Brighton & Hove Albion: Das Transfergeheimnis des Liverpool-Schrecks

Von Maximilian Lotz
Jürgen Klopp ist nach dem Dämpfer gegen den FC Brentford in der Premier League sichtlich angefressen. Das Titelrennen rückt weiter und weiter weg.
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Am Wochenende schockte Brighton & Hove Albion den FC Liverpool. Aber nicht nur auf dem Platz leisten die Seagulls von der englischen Südküste gute Arbeit, auch auf dem Transfermarkt agiert der Außenseiter clever. Bestes Beispiel: Rekordabgang Marc Cucurella. Dem könnte bald Weltmeister Alexis Mac Allister folgen.

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113,9 Millionen Euro an Transfereinnahmen generierte Brighton & Hove Albion im vergangenen Sommer. Im internationalen Vergleich kassierten nur fünf Teams (Sporting, Benfica, Monaco, ManCity und Ajax Amsterdam) mehr Kohle durch Spielerverkäufe.

Bei Investitionen von etwas mehr als 51 Millionen Euro blieb am Ende immer noch ein satter Gewinn von über 62 Millionen Euro übrig. Damit liegt Brighton im internationalen Vergleich ebenfalls in den Top 10.

SPOX wirft einen Blick auf ausgewählte Transfers der Seagulls und deren Strategie, die der Telegraph prägnant auf den Punkt brachte: "Billig kaufen, entwickeln, teuer verkaufen." Doch es steckt noch etwas mehr dahinter.

Brighton & Hove Albion, Transfers, Strategie
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Marc Cucurella

  • Geholt 2021 für 18 Millionen Euro vom FC Getafe
  • Verkauft 2022 für 65,3 Millionen Euro an den FC Chelsea

Der Linksverteidiger wurde in Barcelonas berühmter Talentschmiede La Masia ausgebildet, doch den großen Durchbruch trauten ihm die Katalanen nicht zu. Erst mit einer Leihe an die SD Eibar 2018 begann allmählich sein Aufstieg, auch wenn die Vorzeichen nicht unbedingt verheißungsvoll waren.

"Er ist nicht schnell, er ist nicht sonderlich stark. All die Dinge, die man messen kann, kann man bei ihm nicht finden. Man würde ihn nie unter Vertrag nehmen", urteilte Eibars damaliger Trainer José Luis Mendilibar über Cucurella: "Aber er ist ein Fußballer."

Ein Jahr später zog er nach Getafe weiter und spielte sich dort auch verstärkt in den Fokus internationaler Scouts. Aus der Premier League wurde zunächst der FC Burnley auf ihn aufmerksam, aber Brightons damaliger Coach Graham Potter überzeugte den Spanier im Sommer 2021 von einem Wechsel zu den Seagulls. In Potters laufstarker Mannschaft setzte Cucurella seine Entwicklung weiter fort. 2022 machte Chelsea Cucurella mit einer Ablöse von 65,3 Millionen Euro zum teuersten Linksverteidiger der Welt. Mittlerweile ist er bei den Blues auch mit seinem früheren Brighton-Coach Potter wiedervereint.

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Ben White

  • Geholt 2014 ablösefrei nach Aus beim FC Southampton
  • Verkauft 2021 für 58,5 Millionen Euro an den FC Arsenal

Scouts der Nachwuchsakademie wurden auf den Verteidiger aufmerksam, als er als 16-Jähriger beim FC Southampton aussortiert wurde. White wurde in der Brighton-Jugend ausgebildet, sammelte bei Leihen an unterklassige englische Teams (Newport und Peterborough) Erfahrung. Sein Durchbruch gelang ihm schließlich bei Leeds United in der Saison 2019/20 als dem Team unter Marcelo Bielsa der Aufstieg aus der zweitklassigen Championship in die Premier League gelang.

White kehrte nach Brighton zurück und wurde auch dort der Abwehrchef. Der Lohn: Im Sommer 2021 feierte der Abwehrspieler sein Debüt für die englische Nationalmannschaft, bei der EM zählte er ebenfalls zum Kader, kam aber nicht zum Einsatz.

Arsenal machte ihn anschließend mit einer Ablöse von fast 60 Millionen Euro zu Brightons damaligem Rekordverkauf. Bei den Gunners ist White mittlerweile ebenfalls fester Bestandteil der Stammformation, dort kommt er allerdings als Rechtsverteidiger zum Einsatz.

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Yves Bissouma

  • Geholt 2018 für 16,8 Millionen Euro vom OSC Lille
  • Verkauft 2022 für 29,2 Millionen Euro an Tottenham Hotspur

Schon bei seinem Wechsel aus Frankreich nach England sollen die Spurs an dem klassischen Box-to-Box-Spieler interessiert gewesen sein. Doch der Nationalspieler Malis entschied sich für Brighton, wo er im zentralen Mittelfeld reifte.

Im vergangenen Sommer holten ihn die Spurs dann im zweiten Anlauf, mussten aber deutlich tiefer in die Tasche greifen. Und durch etwaige Bonuszahlungen kann die Ablöse sogar noch auf 35 Millionen Euro ansteigen.

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Leo Östigard

  • Geholt 2018 für 110.000 Euro von Molde FK
  • Verkauft 2022 für 5 Millionen Euro an die SSC Neapel

Der Norweger ist ein Beispiel dafür, dass Brightons Plan, Spieler weiterzuentwickeln, nicht unbedingt auf die eigene Mannschaft bezogen sein muss. Denn der Norweger hat in den vier Jahren, in denen er bei Brighton unter Vertrag stand, kein einziges Profispiel für die Seagulls absolviert. Stattdessen wurde der Innenverteidiger mehrmals verliehen, zunächst an St. Pauli, dann an Coventry, an Stoke und schließlich an Genua.

Und bei dem Deal mit Neapel winkt Brighton ein weiterer Geldregen: Drei Millionen Euro könnten durch Bonuszahlungen noch zur Ablöse hinzukommen. Außerdem sicherten sich die Südengländer eine Beteiligung an einem möglichen Weiterverkauf.

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Alexis Mac Allister

  • Geholt im Winter 2019 für 8 Millionen Euro von Argentinos Juniors

Vor Argentiniens WM-Triumph kannten den Mittelfeldspieler wohl nur wenige, jetzt ist er in aller Munde. Dass Mac Allister den Weg an die englische Südküste fand, ist Brightons Fokus auf den südamerikanischen Markt geschuldet. Wie The Athletic schreibt, bereisten Klubboss Paul Barber und der frühere Chefscout Paul Winstanley in den vergangenen Jahren mehrmals des südamerikanischen Kontinent, um Kontakte zu intensivieren und die Eigenheiten des Marktes kennenzulernen.

Dank des guten Rufs, den sich Brighton dort erarbeitet hat, gelang es, Mac Allister im Januar 2019 zu verpflichten, ihn aber bei Leihen an die Argentinos Juniors und die Boca Juniors noch weiter in seiner Heimat reifen zu lassen. Erst seit 2020 läuft er für die Seagulls in der Premier League auf - und könnte nun der nächste große Topverkauf werden. 40 bis 50 Millionen Euro könnte ein Verkauf einbringen.

Boss Barber gab sich aber noch im Dezember entspannt bei dem bis 2025 gebundenen Mac Allister. Er hoffe, den Spieler so lange wie möglich halten zu können, meinte Barber.

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Moisés Caicedo

  • Geholt im Winter 2021 für 5 Millionen Euro von Independiente

Der Mittelfeldspieler ist ein Beleg dafür, dass Brightons Scouts nicht nur in den großen Ligen in Südamerika scouten, sondern den Blick auch mal nach Ecuador wandern lassen. Nach einer Leihe nach Belgien startete Caicedo im vergangenen Jahr bei Brighton durch.

Im Oktober hieß es beim Mirror, dass die Seagulls den 21 Jahre alten ecuadorianischen Nationalspieler nur für eine Ablöse von 99 Millionen Euro ziehen lassen würden. Ganz so viel dürfte Caicedo wohl nicht einbringen, 55 Millionen Euro hätte Brighton aber wohl schon ganz gern. Bei der Premier-League-Konkurrenz ist das Interesse jedenfalls groß. Vor allem Chelsea und Liverpool sollen Caicedo ins Visier genommen haben.

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Leandro Trossard

  • Geholt 2019 für 15,6 Millionen Euro vom KRC Genk

Der Belgier, beim 3:3 im Hinspiel gegen Liverpool mit drei Toren noch der überragende Mann, stand am vergangenen Samstag beim Rückspiel (3:0) gar nicht im Kader. Der Grund: Ein Zoff mit Coach Roberto De Zerbi, der öffentlich Trossards Einstellung nach der Rückkehr aus der WM-Pause kritisierte.

Trossard will offenbar weg. Laut The Athletic wurde ein erstes Angebot der Spurs in Höhe von 13,5 Millionen Euro jedoch abgelehnt. Nachvollziehbar, schließlich würde Brighton bei einem Deal nur ungern Verlust machen. Zumal das auch nicht ins Bild der üblichen Transfer-Deals passt.

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Graham Potter

Auch den plötzlichen Abgang ihres Erfolgstrainers im September 2022 zum FC Chelsea ließen sich die Seagulls finanziell ordentlich entschädigen. Laut BBC flossen rund 24 Millionen Euro Ablöse für Potter und seine Assistenten Billy Reid, Björn Hamberg, Bruno, Ben Roberts und Kyle Macaulay, die ihn nach London begleiteten.

Im November 2022 schlug dann auch noch der bisherige Leiter der Scoutingabteilung bei Brighton, Paul Winstanley, ebenfalls den Weg an die Stamford Bridge ein. Dass Brightons Transfermodell nun zusammenbricht, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Nach Winstanleys Abschied wurde Sam Jewell, schon seit 2016 bei Brighton, befördert. Wie Winstanley hat auch Jewell ein Faible für den südamerikanischen Markt. In der Scoutingabteilung deckt der ehemalige Atlético-Star Pablo Ibáñez seit 2015 zudem vorwiegend den spanischsprachigen Raum ab.

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Ansonsten liegt Brightons Fokus mitunter auch fernab der großen Topligen in Europa. Offensivspieler Kaoru Mitoma wurde in Japan entdeckt. Enock Mwepu, der aufgrund von Herzproblemen seine Karriere vorzeitig beenden musste, kam einst vom österreichischen Serienmeister Salzburg.

Beim Scouting setzt Brighton zudem auch auf ein weltweites Spielerdatenmodell von Klub-Eigner Tony Bloom, der sich in England auch als professioneller Pokerspieler einen Namen gemacht hat. "The Lizard", wie Bloom auch genannt wird, hält seit 2018 zudem die Mehrheitsanteile am letztjährigen belgischen Überraschungsteam Royale Union Saint-Gilloise.

Brighton & Hove Albion: Die Rekord-Abgänge der Seagulls

PlatzNameSaisonKlubAblöse (laut transfermarkt.de)
1.Marc Cucurella2022/23FC Chelsea65,3 Mio. Euro
2.Ben White2021/22FC Arsenal58,5 Mio. Euro
3.Yves Bissouma2022/23Tottenham Hotspur29,2 Mio. Euro
4.Dan Burn2021/22Newcastle United15 Mio. Euro
5.Neal Maupay2022/23FC Everton11,8 Mio. Euro