Immerhin - DHB-Team beweist Moral

Von Für SPOX in Kristianstad: Florian Regelmann
Geschafft! Das DHB-Team rund um Pascal Hens zieht in die WM-Hauptrunde ein
© Getty

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat sich bei der WM in Schweden für die Hauptrunde qualifiziert. Einen Tag nach der desolaten Vorstellung gegen Frankreich besiegte das DHB-Team in Kristianstad Tunesien souverän mit 36:26 (15:12) und betrieb damit ein Stück weit Wiedergutmachung.

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Beste deutsche Torschützen waren Pascal Hens (6) und Sebastian Preiß (5). Für die Tunesier traf Heykel Megannem (6) am besten.

Damit zieht Deutschland mit null Punkten in die Hauptrunde ein, an das Halbfinale ist realistisch gesehen nicht mehr zu denken. Es geht nur noch darum, mindestens das Spiel um Platz sieben zu erreichen. Ein Sieg dort war, wegen der damit verbundenen Qualifikation für ein Olympia-Qualifikations-Turnier, das WM-Minimalziel gewesen.

Dafür sind in der Hauptrunde in Jönköping gegen Island, Norwegen und Ungarn aller Voraussicht nach zwei Siege nötig. Zum Auftakt geht es am Samstag (18.30 Uhr) gleich gegen die noch ungeschlagenen Isländer.

Reaktionen:

Heiner Brand: "Von der ersten Minute an war zu spüren, dass die Mannschaft unbedingt wollte. Wir hatten erst ein paar Probleme in der Abwehr, deshalb haben wir uns nicht sofort absetzen können. Ich habe viel Spielfreude gesehen - und das hat mir Freude bereitet. Das war nach der zweiten Halbzeit gegen Frankreich auch nötig, denn wir waren angeschlagen. Jetzt gehen wir mit neuem Mut in die Hauptrunde und werden sehen, was wir daraus machen können."

Johannes Bitter: "Dieser Sieg ist viel wert. Wir haben super gekämpft, das war eine überzeugende Leistung. Wir wussten, dass wir eine gute Abwehr stellen konnten. Und wir haben die ganze Zeit das Selbstvertrauen gehabt, dass wir gut spielen können."

Dominik Klein: "Wir waren alle heiß und haben den unbedingten Willen gezeigt. Jetzt können wir mit der Lockerheit aus dem Spiel gegen Tunesien in die Hauptrunde gehen."

Holger Glandorf: "Die gesamte Mannschaft ist sehr erleichtert, dass wir gewonnen haben. Trotz des zeitweiligen Rückstandes haben wir immer an uns geglaubt. Wenn wir diese Art Handball spielen, können wir auch auf gute Ergebnisse in der Hauptrunde hoffen. Vielleicht sogar auf drei Siege."

Oliver Roggisch: "Die Mannschaft hat heute gezeigt, dass sie aus den Fehlern des Frankreich-Spiels gelernt hat und nur gewinnen kann, wenn sie mit hundert Prozent Einsatz und Willen zu Werke geht. Das war die richtige Antwort auf die negative Kritik - auch aus der Presse."

Der WM-Spielplan: Alle Spiele, alle Gruppen, alle Topscorer!

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Brand setzt sein Wechselspiel im Tor fort. Diesmal steht zu Beginn wieder Bitter zwischen den Pfosten. Im Angriff starten Gensheimer, Hens, Kraus, Pfahl, Sprenger und Preiß. Zwischen Angriff und Abwehr tauschen Kraus und Haaß.

7.: Bitter verhindert den Dreher mit einer starken Fußabwehr! Auf der Gegenseite schnappt sich Preiß die Kugel am Kreis und trifft im Fallen. 6:3. Sieht gut aus.

15.: Megannem wirft Bitter die Kugel um die Ohren. Tunesien plötzlich zwei Tore vorne! 0:5-Lauf!

20.: Bitter mit der großen Parade. Schneller Abwurf auf Sprenger. Drin!

22.: Big Save von Bitter! Haaß unwiderstehlich zur deutschen Führung! Auszeit Tunesien.

26.: Sami hämmert den Ball an den rechten Pfosten! Gensheimer in Unterzahl dann mit dem feinen Abschluss aus dem Rückraum. Deutschland bekommt das Spiel in den Griff.

33.: Schlampiger Pass auf Glandorf! Gegenstoß über links. Tej bringt den Ball im langen Eck unter. Nur noch 15:14.

37.: Mimi Kraus! Klasse freigespielt und auf einmal ist viel Platz in der Mitte. Drin das Ding! Deutschland setzt sich ab!

41.: Klein trifft für Deutschland! Komfortable Führung. Ist aber auch dringend notwendig. Bahrain hat Ägypten völlig überraschend mit 27:26 geschlagen! Bei einer Niederlage wäre Deutschland also raus!

46.: Klasse Balleroberung von Hens. Mit langen Schritten sprintet er übers gesamte Feld und trifft eiskalt.

51.: Deutschland hat in dieser Phase immer eine Antwort parat. Hens macht mit seinem sechsten Treffer die 30 voll. Die Sache ist lange entschieden.

Deutschland - Tunesien: Das Spiel im Re-Live zum Nachlesen

Der Star des Spiels: Der deutsche Teamgeist. Nach der peinlichen Vorstellung in der zweiten Halbzeit gegen Frankreich musste man dem DHB-Team den Teamgeist für einen Moment absprechen. Aber gegen Tunesien haben die Jungs gezeigt, dass sie noch eine Mannschaft sind. Eine Mannschaft, die auch mit Rückschlägen umgehen kann. Eine Fähigkeit, für die dieses Team nicht wirklich bekannt ist. Man konnte große Angst bekommen, als sich die Partie in der ersten Hälfte zwischenzeitlich schon wieder in eine ganz schlimme Richtung entwickelte. Aber sie sind nicht abgetaucht, sondern haben sich zusammengerissen. Ein Sieg der kompletten Mannschaft, bei dem man keinen einzelnen Spieler herausheben sollte.

Der Flop des Spiels: Issam Tej. Der tunesische Kreisläufer, der beim französischen Spitzenklub Montpellier unter Vertrag steht, ist eine der großen Waffen im Spiel der Afrikaner. Gegen Deutschland blieb diese Waffe aber stumpf. Tej konnte sich entweder nicht durchsetzen, oder er wurde vom Rückraum schlecht bzw. gar nicht in Szene gesetzt. Der Angriff der Tunesier funktionierte auch ohne ihren bei der WM verletzten Shooter Wissem Hmam gegen Deutschland stellenweise ordentlich, die Rückraumlinie mit Megannem, Gatfi und Hedoui fand in der ersten Halbzeit Lücken in der deutschen Abwehr. Aber ein Kreisspiel fand während der gesamten 60 Minuten nicht statt.

Analyse: Immerhin. Ein Wort, acht Buchstaben, die es am besten ausdrücken, was die deutsche Mannschaft gegen Tunesien bot. Immerhin machte die DHB-Auswahl den Hauptrunden-Einzug am Ende noch souverän klar. Immerhin zeigte sie, dass sie noch ein Team ist. Immerhin gibt es jetzt noch Hoffnung auf ein einigermaßen versöhnliches Ende dieser WM.

Die von Bundestrainer Brand in die Verantwortung genommene Truppe zeigte gegen Tunesien von Beginn an eine klare Reaktion auf die Frankreich-Blamage und ließ in der Anfangsphase keine Zweifel daran aufkommen, wer hier als Sieger von der Platte gehen würde.

Statistik: Die besten Torschützen und die besten Vorbereiter

Im Angriff gelangen dem deutschen Team einige wirklich sehenswerte Kombinationen. Der im gesamten Spiel sehr starke Pascal Hens (6 Tore, 9 Assists) zeichnete sich einige Male als starker Vorbereiter aus und fand Sebastian Preiß, der mehrmals vom Kreis abschließen konnte. Deutschland führte 6:3. Alles schien im grünen Bereich.

Deutschland wäre aber in diesen Tagen nicht Deutschland, wenn es nicht auch mal wieder eine unerklärliche Schwächephase im Spiel haben würde. Plötzlich ging für eine ganze Zeit lang absolut nichts mehr. Bälle wurden einfach so ins Seitenaus geschmissen. Das kennt man. Gegen die offensive 5-1-Deckung fand man keine Mittel. Auch das kennt man.

So wurde aus einer Drei-Tore-Führung ganz schnell ein Zwei-Tore-Rückstand. Da Ägypten sich gegen Bahrain unglaublich schwer tat und unfassbarerweise das Spiel sogar verlieren sollte, konnte man kurzzeitig tatsächlich Angst um das deutsche Team bekommen. Bei einer Niederlage wäre man raus gewesen. Dass sich die Mannschaft danach aber wieder gesteigert hat, ist positiv.

Nachdem man Tunesien Anfang der zweiten Hälfte wieder auf ein Tor herankommen ließ, schaltete das DHB-Team einen Gang höher, brachte den Sieg gegen stark abbauende Tunesier noch total problemlos nach Hause und bewies, dass es für diese Mannschaften schon noch reicht. Die 5-1-Abwehr mit Dominik Klein als vorgezogenem Mann war der Schlüssel dafür, dass Deutschland Tunesien jetzt richtig überrannte.

Im Angriff wurden die Systeme diszipliniert und mit viel Druck aufs Tor ausgespielt. Es bleiben Problemfelder, so wurde Uwe Gensheimer erneut überhaupt nicht ins Spiel eingebunden, aber für den Augenblick muss man einfach erst mal zufrieden sein. Deutschland ist weiter. Immerhin.

Der Spielplan der Handball-WM 2011