SPOX: Dann kam es zum Finale gegen Inter Mailand. Schalke siegte im Rückspiel im Elfmeterschießen. Die ersten vier Schützen trafen allesamt, sodass Sie als fünfter gar nicht mehr ran mussten. War es Ihnen ganz recht so?
De Kock: (lacht) Natürlich! Oder glauben Sie, ich habe zu Wilmots (verwandelte den entscheidenden Elfmeter, Anm. d. Red.) gesagt: "Scheiße, Marc! Du hättest vorbeischießen sollen!" Dann hätte ich zumindest noch die Möglichkeit gehabt. (lacht) Natürlich war ich froh, dass es entschieden war und wir den Titel in den Pott geholt hatten.
UEFA-Cup 1997: Schalkes Weg zum Titel in Bildern
SPOX: Wie wurde danach gefeiert?
De Kock: Wir sind direkt nach dem Spiel zurück nach Deutschland geflogen und haben versucht, noch ein paar Stunden zu schlafen.
SPOX: Keine Feier in der Nacht?
De Kock: Natürlich wurde schon angestoßen, aber wir waren alle platt. Am nächsten Morgen sind wir dann zum Rathaus in die Stadt gefahren. Da ging es dann rund. Ich habe nie so viele Leute gesehen wie an diesem Tag auf dem Marktplatz und später beim Autokorso auf den Straßen. Das war unglaublich, überall war es komplett überfüllt.
SPOX: Wie haben Sie die Begeisterung Fußball im Ruhrpott erlebt?
De Kock: Das war gigantisch! Das war sowas von schön. Alle Leute, die irgendwann einmal auf einem Fußballplatz standen oder im Entferntesten etwas mit Fußball zu tun hatten, feierten uns und begleiteten uns in diesen Tagen. Diese Bilder sind mir auch jetzt nach 20 Jahren noch sehr gegenwärtig.
SPOX: Ausgerechnet Borussia Dortmund stand in dem Jahr auch im Finale der Champions League und siegte eine Woche später ebenfalls.
De Kock: Das war womöglich die einzige Woche aller Zeiten, in der Schalke und Dortmund füreinander die Daumen drückten. Während der Saison war die Rivalität natürlich gewohnt groß, da gönnte man dem Anderen nichts. In den Tagen der Europapokalgewinne aber stand der ganze Ruhrpott zusammen. Wir waren als gesamte Mannschaft sogar beim Endspiel der Dortmunder im Münchner Olympiastadion und haben mit dem BVB mitgejubelt.
SPOX: Heute unvorstellbar.
De Kock: Mein Sohn ist begeisterter Schalke-Fan. Für ihn käme es gar nicht infrage, auch nur irgendetwas Gelbes zu besitzen. Ich darf nicht einmal gelbe T-Shirts tragen. Es war für uns damals aber selbstverständlich, dass wir die deutsche Mannschaft unterstützen.
SPOX: Wurde anschließend auch gemeinsam gefeiert?
De Kock: Das nicht, nein. Soweit ging die Freundschaft dann doch nicht - die hatte klare Grenzen. (lacht) Wir haben rund um das Champions-League-Finale sozusagen unsere Abschlussfahrt gemacht und ein paar heitere Tage in München verbracht. Das war aber unabhängig von den Dortmunder Feierlichkeiten.
SPOX: Der UEFA-Cup-Sieg ist bis heute der größte Schalker Vereinserfolg. Sie selbst hat es nach Ihrer Karriere auch noch eine Zeit beim Klub gehalten: Sie waren beim Bau der Arena auf Schalke beteiligt.
De Kock: Genau, ich bin studierter Straßen- und Wasserbau-Ingenieur. Bevor ich zu Schalke kam, arbeitete ich neben dem Fußball in Kerkrade auch noch 20 Stunden als Ingenieur. Das wollte ich in irgendeiner Weise beibehalten, schließlich ist die Zeit als Fußballprofi nur begrenzt. Ich hätte ja nicht nach zehn oder fünfzehn Jahren Profifußball zu einem Unternehmen gehen und sagen können: "Ich bin gelernter Ingenieur, habe aber noch nie gearbeitet." Ich wäre gar nicht auf dem aktuellen Stand der Technik gewesen. Bei meiner Vertragsverhandlung auf Schalke habe ich mit Rudi Assauer also ein Abkommen geschlossen.
SPOX: Tatsächlich?
De Kock: Assauer erzählte mir vom Vorhaben, eine neue Arena zu errichten. Schalke war gerade in der Planungsphase. Ich erzählte ihm von meiner Ingenieurs-Ausbildung und äußerte mein Interesse, bei diesem Projekt mitzuwirken. Es war eine Win-win-Situation, denn Assauer hatte in mir nicht nur einen Ingenieur gefunden, sondern auch jemanden, der dieses neue Stadion auch selbst nutzen würde und deshalb wusste, worauf es beim Bau besonders ankam. Nicht nur den Platz betreffend, sondern auch die Konstruktion der Tribünen. Als ich in meinen Jahren vier und fünf auf Schalke häufig verletzt war und kaum spielen konnte, hatte ich dafür umso mehr Zeit, mich dem Bau zu widmen.
SPOX: Für welche Bereiche waren Sie genau zuständig?
De Kock: Ich habe den Tiefbau und Teile der Rasenfläche konzipiert und den Aufbau der Betonwanne geleitet. Wenn es heute also einen Wasserschaden gibt, bin womöglich ich daran schuld. (lacht) Noch ein gutes Jahr nach der Fertigstellung habe ich für Schalke viele Verträge zur Wartung und Instandhaltung abgeschlossen und das Schienensystem in der Arena begleitet. Damit waren die für mich interessanten Aufgaben aber auch erledigt, sodass wir die Zusammenarbeit dann beendeten.
SPOX: Sie haben sich auch als Trainer versucht - warum hatte das langfristig aber keine Zukunft für Sie?
De Kock: Ich habe bis zur dritten Liga in den Niederlanden gearbeitet, stellte aber für mich fest, dass es nicht das ist, was ich machen möchte. Anschließend war ich noch drei Jahre im Vorstand des niederländischen Fußballverbands beschäftigt.
SPOX: Und wie geht es nun weiter?
De Kock: Ich kann mir gut vorstellen, als Sportdirektor zu arbeiten. Mal sehen, was der Fußball noch für mich bereithält.