Darts-WM - Power Ranking mit Elmar Paulke: Michael van Gerwen vs. Gerwyn Price - und der neue Mensur Suljovic!

Die Top-3 im Power Ranking von SPOX und DAZN: Gerwyn Price, Michael van Gerwen und Nathan Aspinall (v.l.)
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4. Mensur Suljovic (PDC Order of Merit: 11)

Suljovic auf der 4? Das scheint durchaus gewagt, wenn wir bedenken, dass der Österreicher kein berühmtes Jahr hinter sich hat und in der Order of Merit aus den Top 10 gefallen ist. Und im Ally Pally fühlt sich Suljovic doch eh nicht wohl, drei Achtelfinal-Teilnahmen waren bei der WM bislang das Höchste der Gefühle.

Aber: Suljovic hat sich in den letzten Monaten, nachdem er die Anstrengungen der Premier-League-Teilnahme verarbeitet hatte, wieder gefangen. Der Heimsieg bei der Austrian Darts Championship und ein Erfolg auf der Pro Tour waren erste Anzeichen dafür, dass mit Suljovic wieder zu rechnen ist.

Viel wichtiger aber noch: Als SPOX und DAZN "The Gentle" jetzt vor der WM zum Interview trafen und einen wie immer tiefstapelnden Mensur erwarteten, schockte dieser alle (wohl auch sein Umfeld) mit der Ansage, dass er bei dieser WM jetzt total angreifen wolle und alles andere als ein Viertel- oder sogar Halbfinale quasi eine Enttäuschung wäre. War das wirklich Mensur?

Elmar Paulke: "Mensur hat mich bei unserem Interview jetzt vor der WM komplett überrascht. Und nicht nur mich. Seine Haltung ist eine komplett andere geworden. Ich wollte ihn eigentlich fragen, ob er Lust hat, das Halbfinale und Finale mit mir zu begleiten. Da habe ich schon gemerkt, dass er etwas rumdruckst. Nach dem Interview wusste ich auch, warum das so war. Er will das Halbfinale nicht mit mir kommentieren, er will das Halbfinale spielen. Seine Erwartungshaltung ist eine ganz andere als sonst vor einer WM. Mensur ist richtig gierig. Das Gute für ihn ist auch, dass ihn diesmal viele gar nicht so auf der Rechnung haben, das wird ihn entspannter ins Turnier gehen lassen."

Mensur Suljovic will bei der WM so weit kommen wie noch nie.
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Mensur Suljovic will bei der WM so weit kommen wie noch nie.

3. Nathan Aspinall (PDC Order of Merit: 12)

Wir setzen keinen Cross an die 3. Keinen Wright. Keinen Smith. Sondern Nathan Aspinall! Der Mann, der 2015 im World Youth Final gegen Max Hopp verlor, ist inzwischen die 12 der Welt und damit lange noch nicht am Ende der Entwicklung angekommen. Nach seiner sensationellen Halbfinal-Teilnahme (3:6 gegen Smith) bei der letzten WM holte sich Aspinall bei den UK Open (Finalsieg gegen Cross) seinen ersten Major-Titel. Im Sommer ließ der 28-Jährige den Titel beim US Darts Masters (Finalsieg gegen Smith) folgen.

Zuletzt wirkten die Ergebnisse zwar überschaubar, aber das lag auch daran, dass Aspinall einige Male Matches verlor, obwohl er einen Average über 100 spielte. Shit happens! Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass mit Aspinall zu rechnen ist. Sein potenzielles Drittrunden-Match ist zwar extrem tricky (Krzysztof Ratajski), aber danach würde Anderson warten (falls dieser eben überhaupt soweit kommt), danach eventuell der Bully Boy. Ein weiteres WM-Halbfinale für Aspinall wäre da keine Überraschung, nicht im Geringsten.

Elmar Paulke: "Aspinall an der 3 mag viele überraschen, aber ich halte extrem viel von ihm. Für mich ist er 2019 der Spieler, der nach Price die beste Entwicklung genommen hat. Er ist dran an den Top 10, er wird denke ich Premier League spielen im nächsten Jahr - und er ist bereit dafür. Aspinall hat eine tolle Präsenz auf der Bühne bekommen. An dem musst du erstmal vorbeikommen. Er kommt in den Ally Pally zurück, an den Ort, der mit dem WM-Halbfinale sein Leben verändert hat. Ich traue ihm sehr viel zu."

2. Gerwyn Price (PDC Order of Merit: 3)

So klar wie van Gerwen aktuell die Nummer eins ist, so klar ist Price die Nummer zwei. Der Iceman ist heiß, extrem heiß! Erst verteidigte er seinen Titel beim Grand Slam of Darts, dann zog er bei den Players Championship Finals ins Endspiel ein.

Wichtiger noch als der Titel beim Grand Slam war dabei sicher der Halbfinalsieg gegen van Gerwen. Zum ersten Mal konnte Price MvG bezwingen. Die Bilanz ist immer noch eine Katastrophe (1:19), aber diesen einen Sieg musste Price vor der WM haben, damit er wirklich an einen WM-Titel glauben kann. Price hat 2019 den zweitbesten Average (98.23) hinter van Gerwen und die beste Doppelquote auf der Tour (42.97%) vorzuweisen.

Sein Weg in ein mögliches Finale gegen MvG wird steinig (Runde 3: Henderson, Achtelfinale: Whitlock, Viertelfinale: Suljovic/Gurney/Durrant/Dobey, Halbfinale: Cross/Wright/Chisnall), aber es spricht sehr viel dafür, dass Price diesen Weg gehen kann und wird.

Wie gut es für Price läuft? Zuletzt wurde der Buhmann der Szene sogar von den Fans gefeiert. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass wir hier schon einen echten Umschwung erlebt haben, im Ally Pally ist die Situation eine andere, aber dennoch war es bemerkenswert und auch das dürfte Price zusätzlichen Auftrieb gegeben haben.

Elmar Paulke: "Price hat 2019 die tollste Entwicklung von allen Spielern genommen und ist klar der Nummer-eins-Herausforderer für MvG, er war 2019 stärker als der Rest. Er stand ja bereits in den Top 10, da geht es nur um Nuancen, aber er hat es geschafft, diese paar Prozentpunkte draufzulegen, die ihn die engen Matches jetzt so oft gewinnen lassen. Er geht nicht mehr ganz so steil wie in den Jahren zuvor, er hat sich jetzt aber auch nicht komplett zurückgenommen. Das ist auch gut so, weil er diese Art für sein Spiel braucht. Damit beweist er auch Haltung. Ich bin gespannt, wie die Fans reagieren. In Minehead waren viele Waliser da, ich könnte mir vorstellen, dass er im Ally Pally nicht diese Unterstützung bekommen wird. Die Fans im Ally Pally lieben es ja auch, diesen Bad Guy zu haben. Price ist nach außen zwar eine Maschine, aber er reagiert sehr wohl sehr sensibel auf das Feedback der Fans. Es hat ihn genervt, dass er so ausgebuht wurde überall. Umso mehr hat er es jetzt genossen, als alle hinter ihm standen. Generell traue ich ihm den WM-Titel auch zu, aber es gibt auch noch ein paar Unbekannte, einfach auch, weil die WM und der Set-Modus nochmal eine andere Geschichte sind. Im Set-Modus hat Price noch nicht viel Erfolg gehabt."

1. Michael van Gerwen (PDC Order of Merit: 1)

Es gibt keinen Zweifel, wer vor dieser WM im Power Ranking an der 1 stehen muss. MvG hat nach seinem WM-Titel am 1. Januar 2019 14 Turniere gewonnen. Das sind neun mehr als Gerwyn Price, Peter Wright und James Wade (alle 5), die in dieser Statistik Platz zwei belegen.

Van Gerwen hat 2019 eine unfassbare Siegquote von knapp 84 Prozent aufzuweisen, er hat unfassbare 388 180er geworfen (65 mehr als Rob Cross auf Rang zwei), er ist der einzige Spieler, der übers Jahr am 100er Average kratzt (99.95). Mighty Mike ist mal wieder ganz klar das Nonplusultra. Das zeigten auch seine 14 perfekten Darts bei den Players Championship Finals im Match gegen Adrian Lewis, die in einem ansonsten ausnahmsweise miesen Match völlig aus dem Nichts kamen.

Was noch für ihn spricht (neben so vielen Dingen): Er hat sich von seiner ganz kurzen Schwächephase im Herbst (Erstrundenaus bei der European Championship) sofort wieder erholt und bei der WM-Generalprobe bei den Players Championship Finals mit seinem Finalsieg gegen seinen aktuell schärfsten Widersacher Price ein Statement gesetzt, das ihn mit einer Extra-Portion Rückenwind in die WM kommen lässt.

Stolpersteine sind bei einem Blick auf die Auslosung auch nicht wirklich zu erkennen. Clayton im Achtelfinale? Wade oder White (oder Clemens!) im Viertelfinale? Erst im Halbfinale könnte es krachen (Smith oder Aspinall).

Elmar Paulke: "MvG hatte im September eine kurze Phase, als er für mich angeschlagen und erstaunlich bezwingbar wirkte. Da verlor er ein paar Finals auf der European Tour und spielte in den Events danach nicht so gut. Aber dann gewinnt der Kerl eben vier der nächsten sechs Turniere und weist jeden Anflug von Schwäche komplett von sich. Mit dem Sieg gegen Price bei den Players Championship Finals hat er auch nochmal gezeigt, wer der Chef ist. Das ist eine große Stärke von van Gerwen. Wenn es auf bestimmte Duelle hinläuft, in denen die Frage geklärt werden soll, wer denn nun der Beste ist, ist er extrem gut. Das war auch gegen Anderson schon so. Was mich aber wirklich am meisten beeindruckt: Er hat gelernt, dass er auch mal Matches verlieren wird. Er ist unglaublich souverän in der Niederlage. Und er hat gelernt, dass er nicht in jedem Match diesen unglaublichen Standard spielen kann. Er ist so verwöhnt von seinen Leistungen. Dann zu akzeptieren, dass es mal nicht läuft, nicht abzuschenken, nicht frustriert zu werden, sondern sich durch die Matches zu kämpfen und sie am Ende zu gewinnen, ist eine herausragende Fähigkeit. Das macht eine Nummer eins, einen großen Champion auch aus. Ähnlich ist es bei jemandem wie Roger Federer im Tennis. Der kann einen schlechten Tag haben, macht aber dann irgendwie das eine Break zur richtigen Zeit und kommt durch. So ist es bei van Gerwen auch."