Das wäre doch nicht nötig gewesen

Dennis Schröder hatte gegen Israel mit Foul-Trouble zu kämpfen
© getty

Im dritten Spiel hat das DBB-Team bei der EuroBasket 2017 die erste Niederlage kassiert - auf kuriose Art und Weise. Nach der Partie analysierten einige Spieler und Coach Chris Fleming die Pleite und den massiven Kollaps im vierten Viertel.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Was für einen Unterschied so ein paar Minuten machen können. Sechseinhalb Minuten vor Schluss führte die deutsche Mannschaft noch mit 10 Punkten und schien bereits mit anderthalb Beinen im Achtelfinale zu stehen. Klar, es hätte noch eine theoretische Chance gegeben, trotz dreier Siege noch auszuscheiden, realistisch war dies jedoch nicht. Es sah aus, als könnte zeitnah zumindest ein bisschen gefeiert werden.

Wenig später war allerdings keinem mehr zum Feiern zumute - abgesehen natürlich von fast allen Anwesenden in der Menora Mivtachim Arena in Tel Aviv. Das deutsche Team jedoch war durch die Bank frustriert, etwas verwirrt und natürlich in erster Linie richtig angefressen, nachdem die Partie durch war, die Israelis das Spiel mit 82:80 gewonnen hatten.

Keiner verkörperte das mehr als Daniel Theis, der eigentlich der "Held" dieses Spiels hätte sein sollen. Mit 15 Punkten, 15 Rebounds und 3 Blocks spielte der Neu-Celtic herausragend, kurz vor der Sirene hätte er per Dreier doch noch den Sieg eintüten können. Er verfehlte jedoch - und lieferte später in der Mixed Zone eine glasklare Ansage: "Es ist mir scheißegal, wie gut ich spiele. Wir haben das Spiel verloren und das ist der Punkt." Das konnte man so stehen lassen.

Fleming: Haben das Spiel verschenkt

Mit bis zu 16 Punkten hatte Deutschland geführt, doch das letzte Viertel verkam zu einem (im negativen Sinne) beeindruckenden Kollaps der bis dahin gefestigt wirkenden Mannschaft. "Die Wahrheit ist, dass wir dieses Spiel verschenkt haben", erklärte Chris Fleming auf der anschließenden Pressekonferenz - sichtlich bedient.

Sein Team war in den zehn Minuten zuvor von dem abgekommen, was sie gerade gegen Georgien und auch im dritten Viertel gegen Israel ausgezeichnet hatte. Nachdem der Ball zuvor viel rotiert war, setzte es nun Einzelaktionen. Nachdem zuvor geschlossen verteidigt und gereboundet wurde, erlaubte man den immer heißeren Israelis nun zweite und dritte Chancen bei fast jedem Ballbesitz.

"Wir haben am Ende einfach naiv gespielt", schimpfte Theis. "Wir haben im vierten Viertel nicht mehr so verteidigt wie in den 20 Minuten vorher und in der Offensive nichts mehr hinbekommen. Wir haben die Würfe nicht mehr getroffen und dann war klar, dass die Zuschauer wieder ins Spiel gekommen sind. Da hat man dann vielleicht noch ein bisschen mehr Respekt."

Kuriose Pfiffe gegen Dennis Schröder

Das DBB-Team hatte gegen Georgien und die Ukraine jeweils nachmittags gespielt, in einer noch lange nicht vollen Halle. Das Abendspiel gegen den Gastgeber stellte wie erwartet eine andere Herausforderung dar. Zwar schaffte es die deutsche Mannschaft im zweiten und dritten Viertel sehr gut, die Fans ruhigzustellen, im letzten Viertel machten sie aber immer stärker den Eindruck, als würde sie die durchaus beeindruckende Kulisse ablenken.

Gerade in der Schlussphase wirkte es auch so, als hätte das Team das Gefühl, nicht nur gegen die Israelis und ihre Fans, sondern auch gegen die Schiedsrichter zu spielen. Dennis Schröder hatte bereits früh Foulprobleme, im Schlussviertel beschwerten er und andere sich dann mehrfach lautstark über Calls, die sie eben nicht bekamen. Selbst einige israelische Journalisten auf der Pressetribüne mussten über einige der Pfiffe lachen, weil sie so einseitig waren.

Als Entschuldigung wollte dies aber keiner der Deutschen akzeptieren. "Man kann jetzt nicht sagen, dass das deren Schuld ist", sagte etwa Schröder, dessen Coach Mike Budenholzer von den Atlanta Hawks ebenfalls vor Ort war. "Da muss man weiterspielen und versuchen, noch besser zum Korb zu gehen und den Ball reinzumachen. Da muss man einfach drüberstehen."

Fehlerkette in der Crunchtime

Theis pflichtete ihm bei: "Es wäre zu leicht, alles auf die Schiedsrichter zu schieben. Es lag nicht nur daran, wir haben am Ende einfach zu viele Fehler gemacht", sagte der Big Man. Recht hatten sie beide. Die deutsche Mannschaft ließ sich frustrieren und aus der Ruhe bringen, was zu einer imposanten Fehlerkette führte.

Es wurden relativ offene Layups verlegt, auch Freiwürfe, dazu viele offene Dreier. Es wurde nicht ausgeblockt, allein im letzten Viertel wurde sechsmal der Ball verloren. Statt ein System zu laufen, wurde die Uhr ausgedribbelt und ein schwieriger Wurf forciert. Die Big Men Theis und Johannes Voigtmann, die zuvor im Spiel überwiegend Waffen waren, wurden nicht mehr bedient.

"In der Crunchtime, als sie etwas Momentum hatten, haben wir unsere Systeme nicht richtig durchgezogen", erklärte Fleming. "Und das hat uns sehr wehgetan. Wir haben ein paar offene Würfe vergeben, wir haben bei einigen Ballbesitzen schlechte Würfe genommen und schlechte Pässe gespielt."

Seitenhieb gegen die Schiedsrichter

Wenn man etwas Positives aus dieser Niederlage ziehen will, dann wäre das wohl Folgendes: Immerhin versuchte im Anschluss keiner, irgendwelche Ausreden zu suchen. Es fiel mehrfach das Wort Kontrolle, auch bei Fleming, der sich einen kleinen Seitenhieb auf die Referees dann aber doch nicht verkneifen wollte.

"Wir können nur das kontrollieren, was wir kontrollieren können", erklärte der Coach. "Dazu gehört nicht, wie gepfiffen wird. Wurfauswahl ja, Rebounding ja, Defense ja, aber nicht das Officiating. Ich wünschte natürlich, Dennis hätte das Technical nicht bekommen. Ich wünschte, Casspi hätte eins bekommen, als er im vierten Viertel genau das Gleiche getan hat. Aber wie gesagt: Das können wir nicht kontrollieren."

Benzing: "Müssen uns den Mund abwischen"

A propos Kontrolle. Die Niederlage tut weh, ist für sich genommen aber kein Beinbruch. Gegen Italien und Litauen hat Deutschland weiterhin die Chance, das Achtelfinale zu buchen. Zwei starke Gegner, unschlagbar sind sie jedoch nicht. Natürlich hätte man gerne den Rückenwind von drei Siegen mitgenommen, Totengräber-Stimmung ist aber nicht angebracht.

"Wir müssen uns jetzt den Mund abwischen", sagte Robin Benzing. "Was sollen wir machen? Es ist so, wie es ist. Wir haben einen guten Start ins Turnier hingelegt und sind noch im Soll. Es ist jetzt nicht so, dass wir raus sind."

Korrekt - das Turnier geht weiter. Am Montag ist Ruhetag, Zeit für Regeneration, Entspannung und Fehleranalyse. Danach kann das Team zeigen, wie weit es in seiner Entwicklung tatsächlich schon gekommen ist.

Artikel und Videos zum Thema