"Faszinierend wie Mayweather"

Von Interview: Ingo Rohrbach
SPOX-Reporter Ingo Rohrbach traf Promoter Ulf Steinforth (l.) zum Interview
© spox

Ulf Steinforth hat sich mit SES Boxing einen festen Platz in der deutschen Boxwelt erarbeitet. Im Interview mit SPOX spricht der Promoter über die Dominanz der Klitschkos, den Stellenwert des Frauen-Boxens und die Trilogie zwischen Robert Stieglitz und Arthur Abraham.

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SPOX: Herr Steinforth, bei der Jahreshauptversammlung der WBO Ende August in Budapest räumte SES Boxing insgesamt sechs Auszeichnungen ab. Was bedeuten Ihnen diese Ehrungen?

Ulf Steinforth: Das macht uns natürlich stolz und beweist, dass sich unsere harte Arbeit auszahlt. Nicht nur die Boxer, sondern auch die Leute im Hintergrund wie unser Matchmaker machen einen hervorragenden Job. Diese weltweite Anerkennung ist aber gleichzeitig auch eine große Motivation, um uns weiter zu verbessern.

SPOX: Vor einigen Jahren gehörte SES noch nicht zur ersten Riege in Deutschland. Mittlerweile befinden Sie sich auf der Überholspur.

Steinforth: Ich habe mich nie großartig für solche Positionierungen interessiert. Im Endeffekt hängt alles mit dem Erfolg der Boxer ab. Es ist eine ständige Berg- und Talfahrt. Es mag sein, dass wir momentan die Nase vorne haben. Aber man muss realistisch bleiben und sich auf das Wesentliche, den sportlichen Erfolg, konzentrieren.

SPOX: Ihr Zugpferd ist Robert Stieglitz, der in Budapest den Ehrenpreis für seine langjährige Präsenz als WBO-Weltmeister erhalten hat. Wie eng ist er mit dem SES-Aufstieg verknüpft?

Steinforth: Robert ist das Gesicht von SES. Er ist sehr früh zu uns gekommen. Zusammen haben wir etwas Großes aufgebaut. Mittlerweile ist er seit 13 Jahren bei uns. Für mich ist er wie ein Sohn, mit dem ich durch dick und dünn gegangen bin. Und jetzt ist er nicht nur Weltmeister, sondern auch der Boxer des Jahres in Deutschland. Und trotzdem ist Robert mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben.

SPOX: Ist Stieglitz zurzeit die Nummer eins in Deutschland?

Steinforth: Auf jeden Fall. Sportlich gesehen darf es darüber sowieso keine Diskussion geben. Aber auch medial ist er dank "Sat.1" auf dem Vormarsch. Das merkt man unter anderem bei den Ticketverkäufen. Er hat seinen Platz in der Boxwelt gefunden.

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SPOX: Für Stieglitz steht am 19. Oktober in Leipzig die nächste Titelverteidigung gegen den Nigerianer Isaac Ekpo an. Trotzdem wirft das dritte Duell mit Abraham bereits seine Schatten voraus, nachdem König Arthur bei der WBO Convention zum Pflichtherausforderer ernannt worden ist. Können Sie die Entscheidung nachvollziehen?

Steinforth: Wir nehmen das so hin und akzeptieren die Entscheidung des Weltverbandes. Unser Anliegen war nur, dass sich Arthur für eine erneute WM-Chance erst mal sportlich qualifizieren muss.

SPOX: Hat er das mit seinem Punktsieg über Willbeforce Shihepo geschafft?

Steinforth: Meiner Meinung nach ist ihm das nicht gelungen. Aber jetzt ist die Trilogie nun mal perfekt. Wenn die Leute dieses Duell noch mal sehen wollen, ist das für uns in Ordnung.

SPOX: Stieglitz ist das Zugpferd, dennoch stellt sich SES immer breiter auf. Bei den Frauen steht momentan vor allem Christina Hammer im Fokus.

Steinforth: Christina ist ein Glücksfall für uns. Sie repräsentiert das Frauen-Boxen perfekt. Das Schöne bei ihr: Es gibt nie Diskussionen, wenn es um den nächsten Kampf geht. Sie boxt alles, was ihr vor die Flinte kommt und wechselt dabei sogar die Gewichtsklasse.

SPOX: Für Ihr Engagement im Frauen-Boxen wurden Sie in Budapest auch geehrt. Gibt das einen zusätzlichen Schub?

Steinforth: Es war das dritte Mal in Folge, dass ich diese Auszeichnung bekommen habe. Das macht mich natürlich stolz. Wir stehen zum Frauen-Boxsport, das haben wir immer gesagt. Nicht nur die Männer können das Publikum begeistern. Man muss sich nur mal die Fußball-Nationalmannschaft der Frauen anschauen. In dieselbe Richtung wollen wir auch gehen. Frauen-Boxen ist mittlerweile anerkannt und hat gute Einschaltquoten. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht immer in der Vergangenheit leben. Regina Halmich ist Regina Halmich. Sie hat unglaublich viel für das Frauen-Boxen getan und schätzt auch unsere Arbeit heutzutage, aber es gibt mittlerweile neue Gesichter wie eben Hammer, Ramona Kühne oder Melissa McMorrow.

SPOX: Das Boxen in Deutschland, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern, ist also nicht tot?

Steinforth: Ach, das ist doch Quatsch. Es gab immer Perioden, in denen alles schlecht geredet wurde. Nach dem Karriereende von Henry Maske dachten viele, eine Welt bricht zusammen. Aber das Boxen lebt. Ich würde sogar sagen, wir befinden uns gerade in einer Blütezeit. 2013 gab es grob geschätzt 600 bis 700 Profi-Boxer in Deutschland. Alle Promoter, nicht nur im Profi-Bereich, auch bei den Amateuren, sorgen für diese beeindruckende Vielfalt.

SPOX: Sie tragen Ihren Teil dazu bei und setzen mit dem Team Deutschland auf eine intensive Nachwuchsarbeit

Steinforth: Das stimmt. Mit unserem Team Deutschland wollen wir jungen Talenten die Chance geben, professionell zu trainieren und sich ihren Traum zu verwirklichen. Wir haben bereits einige Jungs, die etwas drauf haben und gleichzeitig interessante Persönlichkeiten sind. Die Stars von morgen sind vielleicht schon heute bei uns im Ring. Das ist ein gutes Signal an die Branche.

SPOX: Einer dieser Hoffnungsträger ist Dominic Bösel, WBO-Junioren-Weltmeister im Halbschwergewicht und Mannschaftskapitän im Team Deutschland. Was erhoffen Sie sich von ihm?

Steinforth: Ich sehe in ihm die Zukunft des Boxens. Er ist ein Typ, bei dem die Leute mitfiebern können. Es kamen schon einige andere Promoter an, die ihre Boxer gerne gegen Dominic sehen würden. Das ist immer ein gutes Zeichen. Er ist bereits eine kleine Hausnummer in der Szene.

SPOX: Einen größeren Namen besitzt bereits Francesco Pianeta, der im Mai 2013 gegen Wladimir Klitschko allerdings noch keine Chance hatte. Wie sehen Sie seine Zukunftsaussichten?

Steinforth: Gegen einen Klitschko zu verlieren, ist keine Schande. Er hat einen mutigen Kampf gezeigt, auch wenn es am Ende nicht gereicht hat. Aber er ist noch jung und hat viel Potential. Wir sehen ihn als einen hoffnungsvollen Mann für die Nach-Klitschko-Ära. Er wird auf jeden Fall noch mal eine Chance bekommen. In den nächsten ein, zwei Jahren gilt es aber erst mal, sich gut in der Weltrangliste zu positionieren.

SPOX: Wie lange geben Sie den Klitschkos denn noch?

Steinforth: Zuerst einmal muss ich betonen, dass sowohl Witali als auch Wladimir Jahrhundertboxer sind. An die kommt kein Schwergewicht ran. Nicht nur sportlich. Häufig wird vergessen, dass beide auch tolle Botschafter für den gesamten Boxsport sind. Aber alles ist endlich, auch die Karriere der Klitschkos. Das hat man auch bei Michael Schumacher in der Formel 1 gesehen. Dann kommt die nächste Generation. Dafür sind wir gut aufgestellt.

SPOX: Neben Abraham, Stieglitz und den Klitschkos ist in Deutschland auch Felix Sturm weiterhin ein großer Name. Was kann man von ihm noch erwarten, nachdem er in den letzten Jahren nicht immer überzeugen konnte?

Steinforth: Felix ist ein guter Boxer, keine Frage. Aber er hat in seiner Karriere ein paar Fehler gemacht. Man sollte ihn dennoch nie abschreiben. Er hat die Chance, wieder ganz oben anzuklopfen.

SPOX: Wie wäre es denn mit einem Aufstieg Sturms ins Supermittelgewicht und einem Duell mit Stieglitz?

Steinforth: Das wäre eine interessante Paarung. Das sind die Kämpfe, die das Publikum sehen will. Abraham gegen Stieglitz, Abraham gegen Sturm oder auch Sturm gegen Stieglitz. Zuletzt wurde sogar Jürgen Brähmer ins Spiel gebracht, wie ich gehört habe. Es ist offensichtlich, dass diese drei Leute die deutsche Boxszene überstrahlen. Diese Konstellation ist für mich genauso faszinierend wie bei Mayweather und Pacquiao in den USA.

SPOX: Eine persönliche Frage zum Abschluss: SES ist mittlerweile seit 13 Jahren im Geschäft und so erfolgreich wie nie zuvor. Gibt es den Promoter Ulf Steinforth denn auch noch in zehn Jahren?

Steinforth: Das ist eine gute Frage (schmunzelt). Die letzten 13 Jahre haben mir viele graue Haare bereitet. Trotzdem liebe ich meine Arbeit. Kein Tag ist wie der andere. Noch habe ich Lust und bin voller Tatendrang. Ein 25-jähriges Jubiläum wird aber schwer, das muss ich zugeben.

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