Hakan Calhanoglu beim AC Milan: Von Ibrahimovic geadelt, von Pioli zum Vorlagenkönig gemacht

Wechselt Hakan Calhanoglu in die Premier League?
© imago images / Gribaudi/ImagePhoto

Hakan Calhanoglu ist wieder da. Nach überstandener Coronainfektion feierte er am vergangenen Sonntag sein Comeback für den AC Milan mit zwei Assists. Seit Monaten deutet der 27-Jährige wieder an, warum er einst als eines der vielversprechendsten Talente europaweit gehandelt wurde. Nun steht eine schwierige Entscheidung für den nicht immer einfachen Profi an.

Cookie-Einstellungen

30 Minuten sind am Sonntag im Spiel des AC Milan gegen das Serie-A-Schlusslicht FC Crotone noch zu spielen, als Hakan Calhanoglu, frisch genesen von einer Coronainfektion, das Feld betritt. Bisher tritt der Tabellenführer dominant, aber zu selten torgefährlich auf, führt nur 1:0.

Das ändert sich keine zwei Minuten später: Calhanoglu ist nach einem Einwurf erster Anspielpartner, leitet für Theo Hernandez ein, der bedient Ibrahimovic - 2:0. Bis zum 3:0 vergehen immerhin fünf Minuten, diesmal bereitet Calhanoglu Ante Rebics Tor nach einer Ecke selbst vor. Ähnliches Schema rund 80 Sekunden später: Flanke Calhanoglu, Tor Rebic, 4:0.

Die verrückten neun Minuten am vergangenen Wochenende verdeutlichen, welchen Stellenwert Hakan Calhanoglu beim AC Milan genießt. Der türkische Nationalspieler ist Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Rossoneri, nicht nur Trainer Pioli ist voll des Lobes für Calhanoglu: "Er hat alles, um ein Spitzenspieler zu sein." Und Superstar Zlatan Ibrahimovic adelte Calhanoglu schon: "In den letzten sechs Monaten hat er wie eine richtige 10 gespielt. Ich hoffe, er macht so weiter, weil er tolle Sachen machen kann und sogar noch Dinge darüber hinaus."

Für den sportlichen Aufschwung Calhanoglus seit dem Re-Start sprechen auch die Zahlen: Die beiden Assists am Wochenende waren saisonübergreifend seine Torbeteiligungen Nummer 23 und 24 in den 30 Serie-A-Spielen, seit es nach der pandemiebedingten Pause Mitte Juni wieder losging. Zum Vergleich: In den 30 Ligaspielen zuvor kam Calhanoglu auf gerade einmal ein Viertel davon. Mit neun Vorlagen in dieser Saison ist er aktuell auch noch der erfolgreichste Vorlagengeber der Liga.

Hakan Calhanoglu: Milan-Trainer Pioli als Schlüssel zum Erfolg

Doch wie kam es zum plötzlichen Wandel? Ein entscheidender Faktor ist Trainer Pioli, weiß Goal-Korrespondent Simone Gambino zu berichten: "Piolis Ankunft änderte alles für Calhanoglu. Er spielt seitdem auf seiner gelernten Position als zentraler Mittelfeldspieler direkt hinter den Spitzen und er spürt das Vertrauen von Trainer, Mitspielern und Fans."

In der Tat taucht Calhanoglu mittlerweile vermehrt als Zehner im 4-2-3-1-System Piolis auf und fühlt sich dort pudelwohl: "Da fühle ich mich frei, kann mich bewegen, wie ich will. Dadurch kann ich meine Mitspieler immer wieder einsetzen und das zeichnet mich aus", verriet er zuletzt im Interview mit SPOX und DAZN.

Doch trotz der innigen Beziehung zu Trainer und Mitspielern ist ein Verbleib von Calhanoglu in Mailand derzeit offen. Grund: Sein Vertrag läuft im Sommer aus.

Hakan Calhanoglu: Leistungsbilanz nach Trainern

TrainerVereinSpieleToreVorlagen
Jörn AndersenKSC802
Markus KauczinskiKSC471715
Thorsten FinkHSV620
Mirko SlomkaHSV1462
Bert van MarwijkHSV1732
Roger SchmidtLeverkusen1122729
Gennaro GattusoAC Milan711021
Vincenzo MontellaAC Milan1926
Marco GiampaoloAC Milan710
Stefano PioliAC Milan531620

Berücksichtigt wurden nur Trainer, unter denen Calhanoglu mindestens 5 Spiele absolvierte

Hakan Calhanoglu: Auch die Bundesliga ist eine Option

Wie sowohl von Vereins-, als auch von Spielerseite zu hören ist, laufen aktuell Gespräche zwischen beiden Parteien. Allerdings: Vom Erfolg gekrönt waren diese bisher nicht. Bereits im Winter gab es Gespräche mit anderen Vereinen, Milan jedoch lehnte einen Transfer von vornherein ab und hofft auf eine Verlängerung.

Dass diese noch nicht finalisiert wurde, könnte auch damit zusammenhängen, dass die Qualifikation für die Champions League, Calhanoglus erklärtem Ziel, noch nicht in trockenen Tüchern ist. Im Lager Calhanoglus gibt man sich abwartend und entspannt. Seine aktuellen Leistungen fielen nämlich auch (noch) namhafteren Klubs als Milan auf. Verhandlungen mit diesen gab und gibt es, jedoch sei auch ein Verbleib in Mailand durchaus vorstellbar, wie SPOX und Goal aus Calhanoglus Umfeld erfuhren.

Ebenso ist die Bundesliga, aus der wohl vor allem Leipzig und der BVB in Frage kämen, ein Thema - allerdings nur als eine von mehreren möglichen Optionen. Viel mehr als um das Land geht es dem seit Montag 27-Jährigen vor seinem wohl letzten großen Vertrag um den nächsten Karriereschritt.

Hakan Calhanoglus Vertrag beim AC Mailand äuft im Sommer aus.
© imago images / LaPresse
Hakan Calhanoglus Vertrag beim AC Mailand äuft im Sommer aus.

Hakan Calhanoglu: 2011 hatte er zwei gültige Verträge

Dass der AC Milan zu einem solchen werden würde, war bei Calhanoglus Wechsel 2017 alles andere als ausgemacht. Nach zwei Teilnahmen an der K.o.-Runde der Champions League in drei Jahren bei Bayer Leverkusen war Milan für den damals 23-Jährigen eher ein Rückschritt. Milan hatte in den Jahren zuvor die Plätze zehn, sieben und sechs in der Serie A belegt, die Champions League war weit weg.

Die Gründe für den Wechsel waren allerdings weniger sportlicher Natur, als vielmehr dem sich damals immer mehr verfestigenden Image Calhanoglus als Skandalprofi geschuldet. Vor seinem Wechsel war er nämlich zum Zuschauen und Trainieren verdammt, durfte aufgrund einer Sperre vier Monate lang nicht mehr für Bayer auflaufen. Grund war eine Jugendsünde: Calhanoglu hatte 2011 zwei Profiverträge bei verschiedenen Vereinen unterschrieben.

Hakan Calhanoglus Wechsel zu Bayer Leverkusen: "Das ist beschissen gelaufen"

Bestätigt fühlten sich damals vor allem die HSV-Fans. In der Hansestadt hatte Calhanoglu 2014 erst inmitten der bis dato schlechtesten Saison in der Vereinsgeschichte der Rothosen seinen Vertrag verlängert und davon gesprochen, "in den kommenden Jahren ein fester Bestandteil der Mannschaft" sein zu wollen, um wenige Monate später, kurz vor dem so wichtigen Relegationsspiel gegen Fürth, öffentlich zu machen, er wolle zu Bayer Leverkusen wechseln.

Es folgte ein monatelanges Hin und Her, an dessen Ende Calhanoglu sich gar die temporäre mentale Unfähigkeit, um am Training des HSV teilnehmen zu können, ärztlich bescheinigen ließ - und wenig später seinen Willen bekam. In der Folge wurde Calhanoglus Krankschreibung aufgehoben, was den damaligen HSV-Sportchef Oliver Kreuzer auf den Plan rief. Er prangerte Calhanoglu und vor allem dessen Vater öffentlich an und resümierte in der Sport Bild: "Das ist beschissen gelaufen."

Dass Hakan Calhanoglu ein einfacher Profi sei, lässt sich also nicht gerade behaupten. Dennoch wirkt er in den vergangenen Monaten gefestigter, auf und neben dem Platz. Es bleibt zu hoffen, dass der Sommer kein weiteres Wechseltheater um den 27-Jährigen mit sich bringt.