SPOX: Eine spezielle Auslandserfahrung haben Sie 2005 in der amerikanischen Champ-Car-Serie gemacht. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Glock: Ich bin damals als 22-Jähriger in die USA gekommen und war in diesem riesigen Land erst mal auf mich alleine gestellt. Das war schon eine Umstellung. Aber ich will diese Zeit nicht missen. Ich habe als Mensch und Rennfahrer einiges dazugelernt und eine tolle Entwicklung durchgemacht.
SPOX: Viele Piloten, die in den USA gefahren sind, schwärmen häufig von den Fans.
Glock: Dem kann ich nur beipflichten. Die Zuschauer sind auf der einen Seite sehr enthusiastisch, wissen aber auch ganz genau, wann man die Fahrer besser in Frieden lassen sollte. Es ist ein entspanntes Miteinander. Im Gegensatz zur Formel 1 sind die Fans auch nicht so abgeschottet, sondern eher Teil des Geschehens.
SPOX: In der DTM wird wie in den amerikanischen Rennserien häufig betont, dass der Fahrer - anders als in der Königsklasse - den Unterschied machen kann.
Glock: Das stimmt und ist auch ein Grund, warum ich den Wechsel positiv sehe. Natürlich kann man auch in der DTM ohne ein funktionierendes Auto und ein gutes Team keinen Erfolg haben. Aber der Fahrer steht dabei mehr im Fokus.
SPOX: In der Vergangenheit konnten ehemalige Formel-1-Fahrer wie Ralf Schumacher oder David Coulthard in der DTM kaum überzeugen. Schätzen Sie Ihren Wechsel als Risiko ein?
Glock: Nein, ich werde alles geben, um mich besser zu schlagen als meine Vorgänger. Und was wäre denn die Alternative gewesen? Im schlimmsten Fall wäre ich in Melbourne auf einmal ohne Cockpit dagestanden.
SPOX: Sind Sie bei Marussia ein Opfer der aktuellen Entwicklung geworden, dass immer mehr Teams in der Formel 1 auf Paydriver setzen?
Glock: Das ist nun mal der Lauf der Dinge. Für die kleineren Teams wird es immer schwieriger, Sponsoren an Land zu ziehen und damit finanziell zu überleben. Das Geld von Bernie Ecclestone reicht hinten und vorne nicht. Nur die Top-Teams bekommen ein großes Stück vom Kuchen ab.
SPOX: Liegt darin das große Übel?
Glock: Das ist eines der Probleme und macht für den Sport an sich eigentlich keinen Sinn. Es bringt nichts, wenn zwei, drei Teams vorne dominieren, der Rest aber mit zwei Sekunden oder mehr abfällt. Auch die Fans leiden darunter. Man darf deswegen aber nicht alles an den Paydrivern festmachen. Solche Piloten gab es schon immer. Man muss jedoch zugeben, dass es derzeit überhandgenommen hat. Mittlerweile weiß jeder, wie viel Geld die einzelnen Fahrer mitbringen, das geht meistens in die zweistelligen Millionenbeträge rein.
SPOX: Gibt es denn einen Lösungsansatz, um diesen Teufelskreis zu brechen?
Glock: Die Verantwortlichen müssen versuchen, dass die Schere zwischen arm und reich nicht noch größer wird. Die Teams dürfen sich gleichzeitig nicht herumschubsen lassen. Andere Sportarten machen es vor, wie es gehen kann. Ein gutes Beispiel ist die NASCAR-Serie. Alle Teams werden ordentlich am Geldtopf beteiligt und selbst die erfolglosen Fahrer verdienen gut.
SPOX: Für Sie persönlich war es nicht das erste Mal, dass Ihr Team in finanzielle Engpässe geraten ist. Stichwort Jordan im Jahr 2005. Hadern Sie mit Ihrem Schicksal?
Glock: Nein, ich bin ja mit offenen Augen durch die Welt gelaufen. Irgendwann musste ich die Reißleine ziehen. Wir hatten nicht nur finanzielle Probleme, sondern auch sportlich war keine Entwicklung zu erkennen. Man muss immer realistisch bleiben. Außerdem bedeutet mehr Geld auch nicht gleich mehr Erfolg, das habe ich bei Toyota am eigenen Leib erfahren müssen. Aber das gehört nun der Vergangenheit an, die DTM ist meine Zukunft.
Der DTM-Kalender 2013