel: Australien durfte sich über gleich zwei Grand-Slam-Titel freuen.
© imago images

Ashleigh Barty wird ihrer Favoritenrolle gerecht und gewinnt die Australian Open durch einen Zweisatzsieg im Endspiel über die Amerikanerin Danielle Collins. Es ist der erste Heimsieg Down Under seit 1978. Die Publikumslieblinge Nick Kyrgios und Thanasi Kokkinakis haben ihre Doppel-Show derweil mit dem überraschenden Titelgewinn gekrönt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Als die jahrzehntelange Leidenszeit in der Rod Laver unter ohrenbetäubendem Jubel zu Ende ging, ließ auch Ashleigh Barty jegliche Zurückhaltung fallen. Die Nummer eins der Tenniswelt warf den Kopf in den Nacken und brüllte wie von Sinnen ihre Freude heraus - der immense Erwartungsdruck einer ganzen Nation fiel von ihren Schultern ab und die große Barty-Party in Melbourne konnte starten. Erstmals seit 44 Jahren stellt die stolze Sportnation Australien wieder eine Siegerin beim Heim-Grand-Slam.

"Das ist einfach ein Traum, der wahr geworden ist. Ich bin so stolz, ein Aussie zu sein", sagte Barty nach dem 6:3, 7:6 (7:2) gegen die US-Überraschung Danielle Collins. Aus den Händen ihres großen Idols Evonne Goolagong Cawley, selbst viermalige Australian-Open-Siegerin und wie Barty mit indigenen Wurzeln, nahm sie strahlend den Daphne Akhurst Memorial Cup entgegen.

So emotional wie nach dem Matchball hatte man die 25-Jährige aus Queensland bei keinem ihrer Grand-Slam-Titel erlebt - weder 2019 beim Premierensieg bei den French Open, noch im Vorjahr beim Klassiker in Wimbledon. Doch schon bei ihrer Siegerinnen-Rede auf dem Court zeigte Barty wieder all diese Bescheidenheit, für die die Australier ihre "Ash" so lieben.

Sie gratulierte Collins, dankte Organisatoren, Schiedsrichtern, Ballkindern sowie Fans, und richtete liebevolle Worte an ihre Eltern und Schwestern auf der Tribüne. Über ihre eigenen herausragenden Leistungen wollte sie im größten Moment ihrer Karriere kaum Worte verlieren. "Ich habe solch ein Glück, dass so viele Leute hier sind, die mich lieben und unterstützen", sagte Barty gerührt.

Barty vs. Collins: Glatter erster, knapper zweiter Satz

In der Rod Laver Arena kannte der Jubel der knapp 12.000 Fans keine Grenzen, vor dem Stadion feierten Tausende ohne Ticket ihre Heldin. Auf der Tribüne erhoben sich nach der australischen Sternstunde auch Legende Rod Laver und Christine O'Neil, die 1978 als letzte Australierin beim Heimspiel triumphiert hatte, von den Sitzen.

In ihrem dritten Grand-Slam-Finale war Barty aber immer wieder Nervosität anzumerken gewesen, nachdem sie zuvor fulminant durchs Turnier gerauscht war. Mit Cleverness und Variabilität konterte sie zunächst jedoch Collins' Power.

Aber auch nach dem verlorenen ersten Satz ließ die Nummer 30 der Welt nicht locker, ging auch begünstigt von einfachen Fehlern Bartys sogar 5:1 in Führung und schlug zum Satzgewinn auf. Doch dann drehte Barty auf und war mit dem frenetischen Publikum im Rücken nicht mehr zu bremsen.

Schon seit dem ersten Turniertag war Barty die große Favoritin gewesen, eine ganze Nation erwartete den Titel - ein Druck, dem sie in ihrer Karriere nicht immer standgehalten hatte. Nach den US Open 2014 nahm sie sich ausgebrannt eine Auszeit, spielte professionell in der Heimat Cricket und fand so den Spaß am Sport wieder.

Barty dominiert die Spitze der Weltrangliste

2020 wie auch zum Ende der vergangenen Saison nahm sich Barty ebenfalls längere Pausen, um während der Corona-Pandemie mehr Zeit bei ihrer Familie verbringen zu können. Aus diesen Auszeiten zieht Barty viel Kraft, am Montag geht sie in ihre 113. Woche als Führende der Weltrangliste - nur sechs Spielerinnen schafften mehr.

Collins verpasste hingegen in ihrem ersten Major-Finale ihren ersten großen Titel. Doch schon die starken Auftritte in Melbourne sind der größte Erfolg ihrer Karriere - denn die 28-Jährige hatte in den vergangenen Jahren gleich mit zwei chronischen Krankheiten, rheumatoide Arthritis und Endometriose, zu kämpfen. Trotz der Niederlage wird sie ab Montag erstmals in die Top 10 des Rankings einziehen und als beste US-Amerikanerin platziert sein.

Kyrgios und Kokkinakis gewinnen in Melbourne

Die beiden australischen Wildcard-Starter, die dem Wettbewerb mit ihren unterhaltsamen und emotionalen Auftritten eine ungeahnte Aufmerksamkeit beschert hatten, gewannen am Samstag das Finale gegen ihre Landsleute Matthew Ebden und Max Purcell mit 7:5, 6:4.

Für Kyrgios und Kokkinakis war es der jeweils erste Grand-Slam-Titel - und für Australien das zweite Tennis-Highlight binnen weniger Stunden. Vor dem Doppel-Finale in der Rod Laver Arena hatte Ashleigh Barty als erste Australierin seit 1978 den Einzel-Titel in Melbourne gewonnen.

Erstmals seit 1980 hatten im Doppel-Finale des Heim-Grand-Slams vier Australier den Titel unter sich ausgemacht. Mit ihren unkonventionellen Auftritten hatten die beiden Freunde Kyrgios und Kokkinakis bei ihren Matches für grandiose Stimmung gesorgt. Auch der übertragende TV-Sender Nine berichtete von für Doppel-Verhältnisse außerordentlich hohen Einschaltquoten Down Under.

Auf ihrem Weg hatten die "Special Ks" vier gesetzte Teams ausgeschaltet, neben dem topgesetzten Duo Nikola Mektic/Mate Pavic (Kroatien) auch im Viertelfinale den deutschen Doppelspezialisten Tim Pütz (Frankfurt/Main) und dessen neuseeländischen Partner Michael Venus. Die wilde und auch provokative Art vor allem von Kyrgios kam aber nicht nur gut an. Pütz sprach von "unsportlichem" Verhalten, Venus attestierte Kyrgios "die Reife eines Zehnjährigen".

Der eigenwillige Kyrgios hatte sich in Melbourne nach eigener Aussage auf eine spezielle Mission begeben. Der 26-Jährige aus Canberra, auch schon mal als Bad Boy des Tennis bezeichnet und in der Einzel-Weltrangliste auf Platz 115 abgerutscht, wollte seine Landsleute nach den enormen Corona-Strapazen glücklich machen und bestens unterhalten.

Australian Open: Die Siegerinnen der letzten 20 Jahre

2003: Serena Williams (USA)

2004: Justine Henin-Hardenne (Belgien)

2005: Serena Williams (USA)

2006: Amelie Mauresmo (Frankreich)

2007: Serena Williams (USA)

2008: Maria Scharapowa (Russland)

2009: Serena Williams (USA)

2010: Serena Williams (USA)

2011: Kim Clijsters (Belgien)

2012: Viktoria Azarenka (Weißrussland)

2013: Viktoria Azarenka (Weißrussland)

2014: Li Na (China)

2015: Serena Williams (USA)

2016: Angelique Kerber (Kiel)

2017: Serena Williams (USA)

2018: Caroline Wozniacki (Dänemark)

2019: Naomi Osaka (Japan)

2020: Sofia Kenin (USA)

2021: Naomi Osaka (Japan)

2022: Ashleigh Barty (Australien)

Artikel und Videos zum Thema