"Wie ein bockiges Kind auf dem Schulhof": Marcus Rashfords Form bei Manchester United gibt Rätsel auf

Von Falko Blöding
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Marcus Rashford ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Selbst sein Tor für Manchester United am Sonntag gegen den FC Everton wirkte nicht wie ein Befreiungsschlag.

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Es ist nicht einmal ein Jahr her, da war Marcus Rashford der formstärkste Stürmer dieses Planeten. Mit einem beinahe unnachahmlichen Zug zum Tor terrorisierte der Angreifer von Manchester United die gegnerischen Abwehrreihen. In zehn Premier-League-Spielen nach der Weltmeisterschaft in Katar erzielte er zehn Treffer. Insgesamt netzte Rashford in der vergangenen Saison 30-mal und führte die Red Devils zurück in die Champions League und zum ersten Titelgewinn seit fünf Jahren.

Schaut man sich Rashford dieser Tage an, wirkt es, als spiele in Uniteds Angriff sein harmloser Zwilling. Ohne Selbstvertrauen, ohne Finesse, ohne Durchschlagskraft irrt er auf dem Rasen umher und hatte zwischenzeitlich eine Serie von elf Pflichtspielen ohne Tor hingelegt.

Am Sonntag brach er den Bann immerhin und netzte bei Uniteds Auswärtssieg in Everton (3:0) vom Elfmeterpunkt. Großer Jubel anschließend? Fehlanzeige. Rahsford drehte lustlos ab, ehe ihn Anthony Martial mehr oder weniger grob Richtung Auswärtsfans zerrte, um den Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 für die Gäste zu feiern.

Auf X war Rashfords (Nicht-) Jubel durchaus ein Thema. So schrieb zum Beispiel ein Fan: "Was zur Hölle ist mit Rashford los? Verwandelt einen Elfer und freut sich nicht einmal. Sie müssen ihn zu einem halbherzigen Jubel zwingen." Ein anderer witzelte: "Sogar Rashford selbst hat seinen eigenen Jubel vergessen."

Wie sind Rashfords rätselhafte Auftritte zu erklären?

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Marcus Rashford profitierte bei Manchester United von Cristiano Ronaldos Abgang

Rashford war in Manchester einer der Profiteure des Abgangs von Cristiano Ronaldo. Wahlweise als Linksaußen oder im Sturmzentrum eingesetzt genoss der 26-Jährige bei Teammanager Erik ten Hag viele Freiheiten. Diese münzte er in Zählbares um und war lange in aller Munde.

Es gab Wechselgerüchte, auch der FC Bayern, damals noch auf der Suche nach einem Torjäger, soll sich in jener Zeit mit seiner Verpflichtung beschäftigt haben. Rashfords Vertrag lief damals aus. United zog zunächst eine Option, diesen bis 2024 zu verlängern. Nach zähen Verhandlungen setzte Rashford im Sommer schließlich seine Unterschrift unter einen neuen Kontrakt, der ihn bis 2028 an den englischen Rekordmeister bindet - und zu einem der absoluten Spitzenverdiener in England macht. Knapp 18 Millionen Euro pro Jahr soll das Eigengewächs nun kassieren.

Das ist eine Menge Holz, vor allem, wenn man bedenkt, dass es bei ihm seitdem praktisch wie abgeschnitten ist.

Manchester United trifft am Abend auf Galatasaray Istanbul.
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Erik ten Hag stärkte Marcus Rashford den Rücken

Wie auch 72-Millionen-Euro-Einkauf Rasmus Höjlund litt Rashford zunächst unter dem historisch schwachen Saisonstart Uniteds. In einer Offensive, in der praktisch kein Rad in das andere griff, wirkte er auf verlorenem Posten. Er bekam wenig Bälle und die, die er bekam, verwertete er ungenügend.

Ein Beispiel: Rashford hat plötzlich große Probleme, die Kugel im Abschluss auf den gegnerischen Kasten zu bringen. Seine Schussgenauigkeit liegt bei weniger als 40 Prozent, damit ist er von den Top Ten in der Premier League weit entfernt. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen will es Rashford erzwingen und schließt oft überhastet ab. Zum anderen probiert er es verstärkt aus Positionen, die sich nicht wirklich dafür eignen.

Rashford, 2023/24 ein hervorragender Vorlagengeber, spielt oft eigensinnig und hat noch keine Chemie mit Sturmpartner Höjlund entwickelt. Dazu ist er seinen Mannschaftskameraden auch im Pressing keine Hilfe, von der Defensivarbeit ganz zu schweigen.

Ten Hag schenkt ihm dennoch das Vertrauen. Obwohl Rashford bei Experten und auch Teilen des eigenen Anhangs ob seiner Vorstellungen in der Kritik steht, darf er dennoch regelmäßig weiter von Beginn an ran. Geholfen hat das aber nicht. Anfang Oktober hoffte ten Hag noch: "Wenn Stürmer nicht treffen, brauchen sie den erlösenden Moment und der wird auch bei ihm kommen. Er ist so erfahren, tut die richtigen Dinge und wird das Momentum zurückerlangen. Er wird Feuer fangen."

Mittlerweile klingt das schon anders. Nach der 3:4-Niederlage in der Königsklasse in Kopenhagen und einem weiteren Torlos-Auftritt kritisierte der Niederländer: "Er ist nicht glücklich und wir sind es auch nicht. Er ist nicht in Top-Form, aber ich weiß, dass er sie finden wird."

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Marcus Rashford: Party nach der Derbypleite gegen Manchester City

Und dann sind da noch die Nebengeräusche abseits des Platzes. Rashford galt lange als nächster Posterboy des englischen Fußballs. Für sein herausragendes soziales Engagement wurde er ausgezeichnet und war ein hervorragender Werbeträger. Ausrüster Nike brachte zum Beispiel im Sommer seinen neuen Signature-Stiefel auf den Markt.

Doch das gute Image bekommt Risse. Ende September fuhr er seinen Rolls Royce im Wert von rund 800.000 Euro zu Schrott. Wenig später legte er sich laut eines Berichts der Sun einen Mercedes Vito Maybach zu. Der Luxusschlitten hat unter anderem einen 40-Zoll-TV-Bildschirm, eine integrierte PlayStation und kostete mehr als 200.000 Euro. Keine guten Schlagzeilen für einen Fußballer, der gerade in der Krise steckt.

Ebenfalls keine gute Schlagzeile: Wenige Stunden nach der 0:3-Packung im Derby gegen Man City in Old Trafford ging Rashford Ende Oktober feiern. In einem Nobel-Klub in Manchester ließ er es im VIP-Bereich anlässlich seines Geburtstags krachen - und zog damit den Zorn der Fans auf sich. Auch sein Trainer war nicht begeistert. "Inakzeptabel" nannte ten Hag Rashfords Verhalten. Der Angreifer entschuldigte sich bei seiner Mannschaft.

Die Verhaftung seines Bruders und Beraters Dane Rashford in Florida (USA) wegen häuslicher Gewalt trug ebenfalls nicht dazu bei, die Lage zu beruhigen.

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Kritik an Marcus Rashford: "Wie ein bockiges Kind auf dem Schulhof"

Die Unzufriedenheit nimmt Rashford aktuell mit auf den Rasen. Seine Körpersprache ist schlecht, oft reagiert er theatralisch, wenn er hart angegangen wird. Der ehemalige United-Verteidiger Paul Parker kritisierte bei mybettingsites.co.uk: "Ich glaube, die Fans sind es leid zu sehen, wie er bei jeder Grätsche eine Verletzung vortäuscht. Sie wollen sehen, wie er aufspringt, nach hinten arbeitet und sich den Ball zurückholt. Er verhält sich wie ein bockiges Kind auf dem Schulhof. So etwas sollte in Old Trafford nicht passieren, nicht in einer Million Jahre. Und doch macht er das jedes Mal." Parker folgerte, Rashford sei "vielleicht doch kein Spieler für Man United". Er müsse "sein Spiel und sein Verhalten" ändern.

Ganz so drastisch wollte es Andy Cole nicht ausdrücken. Aber auch der Champions-League-Sieger von 1999 mahnte zuletzt bei Betfred: "Freaks wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo nehmen sich keine Auszeit von einer ganzen Saison. So wie sie muss man auftreten, wenn man zur Elite gehören will. Nur Marcus allein weiß, was im Moment in seinem Kopf vor sich geht."

Es liege nun an ihm selbst, das Ruder herumzureißen: "Er spielt jede Woche, das ist es doch, was jeder Spieler will. Wenn ich in 16 Spielen ein Tor erzielt hätte, würde ich doch versuchen, die Basics wieder hinzukriegen. Wie trainiere ich, wie mache ich den Abschluss und diese Dinge. Ich würde alles tun, um wieder meine Form zu finden. "

Rashford selbst hält sich mit öffentlichen Aussagen zurück. Nur Anfang November meldete er sich kurz zu Wort, als er auf X einen Bericht von The United Stand kommentierte, laut dem seine Zukunft bei Man United fraglich sei. "Hört bitte auf, üble Gerüchte zu verbreiten", schrieb er damals.

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Manchester United: Alternativen zu Marcus Rashford sind rar gesäht

Die Frage lautete nun, wie lange die Treue ten Hags noch anhält: "Fakt ist, dass er nicht trifft, obwohl er die Chancen hatte", meinte der Ex-Ajax-Coach neulich kurz vor dem vielleicht erlösenden Elfertreffer gegen die Toffees. Ten Hag ist dafür bekannt, eigentlich nicht zimperlich zu sein und auch große Namen draußen zu lassen. Siehe Cristiano Ronaldo oder Harry Maguire. Noch aber hofft der Trainer, dass Rashford trifft und damit sein Selbstvertrauen zurückerlangt.

Alternativen sind in der Offensive der Red Devils wegen der Suspendierung des ehemaligen BVB-Stars Jadon Sancho, der indiskutablen Auftritte von Mason Mount und der Formschwäche Anthony Martials allerdings rar gesät. Eine Alternative wäre mehr Einsatzzeit für Alejandro Garnacho, der gegen Everton mit einem Traumtor ein Empfehlungsschreiben abgab.

Auch bei den Three Lions lief es übrigens für Rashford nicht. In der vergangenen Woche verletzte der 56-malige Nationalspieler sich beim 2:0-Sieg gegen Malta - beim Zusammenprall mit einem Mannschaftskameraden. Er kollidierte mit Trent Alexander-Arnold, als beide zeitgleich zum Ball gehen wollten. Der United-Star wurde humpelnd ausgewechselt. Eine Szene, die symptomatisch für den Rashford im Herbst 2023 war.

So bleibt nun die Frage, wie Rashfords Auftritt gegen Everton zu bewerten ist. Berauschend war sein Auftritt trotz des versenkten Strafstoßes nicht, er war schwächste Offensivkraft Manchesters. Es bleibt die Hoffnung, dass er mit seinem Tor Selbstvertrauen getankt hat und sich langsam zurück in die Form arbeitet, die ihn vor zwölf Monaten auszeichnete.

Marcus Rashfords Leistungsdaten bei Manchester United im Vergleich

Saison

Einsätze

Tore

Vorlagen

Gelbe Karten

Rote Karten

2022/23

56

30

11

2

0

2023/24

17

2

3

1

1

 

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