Paulo Dybalas komplexer Teufelskreis bei Juventus Turin: 92 Millionen Euro, die an Messi erinnern

Von Stanislav Schupp
Paulo Dybala, Juventus Turin
© getty

Paulo Dybalas Vertrag läuft im kommenden Sommer aus. Juventus Turin will um jeden Preis verlängern - und droht, in ein finanzielles Chaos zu stürzen.

Cookie-Einstellungen

373 Tage. So lange fiel Paulo Dybala seit seinem 40-Millionen-Wechsel im Sommer 2015 von US Palermo zu Juventus Turin insgesamt aus. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren plagten den 28-Jährigen zahlreiche Muskelverletzungen. In der noch jungen Spielzeit verpasste Dybala dadurch bereits sieben Spiele. Am vergangenen Wochenende gegen den FC Venedig (1:1) musste der Argentinier bereits nach zwölf Minuten runter.

Dennoch ist Dybala mit acht Treffern und vier Assists in wettbewerbsübergreifend 17 Spielen derzeit bester Scorer im Team von Cheftrainer Massimiliano Allegri und in der aktuellen sportlichen Krise ein wichtiger Faktor.

Nach Informationen von SPOX und GOAL stand der Angreifer deshalb ursprünglich kurz davor, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag vorzeitig um fünf Jahre zu verlängern. Bis zu zehn Millionen Euro Jahresgehalt soll ihm das neue Arbeitspapier einbringen. Abzüglich Steuern beläuft sich das Gesamtpaket auf 92,5 Millionen Euro.

Seine jüngste Krankenakte stellt dies nun allerdings auf den Prüfstand. Doch nicht nur deswegen läuft die Alte Dame Gefahr, eine Mega-Summe einfach in den Sand zu setzen.

Paulo Dybalas Probleme bei Juventus: "Macht sich in die Hose"

271-mal lief Dybala bislang für Juve auf, 108 Tore und 51 Vorlagen stehen dabei zu Buche. Mit dem italienischen Rekordchampion gewann er unter anderem fünfmal den Scudetto, viermal wurde er Pokalsieger.

Ein Dybala in Top-Form ist für Juve ein Gewinn. Doch seit ein paar Jahren stockt die Entwicklung des Linksfußes. Seinen richtigen Platz scheint Dybala nicht gefunden zu haben.

Das in Allegris erster Amtszeit (2014-19) oft praktizierte 4-3-3 war nicht geeignet für Dybala und auch auf der Position hinter den Spitzen fiel es ihm nach eigener Aussage schwer, "den Ball gegen defensive Mannschaften zwischen die Linien zu befördern." Bereits gegen Ende der Saison 2018/19 war Dybala nicht mehr unumstritten.

Der italienische Ex-Nationalspieler Antonio Cassano ging sogar einen Schritt weiter. "Keiner seiner Juve-Trainer hat ihn jemals als unverzichtbar angesehen", sagte er einst bei Bobo TV, dem Twitch-Format von Ex-Profi Christian Vieri. Cassano frage sich, "ob er wirklich ein Champion ist. Er macht nicht den Unterschied aus. Ich habe das Gefühl, dass Dybala sich in die Hose macht, sobald er ein wenig unter Druck steht."

Juve und Dybala: Barca/Messi als warnendes Beispiel

Gesetzt ist Dybala dagegen in den Herzen der Bianconeri-Tifosi. Als 2019 ein Abschied des 31-fachen argentinische Nationalspielers Richtung Manchester United drohte, starteten Fans eine Social-Media-Kampagne, um Juve davon zu überzeugen, Dybala zu halten.

Auch innerhalb des Teams genießt er hohes Ansehen. Nachdem die Rückkehr von Superstar Cristiano Ronaldo zu den Red Devils feststand, brach Kapitän Giorgio Chiellini eine Lanze für seinen Teamkollegen: Dybala sollte der neue Anführer der Turiner werden. "Das ist jetzt seine Mannschaft", sagte Chiellini bei DAZN: "Auch wenn seine Ausbeute unter Ronaldos Präsenz etwas gelitten hat, ist er nach wie vor ein Schlüsselspieler. Das sehen wir alle so."

Doch bei all den Lobeshymnen stellt sich auch die Frage, wie Juve Dybalas Verbleib finanzieren will. Nicht nur die Auswirkungen der andauernden Corona-Pandemie, die auch bei einem möglichen vorzeitigen Verkauf eine Rolle spielen könnten, lassen Skepsis aufkommen. Seit kurzer Zeit läuft zudem ein Verfahren gegen den Top-Klub, in dem die italienische Justiz derzeit wegen Bilanzfälschung in 42 Fällen gegen Juve ermittelt.

Kann Juve es sich also überhaupt leisten, ein rund 100 Millionen Euro schweres Paket für einen verletzungsgeplagten Spieler zu schnüren? Wie sehr sich ein Verein beim Wunsch, einen Spieler um jeden Preis halten zu wollen, noch weiter in den finanziellen Ruin treiben kann, hat nicht zuletzt das Beispiel von Lionel Messi und dem FC Barcelona gezeigt.

Paulo Dybala spielt seit 2015 für Juventus Turin.
© getty
Paulo Dybala spielt seit 2015 für Juventus Turin.

Dybalas Dilemma: Ein Schlüsselspieler ohne Auftrag

Dybala ist derzeit ein Schlüsselspieler, der seine eigentlich benötigte Qualität nicht kontinuierlich abrufen kann - weil ihm andauernde Blessuren einen Strich durch die Rechnung machen. Oberschenkelbeschwerden während der Vorbereitung, muskuläre Probleme zu Beginn der Saison, eine Wadenverletzung im November und die frühe Auswechslung bei Venezia, nachdem Dybala bereits wenige Tage zuvor in der Champions League gegen Malmö zur Halbzeit draußen bleiben musste. "Wir sind ein Risiko eingegangen und es ist schlecht gelaufen", gab Allegri gegenüber DAZN anschließend zu.

Ein Risiko müsste Juve auch in Sachen Vertragsverlängerung eingehen. Da Dybalas Vertrag im Sommer endet, darf der Offensivstar bereits zum Jahreswechsel mit anderen Klubs verhandeln. Mit einer Einigung wird daher sogar noch vor Weihnachten gerechnet.

Dybalas sportliche Bedeutung für Juve, seine gleichzeitige Verletzungsanfälligkeit, die finanzielle Komponente und der gleichzeitige Zeitdruck: Es ist ein Teufelskreis, mit dem der Klub aktuell zu kämpfen hat.