"Dir zieht es das Gehirn raus"

SID
BMW-Pilot Martin Tomczyk liebt es, im Flieger des Air Race mitzufliegen
© Getty

DTM-Champion Martin Tomczyk ist nach seinem Wechsel von Audi eines der Aushängeschilder von DTM-Rückkehrer BMW. In seiner SPOX-Kolumne gewährt der Bayer Einblicke hinter die Kulissen des Motorsports sowie in seine Interessen abseits der Rennstrecke. Teil 2 beantwortet die Frage, was ein Rennfahrer eigentlich im Winter macht.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Hallo Motorsport-Fans!

Endlich fahren wir Rennen! Die Monate des Wartens und Testens sind vorbei. Der Weg von meinen Meisterfeiern im Herbst zum ersten Rennen für BMW war lang, aber auch sehr interessant.

Einige von Euch wird vielleicht interessieren, was ein Rennfahrer wie ich den ganzen Winter über treibt, wie ich trainiere, wie ich abschalte und was ich auf meinen unzähligen PR-Events so erlebe. Hier mal ein kleiner Einblick.

Erst Rotwein, dann wieder schwitzen

Nach meinem Meistertitel war es eine besondere Situation. Ich war fast zwei Monate permanent unterwegs und bin von einem Interviewtermin zum nächsten gerannt. Da blieb relativ wenig Zeit zu trainieren.

Wenngleich ich mir sowieso direkt nach der Saison immer eine Pause gönne, in der ich mir auch das eine oder andere Glas Rotwein nicht verkneifen muss - besonders natürlich, wenn es wie diesmal so viel zu feiern gibt.

Ich bin aber auch in dieser Zeit kein Typ, der einfach mal drei Wochen lang auf der faulen Haut liegen kann. Sonst könnte man im Motorsport auch keinen Erfolg haben. Ich bin durch meinen Job in einem solchen Rhythmus, dass es irgendwann in mir kribbelt und ich sage: Ich muss jetzt schwitzen!

Viele von Euch kennen bestimmt auch das Gefühl, wenn man nach dem Sport geduscht hat und vielleicht noch in der Sauna war. Das hat so etwas Befreiendes. Das brauche ich einfach.

Ich passe kaum ins DTM-Auto

Ich gebe mir immer eine Karenzzeit bis Ende November. Anfang Dezember fange ich dann mit dem intensiven Training an, wobei ich weiß, dass Weihnachten und Silvester das Training auch meistens einen Tick zu kurz kommt. Da sind wir alle auch nur Menschen.

Danach geht es aber Januar, Februar, März nonstop durch, weil wir nur in dieser Phase die Zeit haben, unseren Wochenplan durchzuziehen.

Der beinhaltet bei mir hauptsächlich Konditionstraining. Krafttraining mache ich weniger, weil ich nicht zu viel Muskelmasse aufbauen will. Ich würde in die Breite gehen, was bei meiner Größe ganz schlecht wäre. Ich passe ja so schon kaum in ein DTM-Auto!

Im Sommer heißt es: Form halten

Speziell in diesem Jahr hatten wir die BMW Fitnesswoche, in der unsere körperliche Verfassung komplett analysiert wurde. Laktatwerte, Körperbau, alles. Das gab es bei Audi auch, aber in etwas anderer Form als jetzt bei BMW. Von daher war die neue Erfahrung extrem interessant.

Ziel ist es, die Fitness vor der Saison auf ein perfektes Level zu bringen. Während der Saison hältst du diesen Stand dann nur noch. Dann steht auch weniger reines Konditionstraining auf dem Programm, sondern ich mache das dann eher mit Ausgleichssportarten. Dazu gehören Squash spielen mit meinem Bruder, Golf, oder auch mal Kartfahren.

Das muss jetzt nicht nochmal sein

Zur sportlichen Vorbereitung und den Testfahrten in den Autos kommen bei uns natürlich jede Menge Events, die BMW sowie unsere Sponsoren organisieren.

Die Bandbreite ist groß. Sie reicht von großartigen Events, von denen ich begeistert bin, bis zu Veranstaltungen, bei denen ich sage: Das muss jetzt nicht noch mal sein.

Super sind immer Events, bei denen wir uns austoben können, vielleicht auch andere Sportler treffen und aktiv sein können. Auf der anderen Seite sind da die Veranstaltungen, bei denen es sehr steif zugeht und man froh ist, nach dem Fünf-Gänge-Menü endlich aufs Hotelzimmer gehen zu können.

Wir werden von BMW zu nichts gezwungen

Aber letztlich gehört das alles zu unserem Job dazu. Und ich mag diese Aufgaben. Die DTM ist auch eine Marketingplattform für die Hersteller, die wir repräsentieren. Entsprechend gerne nehmen wir auch an deren Veranstaltungen teil - auch wenn man manchmal vielleicht lieber zu Hause geblieben wäre.

BMW hat grundsätzlich eine sehr offene Art, mit uns Fahrern die Termine abzustimmen. Wir werden zu nichts gezwungen, sondern einigen uns gemeinsam auf das, was man vor so einer Saison macht und was nicht.

Highlight: Im Flieger des Red Bull Air Race

Mein bisheriges Highlight war der Flug in einer Red Bull Air Race Maschine. Das habe ich jetzt schon vier oder fünf Mal gemacht und es imponiert mir total, was die Piloten leisten.

Als Rennfahrer bist du ja Adrenalin gewöhnt, aber das in dem Flieger ist noch mal eine andere Liga. Da muss selbst ich mich bei 8 G in einem Überschlag und 4 G Negativbeschleunigung zusammenreißen. Du denkst wirklich, dir zieht es das Gehirn durch die Schädeldecke raus. Das ist ein wahnsinniger Kick!

Jetzt zählt aber erst einmal der Kick beim Saisonauftakt im DTM-Auto in Hockenheim. Drückt mir die Daumen! Ich melde mich im Mai wieder.

Bis dahin,

Euer Martin Tomczyk

DTM-Rennkalender: Alle Meisterschaftsläufe im Überblick