Zoff mit Trainer, mehrere Eklats und Verlust von Startelfplatz: Rafael Leãos holpriger Pfad zur alten Stärke bei der AC Milan

Von Marko Brkic
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Rafael Leão hat bei der AC Mailand einen unerwartet schwierigen Saisonstart hinter sich. Warum verlor Milans bester Spieler seinen Stammplatz?

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Als sich die Saison 2022/23 in Italien dem Ende näherte, stand die AC Milan aus sportlicher Sicht unter hohem Leistungsdruck. Nachdem man in der Spielzeit davor nach elf langen Jahren den Scudetto endlich wieder in die Höhe stemmen durfte und sich zum italienischen Meister gekrönt hatte, lief man fast ein Jahr später Gefahr, die Champions-League-Plätze zu verpassen. Doch nicht nur aus sportlicher Sicht waren die Rossoneri unter Zugzwang, eine weitere große Baustelle bildete auch der Vertragspoker um ihren damals bereits besten Spieler: Rafael Leão.

Der Portugiese, seit 2019 beim Traditionsverein aus Mailand unter Vertrag, war entscheidend am Gewinn der Meisterschaft 2021/22 beteiligt. Seine 14 Tore und 11 Vorlagen in 42 Pflichtspielen reichten zudem aus, um die Auszeichnung für den Fußballer des Jahres 2022 in Italien abzusahnen. Verwunderlich war es daher nicht, dass die Mailänder Klubführung für den Portugiesen bereit war, tief in die Tasche zu greifen, um dessen Arbeitspapier vorzeitig um vier weitere Jahre bis 2028 zu verlängern und somit den immer wieder aufkeimenden Gerüchten über einen potenziellen Abgang Wind aus den Segeln zu nehmen.

Während Milan in der Liga noch einmal die Kurve kratzte und sich schlussendlich doch noch für die Königklasse qualifizierte, war auch an der Vertragsfront durchatmen angesagt: Leão und der Klub einigten sich im Juni 2023 auf die oben bereits erwähnten Konditionen, was der Flügelspieler prompt mit einer weiteren hervorragenden individuellen Saison 2023/24 dankend zurückzahlte - 16 Tore und 15 Vorlagen in 48 Partien.

Leãos Höhenflug im Trikot des siebenfachen Champions-League-Siegers sollte jedoch nicht ewig anhalten. Unter dem neuen Trainer Paulo Fonseca durchlebte der Edeltechniker, der für seine Sprintfähigkeiten und unaufhaltsamen Dribblings bekannt ist, in der laufenden Saison erstmals eine längere Schwächephase, die durch Streitereien, Disziplinlosigkeiten, eine ungewöhnlich lange Durststrecke vor dem Tor und einem angespannten Verhältnis zum Trainer geprägt ist.

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"Das ist eine Schande": Bockiger Rafael Leão fällt mehrmals respektlos auf

Früh deutete sich, dass die Saison 2024/25 für Leão überraschend holprig werden könnte. Nachdem er in den ersten beiden Ligaspielen jeweils die vollen 90 Minuten bestreiten durfte, setzte ihn Fonseca, der im Sommer für Stefano Pioli übernommen hatte, im dritten Ligaspiel gegen Lazio Rom vorerst auf die Ersatzbank. Mit einer gesunden Portion Wut im Bauch schoss Leão beim 2:2-Unentschieden gegen die Römer sein erstes Tor der Spielzeit.

Was nach dem Spiel jedoch für noch mehr Diskussionen sorgte als sein Tor, war Leãos Zurschaustellung von Respektlosigkeit gegenüber seinem Trainer. Während einer Trinkpause vermied es Leão, gemeinsam mit Theo Hernandez, der offensichtlich ebenfalls von seiner späten Einwechslung genervt war, den kurzen Weg zur Seitenlinie zu gehen, wo Fonseca seinen Spielern taktische Anweisungen gab. Das Bild der beiden, die bei der Unterbrechung nicht weiter von Trainer und Mitspieler entfernt hätten stehen können, war mehr als bizarr. Besonders harsche Worte fand nach dem Spiel TV-Experte Paolo Di Canio: "Der Trainer und die Mitspieler werden durch dieses Verhalten bloßgestellt. Zu meiner Zeit hätte man sie an eine Wand gestellt und geschlagen. Das ist eine Schande."

Eine Kritik, die Leão so nicht auf sich sitzen lassen wollte. Der Portugiese konterte seinerseits auf X mit einem alten Bild von Di Canio, der den Italiener mit dem faschistischen Gruß zeigt, äußerte sich aber nicht zur Aktion selbst. Fonseca nahm den beiden die Aktion weitaus weniger übel als Di Canio. "Wir schaffen uns keine Probleme, die es nicht gibt", sagte der Trainer nach dem Spiel, der sogar die "gute" Reaktion der beiden Übeltäter auf ihre Reservistenrolle lobte.

Es dauerte jedoch nicht lange, bis Leão erneut negativ auffiel. Während sich seine Mitspieler nach der enttäuschenden 1:3-Niederlage gegen den FC Liverpool zum Auftakt der Champions-League-Saison beim Verabschieden in der Kurve das gellende Pfeifkonzert der eigenen Anhänger anhören mussten, war der 25-Jährige als einziger Spieler der Hausherren bereits in den Katakomben verschwunden. Auch dies blieb ohne direkte Folgen.

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Rafael Leão nur mehr außen vor - Verlust des Stammplatzes

Konsequenzen gab es für Leão hingegen mit Blick auf seine Einsatzminuten. Nicht nur Leão, sondern auch die AC Milan als Mannschaft erwischte keinen guten Start in die Saison. Fonseca sah sich gezwungen zu handeln und verdonnerte ausgerechnet seinen Landsmann auf die Ersatzbank. Vom 19. Oktober bis 2. November musste sich der Linksaußen gleich dreimal mit der Rolle der Teilzeitkraft begnügen, gegen Udinese Calcio setzte Fonseca ihn gar nicht erst ein. Der Coach wollte von einem Streit mit Leão aber nichts wissen und war nach außen um Beschwichtigung bemüht.

"Die Tatsache, dass der Trainer ihn nicht aufstellt, bedeutet nicht, dass es ein Problem gibt", begann Fonseca die Pressekonferenz nach dem Sieg gegen Club Brügge, wo Leão abermals nicht die vollen 90 Minuten über auf dem Platz gestanden hatte. Berichte über eine Bestrafung Leãos für dessen angeblich schwache Leistungen und mangelhafte Arbeit in der Rückwärtsbewegung erstickte der 51-Jährige ebenfalls umgehend im Keim. "Es war eine Entscheidung, die ich auf der Grundlage dessen getroffen habe, was ich in diesem Moment des Spiels für notwendig hielt. Es gibt keine Bestrafung", so Fonseca. Es seien normale Dinge im Fußball: "Einige spielen, andere nicht."

Deutlichere Worte fand Zvonimir Boban, von 2019 bis 2020 Milan-Sportgeschäftsführer, in einem Interview gegenüber Sky Italia. "Er hat Fonseca mit seinen Zahlen nicht überzeugt, die Saison war schrecklich", meinte der Kroate, der Leão wenig schmeichelhaft einen "Charakter der Profis, wie wir ihn heute kennen", zuerkannte.

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Vier Scorerpunkte in vier Spielen - es geht wieder bergauf

Diese schwierige Phase scheint der Portugiese nun aber langsam wieder überwunden zu haben. Dass ein Leão nicht langfristig auf der Bank versauern wird, war trotz der Umstände jedem Außenstehenden klar. Der 25-Jährige schwächelte zwar, doch die Rossoneri als Mannschaft konnten nicht die gewünschten Leistungen abrufen - nach 13 Spieltagen liegt man in der Serie A nur auf Rang sieben.

Die für Leão ungewöhnlich lange Serie von elf Pflichtspielen in Serie ohne Treffer riss am 9. November, als er beim 3:3 gegen Cagliari einen Doppelpack schnürte - Leão stand von Beginn an auf dem Platz. Zuletzt gelangen dem 37-fachen portugiesischen Nationalspieler in vier Spielen vier Scorerpunkte.

So ist auch der FC Barcelona offenbar immer noch felsenfest vom Talent des 25-Jährigen überzeugt und soll, wie die spanische Zeitung Mundo Deportivo berichtet, Interesse an einer Verpflichtung im Sommer haben, nachdem man bereits im vergangenen Sommer an ihm gebaggert hatte. Bei den Katalanen hoffe man, dass Leão unter Trainer Hansi Flick wieder zu seiner alten Konstanz findet. Diesen Schritt hat Fonseca mit Leãos Wiedereingliederung in die Startelf zumindest eingeleitet.

Auf die Frage, ob es besser sei Leão auf dem Platz zu haben als auf der Bank, antwortete Fonseca nach dem 3:2-Sieg gegen Slovan Bratislava, bei dem Leão einen Treffer beisteuerte, mit: "Ja, jetzt schon." Fonseca hätte bei Leão "zwei Strategien angewandt: Die eine hatte keinen Erfolg, die andere schon. Ich bin froh, dass Rafa so reagiert hat, aber ich will Kontinuität." Die Mannschaft brauche "diese Version von Rafa".

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