No more Mr. Sharapova

Von Ole Frerks
Grigor Dimitrovs Freundin Maria Sharapova ist einfach überall
© twitter

Grigor Dimitrovs Talent steht außer Frage und verleitete Experten schon vor Jahren zu Superlativen. Trotzdem blieb er lange Zeit primär "der Typ von Maria Sharapova". Mittlerweile scheint er jedoch bereit für den Angriff auf die Weltspitze - auch dank der Hilfe seiner berühmten Freundin.

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Grigor Dimitrov ist happy - und vor allem völlig fertig mit der Welt. "Mein Wille ist das einzige, was mich heute im Spiel gehalten hat", sagt er. Fast drei Stunden lang stand er am Sonntagmorgen auf dem Court, das zweite Marathon-Match innerhalb von 24 Stunden. Es hat sich gelohnt.

Nach einem eindrucksvollen Halbfinal-Sieg über Andy Murray ringt der Bulgare auch Kevin Anderson in einem Krimi nieder und sackt den zweiten Titel seiner Karriere ein. In Acapulco stellt er unter Beweis, was in der Tennis-Szene schon länger erwartet wird: Dimitrov ist endlich bereit für den Angriff auf die Top 10.

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach dem Spiel gestern Nacht noch einmal so etwas überstehen könnte. Ich bin wirklich glücklich. Dieser Titel bedeutet mir eine Menge." Am Montag gab die ATP bekannt, dass er damit auf Rang 16 in der Weltrangliste vorrückt - die beste Platzierung seiner bisherigen Karriere.

Es ist wohl nur ein Zwischenstopp für den herausragend talentierten 22-Jährigen, dessen Ziel auf Sicht Platz eins in der Weltrangliste ist. Schon als Teenie wurde ihm eine Zukunft vorhergesagt, die rosiger nicht hätte aussehen können. Die ersten Jahre seiner ATP-Karriere waren allerdings von Aufs und Abs geprägt.

Besser als Federer

"Grigor Dimitrov ist der neue Roger Federer." Wir schreiben das Jahr 2009, als sein damaliger Trainer Peter Lundgren sich zu dieser Aussage hinreißen lässt. Ein Sakrileg, eigentlich. Und in jedem Fall ziemlich viel Vorschusslorbeeren für einen 17-Jährigen, der erst im Vorjahr Profi wurde. Andererseits hatte Lundgren auch FedEx in dessen jungen Jahren betreut und sich damit natürlich eine gewisse Glaubwürdigkeit verdient.

In einem Gespräch mit dem britischen "Guardian" argumentiert Lundgren damals wie folgt: "Grigor hat alle Schläge im Arsenal. Den Aufschlag, den Slice, Topspin, alles. Er muss nur körperlich stärker werden. Er hat das Feuer, den Siegeswillen." Und, nicht zu übersehen: "Er ist besser als Federer in diesem Alter."

Die Parallelen im Spiel sind in der Tat offensichtlich: Dimitrovs Lieblingsschlag ist der Rückhand-Longline, den er freilich einhändig spielt. Er spielt am liebsten auf Rasen und Hartplatz. Und auch seine Vorhand- und Aufschlagbewegungen erinnern ziemlich stark an einen gewissen Schweizer, der den Tennissport über viele Jahre dominierte.

Zudem hatte er im Jahr 2008 bereits die Junioren-Turniere von Wimbledon und bei den US Open gewonnen. Einer breiten Öffentlichkeit präsentierte er sich erstmals 2009 in London bei einem Krimi gegen Gilles Simon (ironischerweise ebenfalls mal als neuer Federer gehandelt), den er als Wild-Card-Inhaber knapp verlor. Damals schien klar: Dimitrov ist ein Superstar in Warteschleife.

Aufstieg mit Umwegen

Fünf Jahre später hat sich an der Ausgangslage im Prinzip nicht viel geändert. Er ist nur eben nicht mehr 17, sondern 22 Jahre alt. Mittlerweile ist er in den Top 20 angekommen, der Aufstieg verlief indes lange nicht so rasant, wie man es vielleicht hätte erwarten können.

Zwar sorgte Dimitrov über die Jahre immer mal wieder mit starken Spielen für Aufsehen - den Großteil an Schlagzeilen produzierte er allerdings abseits des Courts, mit vier Trainerwechseln innerhalb von drei Jahren, einer (harmlosen) Attacke auf einen Schiedsrichter und natürlich mit seiner Beziehung zu Maria Sharapova.

Bei Dimitrov ist immer viel los gewesen - zu viel manchmal, um sich komplett auf das Spiel und seine Entwicklung zu konzentrieren. Schlagzeilen produzierte er beispielsweise dann, wenn er gemeinsam mit seinem Kumpel Novak Djokovic Sharapova imitierte. Witzig, ja, auch sympathisch; allerdings wirkte es teilweise, als würde ihm das ganze Drumherum mehr bedeuten als der Tennissport an sich.

Ironischerweise hilft ihm ebenjene Person dabei, professioneller zu werden, die ihm zu so viel Popularität verholfen hat: "Er arbeitet härter und Talent hat er sowieso. Es ist schwer zu glauben, dass er bisher noch nie die zweite Woche eines Grand-Slam-Turniers erreicht hat. Sharapova hilft ihm", bemerkte "Eurosport"-Experte Greg Rusedski im Sommer letzten Jahres eine Veränderung zum Guten bei Dimitrov.

Starker Start ins Jahr 2014

In der Tat scheint es mittlerweile "Klick" gemacht zu haben bei Dimitrov. Im Oktober präsentiert er mit Roger Rasheed einen neuen Coach, mit dem er offensichtlich sehr gut zurechtkommt. Nur eine Woche später gewinnt er in Stockholm gegen David Ferrer sein erstes ATP-Finale. Als erster Bulgare überhaupt.

Zum Start der Saison 2014 präsentiert sich Dimitrov dann besser denn je. Bei den Australian Open erreicht er erstmals ein Grand-Slam-Viertelfinale und bringt Branchenprimus Rafael Nadal an den Rand einer Niederlage, auch wenn er am Ende in vier Sätzen scheitert.

Im Tiebreak des dritten Satzes vergibt er dabei eine Riesenchance zur 2:1-Satzführung mit einer Vorhand, die normalerweise zu den leichteren Aufgaben gehört hätte. "Ich hatte dermaßen viel Glück im dritten Satz", muss Nadal nach dem Match zugeben.

Nach dem Fehler findet Dimitrov nicht mehr zurück zu seinem Spiel, aber man wurde den Eindruck nicht los, dass er noch einige Gelegenheiten bekommen wird, um es besser zu machen. In Sachen Toughness hat er bereits einen riesigen Schritt in Richtung Weltklasse gemacht, wie bei den Mexican Open in Acapulco gerade erst wieder zu bestaunen war.

The sky is the limit

Beim Masters in Indian Wells, das am Donnerstag beginnt, wird er versuchen, weiter für Furore zu sorgen, weiter zu klettern, weiter seinen eigenen Namen zu machen, Schritt für Schritt. Beim Race to London, das nur die Resultate dieser Saison mit einbezieht, belegt er bisher Platz sechs hinter Wawrinka, Nadal, Berdych, Federer und Ferrer.

Nadal sagt über ihn: "Wenn er so weiter macht, wird er normalerweise irgendwann ganz an der Spitze stehen." James Blake sieht das ganz ähnlich: "Für ihn ist alles möglich. Wenn ich nur einen Spieler auswählen müsste, dessen Spiel mich wirklich fasziniert, dann ist es Dimitrov."

Seine Siegerpose erinnerte in Acapulco übrigens fast schon beängstigend stark an Federer, als dieser erstmals ein Grand-Slam-Turnier gewann. Das kann ja kein schlechtes Zeichen sein.

Grigor Dimitrov im Steckbrief