Djoker gewinnt kuriosen Final-Krimi

Novak Djokovic war in einem dramatischen Finale der nervenstärkere Spieler
© getty

Das nennt man Dominanz! Novak Djokovic hat bei den US Open nach den Australian Open und Wimbledon sein drittes Grand-Slam-Turnier diesen Jahres gewonnen. Im Finale lieferte er sich mit Roger Federer wieder einmal einen Krimi und triumphierte in vier Sätzen mit 6:4, 5:7, 6:4, 6:4. Der Schweizer muss sich am Ende über etliche liegengelassene Chancen ärgern.

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Vor allem in den Sätzen 2 und 3 war der Weltranglistenzweite Federer über weitere Strecken der stärkere Spieler und diktierte zumeist das Tempo. Er ließ allerdings unglaublich viele Breakchancen liegen (4/23, 17 Prozent) und leistete sich insgesamt ganze 54 Unforced Errors - zu viel gegen Djokovic, der seinerseits 6 seiner 13 Chancen nutzen konnte.

Der Weltranglistenerste aus Serbien spielte den Großteil der Partie nicht überragend, seine Nervenstärke machte jedoch im Vergleich zu Federer den Unterschied und bescherte ihm den 10. Grand-Slam-Titel seiner Karriere und den dritten in diesem Jahr. Djokovic zieht damit in der Bestenliste des Tennis-Sports mit dem US-Amerikaner Bill Tilden gleich. Nur sechs Spieler haben mehr Siege bei den vier Majors einfahren können.

Darunter bekanntlich auch Federer, der mit 17 Grand-Slam-Titel der erfolgreichste Tennis-Spieler aller Zeiten ist. Auf die Nummer 18 muss er nun aber schon seit über drei Jahren warten. Die Bilanz im Privatduell Djokovic-Federer ist nun wieder ausgeglichen mit 21:21.

Die Reaktionen

Novak Djokovic: "Ich genieße dieses Jahr mehr als die vorigen, weil ich ein Ehemann und Vater bin. Das macht alles noch schöner. Dieser Abend ist wirklich unglaublich für mich. Ich bewundere Roger und alles, was er für diesen Sport tut."

Roger Federer: "Ich liebe diesen Sport. Dieser ganze Amerika-Trip war fantastisch. Es zurück ins Finale zu schaffen, ist das, was man erreichen möchte. Es ist immer eine besondere Herausforderung gegen einen Champion wie Novak zu spielen. Das war ein weiterer großer Sieg für ihn. Ich sehe euch im nächsten Jahr!"

Der Spielfilm

Satz 1

Liegt's an der Regenpause? Federer wankt bei seinen ersten beiden Aufschlagspielen und kann Djokovic kaum überwinden, bereits sein zweites Service muss er abgeben. Zu Beginn scheint Nole wesentlich fokussierter zu sein und diktiert das Spiel - bis er beim Stand von 2:1, 0:15 aus seiner Sicht böse ausrutscht, sich Arm und Bein aufreißt und kurzfristig den Faden verliert. Die nächsten beiden Spiele gehen an Federer.

Lange bleibt das Momentum aber nicht auf seiner Seite. Djokovic schüttelt sich kurz und holt umgehend das nächste Break. FedEx kann seine Fehleranfälligkeit nicht ablegen und verschlägt Bälle, die er das ganze Turnier über bis dato getroffen hat. Er schnuppert noch einmal am Break, kann die Chance aber nicht nutzen - und so verliert er nach 41 Minuten seinen ersten Satz dieser US Open. Abgesehen von Djokovic' kurzem Wackler ist das bisher ein Klassenunterschied, was auch die Zahlen belegen: Federer hat 15 Unforced Errors bei 11 Winners, der Djoker liegt bei 8 und 7.

Satz 2

Federer wird mutiger und startet im zweiten Durchgang besser - mit dem eigenen Service und auch beim nächsten Spiel. Erstmals packt er den viel diskutierten SABR-Return aus und schnappt sich umgehend Breakchancen, die Djokovic aber allesamt abwehrt. Dennoch wirkt die Partie nun mehr auf Augenhöhe, das Niveau der Ballwechsel steigt deutlich an. Beide Spieler bringen ihre Aufschlagspiele in der Folge schnell durch, lange kommt keiner der Kontrahenten in die Nähe eines Breaks.

Novak Djokovic - Roger Federer: Das Finale im RE-LIVE

Beim 4:5 aus Sicht von Djokovic ändert sich das. Der Serbe schwankt merklich, doch Federer nutzt seine Chancen nicht - nach sage und schreibe 14 Minuten geht das Spiel doch an Nole. FedEx lässt sich dennoch nicht beirren, attackiert auch im nächsten Aufschlagspiel des Serben und kann den vierten Satzball endlich verwerten. Er hat sich den Satzgewinn in jedem Fall verdient - es war bereits seine neunte Breakchance in diesem Satz.

Satz 3

So schnell kann es gehen. Federer kommt besser in den Satz und hat bei eigenem Aufschlag zwei Spielbälle. Er leistet sich zwei Fehler, legt dann bei Einstand einen Doppelfehler nach - und schon liegt der Serbe mit Break vorn. Federer kontert allerdings per Rebreak und anschließendem Service-Game. Wirklich souverän agiert derzeit keiner, den besseren Eindruck hinterlässt dennoch Roger.

Der Djoker wirkt regelrecht instabil. Bei seinem nächsten Aufschlagspiel führt er bereits mit 40:0, doch sein Aufschlag verlässt ihn - wieder kommt Federer an Breakbälle, aber Djokovic übersteht sie. Und erneut kann man nur sagen "so schnell kann es gehen" - denn nun schlägt Nole zurück. Federer kann mehrfach den Sack zumachen, er schafft es aber nicht und gibt wie aus dem Nichts seinen Aufschlag ab.

Unglaubliches dann im nächsten Spiel: Zwei Breakchancen für Federer, eine Wahnsinns-Rally beim 30:40, und dann setzt er eine Rückhand denkbar knapp ins Aus. Sekunden später schnappt sich Djokovic diesen Satz, obwohl er in fast allen statistischen Kategorien unterlegen war. Nicht zu fassen!

Satz 4

Geht es jetzt ganz schnell dahin? Djokovic nimmt Federer bereits dessen ersten Aufschlag ab und zeigt auch danach vorerst keine Schwächen - es scheint, als könnte er seinen zehnten Titel nun bereits riechen. Das Publikum versucht dennoch bei jeder Gelegenheit, Federer zurück ins Spiel zu holen, dementsprechend laut wird es bei seiner Breakchance beim Stand von 2:3 aus seiner Sicht.

Federer schenkt sie allerdings erneut her und verliert das Spiel. Im nächsten Service-Game macht es Nole besser - FedEx will Serve-and-Volley spielen, doch der Serbe feuert den Ball an ihm vorbei ins Feld! Das war die Entscheidung. Das denkt man zumindest: Tatsächlich verkürzt Federer aber umgehend auf 4:5 und hat dann sogar erneut Breakchancen! Das Arthur Ashe Stadium tobt - aber Djokovic nicht. Der Serbe hält erneut dagegen und nutzt seinen ersten Matchball direkt. Grand Slam Nummer 10 für Djokovic!

Schlag des Spiels: Djokovic' Lobball

Was war im Vorfeld nicht alles über Federers neue Wunderwaffe gesprochen worden, den sogenannten SABR. Der Schweizer packte diesen Halbvolley-Return im zweiten Satz auch tatsächlich ein paar Mal aus, Djokovic konterte aber mehrfach meisterhaft per Lob und gewann damit jeden Punkt. In der Folge wurde die "Wunderwaffe" direkt wieder eingemottet und nicht mehr eingesetzt. Irgendwie keine Überraschung, dass der beste Konterspieler der Welt die Lösung als Erster gefunden hat.

Ballwechsel des Spiels

Es gab mehrere dieser Ballwechsel, aufgrund seines Symbolcharakters soll hier aber der Federer-Breakball aus dem vierten Satz bei 2:3 aus seiner Sicht genannt werden. Djokovic ging über den zweiten und wurde umgehend von Federer attackiert, der die Kontrolle über den Ballwechsel übernahm und nach und nach seinen Angriff vorbereitete. Er legte sich Djokovic mit mehreren gut platzierten Schlägen zurecht und konnte dann per Vorhand-Cross alles klar machen. Nur gelang ihm das nicht - haarscharf setzte er den Ball neben die Linie. Diese Art von Ballwechsel war nicht die spektakulärste des Spiels, aber die entscheidende: Bei mehr Präzision in diesen Situationen hätte Federer dieses Match wohl gewonnen.

Das fiel auf

  • Das Match verzögerte sich dank starken Regens in New York um über 3 Stunden - keine leichte Situation für die Spieler, trotz aller Erfahrung. Bei Federer zeigte sich das zu Beginn stark, gleich im ersten Spiel leistete er sich fünf Unforced Errors und ließ drei Breakbälle zu. Ab dem nächsten Jahr wird es dieses Problem zum Glück nicht mehr geben, wenn auf dem Arthur Ashe endlich ein Dach installiert wird.
  • Über zwei Wochen begeisterte Federer mit unglaublich effektivem Spiel. Er hielt Ballwechsel bewusst kurz und legte sich die Gegner brillant zurecht. Beim Djoker geht das aber bekanntlich nicht so leicht - der Mann bringt die besten Returns und Konterschläge der Welt, nur ganz selten kann man ihn überrumpeln. Das zeigte sich auch in diesem Finale wieder. Federer kam vor allem zu Anfang kaum an einfache Punkte und wurde immer wieder in längere Rallies gezwungen, die dem Serben bekanntlich mehr liegen.
  • Während Federer im ersten Satz einfach nicht auf dem Level seines Gegners war, agierte er spielerisch im zweiten Durchgang mindestens ebenbürtig. Aus Sicht der etlichen FedEx-Fans im Publikum war es daher umso frustrierender, wie fahrlässig der Schweizer mit seinen Chancen umging. Ein vergebener Schmetterball hier, eine ins Netz gepfefferte Vorhand da - seine Quote bei Breakchancen sprach für sich (17 Prozent!). Gegen Tennis-Roboter Djokovic rächt sich das in der Regel, und es rächte sich auch in diesem Finale, vor allem in den letzten beiden Sätzen.
  • A propos Roboter: Djokovic hat ja bereits viel Erfahrung damit, das Publikum bei Spielen gegen Federer gegen sich zu haben - egal bei welchem Turnier auf dieser Welt. Dennoch war es wieder mal beeindruckend, wie unbeeindruckt er sich davon zeigte und wie konzentriert er auftrat. Er spielte über weite Strecken nicht sein bestes Tennis, schlug aber in den entscheidenden Momenten immer wieder zu. Bedingt durch FedEx' hohe Fehlerquote, aber eben auch durch die eigene mentale Stärke. Diese hebt ihn nach wie vor von allen anderen Spielern der Tour ab.

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