SPOX: Herr Alvarez, wie schwer fällt es Ihnen, dass Sie am Cinco-de-Mayo Wochenende immer arbeiten müssen, während alle anderen Mexikaner den Feiertag zelebrieren?
Canelo Alvarez (lacht): Ein bisschen gemein ist das schon, oder? Aber im Ernst: Ich habe mir diesen Lebensweg ausgesucht, und ich bin sehr stolz darauf, mein Land in dieser Form zu repräsentieren. Ich freue mich über die riesengroße Unterstützung, die ich von meinen Fans bekomme.
SPOX: Sie sind sehr jung Profi-Boxer geworden. Hätten Sie als 15-Jähriger gedacht, dass Sie gut zehn Jahre später eine brandneue Arena in Las Vegas eröffnen dürfen und nach den Rücktritten von Floyd Mayweather und Manny Pacquiao das neue Gesicht des Boxsports sind?
Alvarez: Ich hätte nie davon zu träumen gewagt, dass ich es so weit bringe. Auf der anderen Seite habe ich aber auch vom ersten Tag an hart an mir gearbeitet. Ich wollte immer der Beste sein und bin nie einer Herausforderung aus dem Weg gegangen. Ich bin sehr froh und stolz, dass sich dieser Einsatz so auszahlt. Aber ich bin auch sehr demütig, weil ich weiß, dass es mit Ruhm und Ehre sehr schnell wieder vorbei sein kann, wenn man nicht die Leistung bringt, die das Publikum erwartet.
SPOX: Sie sind WBC-Weltmeister im Mittelgewicht und gelten als sogenannter "Lineal Champion" in einer der wichtigsten und geschichtsträchtigsten Gewichtsklassen überhaupt. Trotzdem boxen Sie in einem "Catch Weight", was Ihnen viel Kritik einbringt. Was antworten Sie denjenigen, die sagen, Sie seien eigentlich kein Mittelgewichts-Weltmeister?
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Alvarez: Sie haben Recht. Ich habe mich nie als Mittelgewichtler gefühlt. Ich trage den WBC-WM-Titel mit viel Stolz. Jeder Boxer träumt davon, sich einmal den Grünen Gürtel umhängen zu dürfen. Aber dass ich Miguel Cotto im Kampf um die Mittelgewichts-WM besiegt habe, war doch eigentlich mehr ein Zufall. Mein Team und ich wissen ganz genau, welches Gewicht gut für mich ist. Bei 155 amerikanischen Pfund fühle ich mich wohl und sehr stark. Das ist zu schwer für Superwelter, also ist es wohl Mittelgewicht. Aber ich brauche keine 160 Pfund wie andere Boxer. Jeder Mensch ist anders.
SPOX: Mit Amir Khan stehen Sie nun einem Gegner gegenüber, der aus dem Superleicht- und Weltergewicht kommt. Wie kam es zu dem Kampf?
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Alvarez: Das müssen Sie meinen Promoter fragen. Der macht die Deals. Ich habe immer nur betont, dass ich gegen die Besten antreten möchte. Ich denke, dass Khan zu den besten Boxern der Welt gehört. Insofern freue ich mich auf den Kampf.
SPOX: Aber das Gewicht haben Sie vorgegeben. Glauben Sie, dass das ein entscheidender Vorteil sein wird?
Alvarez: Ich glaube nicht, dass das überhaupt ein Thema sein sollte. Amir Khan kommt aus dem Weltergewicht, hat also bisher bei 147 Pfund geboxt. Der Sprung auf 155 Pfund war nicht besonders groß. Außerdem wurde darüber auch gar nicht verhandelt oder gestritten. Khan war immer schon sehr groß für sein Gewicht. Insofern glaube ich nicht, dass das eine Rolle spielt.
SPOX: Was für einen Kampf erwarten Sie?
Alvarez: Ich glaube, es ist eine sehr interessante Ansetzung. Wir wissen, dass Khan sehr schnell ist - sowohl mit beiden Händen als auch auf den Beinen. Aber das ist nichts Neues für mich. Ich habe schon gegen Floyd Mayweather geboxt, den besten und schnellsten Boxer unserer Generation, und auch Erislandy Lara hat in erster Linie auf seine Geschwindigkeit gesetzt. Ich denke, es wird für mich ein ähnlich hartes Stück Arbeit wie gegen Mayweather und Lara. Aber ich bin darauf vorbereitet und eingestellt.
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SPOX: Worauf haben Sie denn in der Vorbereitung besonderen Wert gelegt?
Alvarez: Weil ich gegen einen schnellen Mann boxe, habe ich auch an meiner Schnelligkeit gearbeitet. Khan wird versuchen, die Punktrichter mit Kombinationen und vielen schellen Händen zu beeindrucken. Das darf ich nicht zulassen und muss mindestens genauso schnell dagegenhalten. Wir haben auch an der Defensive und meinem Konterboxen gearbeitet. Ich bin mir sicher, dass es ein sehr interessantes Duell wird.
SPOX: Die meisten Experten gehen davon aus, dass Sie körperlich einfach zu stark für Khan sein werden. Sehen wir einen vorzeitigen Sieg?
Alvarez: Den K.o. kann man nicht planen. Er kommt oder kommt nicht. Natürlich ist es immer schön fürs Publikum, wenn jemand umfällt. Und ein K.o.-Sieg ist ein klares Ergebnis, sodass es hinterher nicht zu Diskussionen über das Punkturteil kommen kann. Aber wir müssen abwarten, was am Samstag passiert. Ich bin auf zwölf harte Runden vorbereitet und eingestellt.
SPOX: Und was kommt danach? Die ganze Welt spricht über ihren möglichen Showdown mit Gennady Golovkin im September.
Alvarez: Dann soll die Welt ruhig sprechen. Ich konzentriere mich einzig und allein auf Amir Khan. Im Gegensatz zu anderen Boxern rede ich nicht jetzt schon über das was im nächsten oder übernächsten Kampf passiert. Das kann ich auch gar nicht, weil ich immer gegen die besten Boxer antrete - anders als andere.
SPOX: Gibt es denn ganz allgemein Kämpfe, die Sie reizen würden? Sie sind erst 25 Jahre alt, haben aber schon mit einigen der besten Boxer Pound-for-Pound im Ring gestanden. Wie kann man Kämpfe wie Mayweather und Cotto überhaupt noch toppen?
Alvarez: Ich denke weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft. Für mich zählt immer nur das Jetzt. Und mein Ziel ist es, genau jetzt den bestmöglichen und größtmöglichen Kampf zu machen. Wenn der Gegner dafür momentan Amir Khan heißt, dann denke ich nicht an das, was war, oder an das, was vielleicht irgendwann mal kommt.
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SPOX: Auch nicht an Namen wie Manny Pacquiao, der sein Karriereende vielleicht doch noch mal hinausschiebt?
Alvarez: Nein, auch nicht an Manny Pacquiao. Er ist zweifellos ein großartiger Boxer, eine lebende Legende und einer der Besten seiner Generation. Aber im Moment zählt für mich nur Amir Khan.