Kylian Mbappé: Darum sollte PSG seinen Stürmer an Real Madrid verkaufen

Von Thomas Hindle
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Kylian Mbappé soll Paris Saint-Germain mitgeteilt haben, dass er seinen Vertrag nicht verlängern wird. Der Verein hat somit keine andere Wahl, als den Angreifer in diesem Sommer zu verkaufen.

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Alles begann mit einem Bild aus der Vergangenheit. Der junge Kylian Mbappé sitzt auf seinem Kinderbett und lehnt sich an die Wand, während er von einer Collage aus Cristiano-Ronaldo-Postern umgeben ist. Es gibt keinen Zentimeter weiße Tapete, sondern nur die Legende von Real Madrid, mit der sein ganzes Zimmer zugekleistert ist.

Dieses Bild wurde erstmals 2017 veröffentlicht, als der damalige Stürmer aus Monaco auf der Suche nach einem neuen Verein war - mit 18 Jahren galt er bereits als einer der besten Angreifer der Welt. Damals entschied er sich für PSG und legte seine Kindheitsträume zunächst auf Eis. Doch es war immer klar, dass er eines Tages in Madrid spielen würde.

Sechs Jahre später ist dies nun wieder aktuell geworden. Mbappé hat PSG mitgeteilt, dass er seinen Vertrag, der am Ende der nächsten Saison ausläuft, nicht verlängern wird. Er habe die einseitige Option auf eine Vertragsverlängerung nie in Erwägung gezogen, teilte der Vize-Weltmeister am Dienstag der französischen Nachrichtenagentur AFP mit.

Am Montag hatte die Sporttageszeitung L'Equipe zunächst berichtet, dass Mbappe seinen Klub per Brief darüber in Kenntnis gesetzt habe, diese Option nicht zu ziehen. "Der einzige Zweck des Briefes war aber die Bestätigung dessen, was längst besprochen war", hieß es in Mbappés Statement.

"Kylian Mbappé und sein Umfeld bestätigen, dass sie im Laufe des Jahres nie wieder mit dem Verein über diesen Punkt gesprochen haben, außer vor zwei Wochen, als sie den Versand des Schreibens ankündigten. Es wurde auch nicht über eine mögliche Verlängerung gesprochen", hieß es weiter.

PSG: Kylian Mbappé will seinen Vertrag erfüllen

Der Franzose will seinen Vertrag aber erfüllen. "Kylian Mbappé hatte bereits in den letzten Wochen öffentlich bekräftigt, dass er in der nächsten Saison in Paris spielen wird", erklärten Mbappé und sein Umfeld: "Er hat in diesem Sommer nicht um seinen Abschied gebeten, sondern dem Verein lediglich bestätigt, dass sein zusätzliches Jahr nicht aktiviert wird."

Die Pariser befinden sich nun in einer klassischen Zwickmühle: Entweder sie verkaufen Mbappé jetzt oder sie riskieren, ihn in einem Jahr umsonst zu verlieren. Denn die Los Blancos lauern immer noch.

PSG hat unmissverständlich erklärt, dass Mbappé den Verein unter keinen Umständen ablösefrei verlassen wird. Man besteht darauf, dass er entweder seine Meinung ändert und einen neuen langfristigen Vertrag unterschreibt oder für eine stattliche Ablösesumme in diesem Sommer geht.

Und genau jetzt könnte auch der Zeitpunkt gekommen sein, um zuzuschlagen. Wenn Madrid einen Stürmer braucht, gilt es als fast sicher, dass man das nötige Geld für ihn hinlegen wird.

PSG hätte jetzt also die Chance, Mbappé zu den besten Bedingungen abzugeben - und die sollten sie nutzen. Hier geht es nicht mehr um den Idealismus eines jungen Mannes aus der Region oder um den Titel in der Ligue 1, den er in der nächsten Saison unweigerlich holen würde. Stattdessen stehen die Pariser vor einer finanziellen Entscheidung, die untrennbar mit dem Erfolg ihrer Mannschaft in den kommenden Jahren verbunden ist. Mbappé muss verkauft werden.

Allerdings scheint Mbappé da anderer Meinung zu sein: Einen Bericht von Le Parisien mit der Überschrift "PSG: Kylian Mbappé will schon im Sommer zu Real wechseln", kommentierte der Stürmer bei Twitter mit den Worten: "Lügen! Ich habe bereits gesagt, dass ich nächste Saison bei PSG weitermachen werde, wo ich sehr glücklich bin." Und das könnte die Dinge weiter verkomplizieren.

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Kylian Mbappé: Ein Pariser Liebling

Der Verkauf von Mbappé wäre für PSG kein unmittelbarer Gewinn. Man muss ja Fußballspiele gewinnen. Und wenn man den wohl besten Spieler der Welt in seinem Team hat, bringt das in der Regel einen gewissen Erfolg im Laufe einer Saison. Mbappé wäre in der nächsten Saison der Ligue 1 von entscheidender Bedeutung und würde die Mannschaft auch in der Champions League etwas konkurrenzfähiger machen - obwohl auch er bislang nichts am obligatorischen jährlichen Ausscheiden ändern konnte.

Er ist ein äußerst talentierter Fußballer, der sich noch weiter verbessern wird. Die Tatsache, dass er ein Pariser ist, der einst den Verlockungen eines der größten europäischen Klubs widerstanden hat, um zu bleiben, macht ihn auch zu einer Marketing-Perle. Er ist im Grunde der einzige Spieler, der noch immer die Bewunderung der notorisch kritischen PSG-Ultras genießt. PSG hat das Pech, dass Mbappé sich so sehr nach Madrid sehnt - andernfalls wäre dies eine Art Fußball-Ehe, die ewig halten könnte.

Doch abgesehen von der Romantik schwindet aus Vereinssicht der Nutzen von Mbappé immer mehr. Denn der Starspieler hat längst begonnen, eine Ablenkung vom Wesentlichen zu werden.

Das begann im vergangenen Sommer, als er massive finanzielle Forderungen an PSG stellte, die auch prompt erfüllt wurden. Er wollte mehr Geld, Macht und Autonomie als alle anderen im Verein. Und die Pariser stimmten bis ins kleinste Detail zu - und feierten es, als hätten sie ihn zum Schnäppchenpreis verpflichtet.

Das kann man ihnen nicht unbedingt verübeln. Wäre es ein anderer Spieler gewesen, hätte PSG die Forderungen abgelehnt und wäre vielleicht bereit gewesen, den unzufriedenen Profi loszuwerden. Im Fall von Mbappé könnte man aber die Feierlichkeiten verzeihen, die trotz der absurden Treueprämie von 70 Millionen Euro, die man dem Franzosen für jedes Jahr, in dem er im Verein bleibt, zahlen wollte, abgehalten wurden. Fußball ist oft ziemlich herzlos, aber es wäre etwas für die Idealisten gewesen, wenn Mbappé bei seinem Heimatverein geblieben wäre.

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Kylian Mbappé: Ist er es noch wert?

Mbappé hat immer verstanden, welche Macht er hat. Er hat im vergangenen Sommer so hart mit PSG verhandelt, weil er wusste, dass seine Wünsche erfüllt würden. Ein Deal mit Real schien damals in greifbare Nähe, doch es herrschte immer das Gefühl vor, dass PSG eine letzte Chance bekommen würde, ihn umzustimmen.

Wie er erwartet hatte, zahlten die Pariser. Aber er behielt nicht lange die Nerven. Berichten zufolge bereute Mbappé seine Entscheidung sofort und telefonierte mit einem empörten Real-Präsidenten Florentino Perez, um Madrid zu bitten, ihn zu verpflichten.

Im Oktober kam dieser Wunsch ans Licht. Kurz vor einem wichtigen Champions-League-Spiel wurde bekannt, dass Mbappé den Verein verlassen wollte. Ein paar Monate später machte er sich in der Presse über Neymars nächtliche Fastfood-Gewohnheiten lustig. Kurz darauf legte er sich in den sozialen Medien mit dem Verein wegen eines Dauerkarten-Werbevideos an, das ihm nicht gefiel. PSG hat es daraufhin entfernt.

Es gab auch noch weitere Vorfälle. Mbappé wurde auf Kosten von Presnel Kimpembe zum Vizekapitän ernannt - ohne dass Kimpembe von dieser Entscheidung überhaupt wusste. Nach der Niederlage gegen Bayern München kritisierte er seine Mannschaftskameraden in der Presse und gab zu, dass PSG "nicht gut genug" sei, um die Champions League zu gewinnen.

All das wurde hingenommen, vor allem, weil Mbappé PSG mit seinen brillanten Leistungen zu einem weiteren Titel in der Ligue 1 verholfen hat. Ohne ihn wäre man vielleicht vom RC Lens übertrumpft worden.

Man könnte jetzt argumentieren, dass die aktuelle Meldung schlicht nur ein weiterer Vorfall ist, mit dem Mbappé den Parisern einen noch großzügigeren Vertrag entlocken möchte. Doch dieses Mal scheint er einen Schritt zu weit gegangen zu sein. Selbst wenn er blufft - und das tut er mit ziemlicher Sicherheit nicht - hat der Vize-Kapitän mehr Ärger angerichtet, als er wert ist.

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Kylian Mbappé: Darum sollte ihn PSG jetzt verkaufen

Den Stürmer einfach zu verkaufen, ist allerdings nicht so einfach. Fußballer haben schon öfter ihren Wunsch geäußert, einen Verein zu verlassen - aber nicht in diesem Umfang, in dieser Qualität oder zu diesem Preis. Mbappé dürfte einer der teuersten Spieler der Welt sein. Auf dem heutigen Markt werden Superstars dieser Größenordnung nicht verkauft. In einer Welt ohne Vertragsbeschränkungen wäre eine astronomische Summe nötig, um ihn von PSG wegzulocken.

Die Pariser könnte tatsächlich frei über einen Preis bestimmen. Laut der New York Times wollen sie 200 Millionen Euro. Gegen diese Summe ist wenig einzuwenden, denn es gibt keinen Präzedenzfall dafür, wie viel ein Spieler wie Mbappé im letzten Jahr seines Vertrags kosten sollte.

Das Problem ist, dass Madrid wahrscheinlich nicht so viel zahlen wird - und PSG weiß das sicherlich auch. Es ist also ein Zahlenspiel, das für die Los Blancos nicht einfach ist. Sie haben gerade 103 Millionen Euro für Jude Bellingham ausgegeben und rechnen damit, dass Mbappé im nächsten Sommer ablösefrei zu haben ist. Sie hätten vielleicht die Nerven, bis dahin abzuwarten, doch dass Karim Benzema vor kurzem nach Saudi-Arabien abgewandert ist, erschwert die Sache. Plötzlich braucht Madrid einen Stürmer.

Dennoch hat Mbappé seinem Verein einen Gefallen getan. Vergangenes Jahr erklärte er, dass er PSG nicht umsonst verlassen wolle, sondern dass es ihm lieber wäre, wenn der Verein durch seinen Verkauf Geld einnehmen würde. Indem er nun dem Verein mitteilte, dass er gehen will, bevor das Transferfenster wirklich geöffnet ist, hat Mbappé dieses Versprechen eingelöst. PSG hat jetzt eine gute Verhandlungsposition.

Madrid könnte zwar womöglich den Preis nach unten treiben, aber PSG sitzt am längeren Hebel. Man wird sich mit den Parisern irgendwo treffen müssen. Denn auch wenn er weg will, Mbappé wird nicht billig zu haben sein.

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Kylian Mbappé: Wie kann sich Real Madrid ihn leisten?

Das könnte ein großer Nachteil für Los Blancos sein. Perez hat den Fans vergangene Woche versprochen, dass Mbappé ein Madrilene sein wird, aber nicht vor 2024. In gewissem Sinne hat sich der Zeitplan nun geändert, seit Benzema seinen Abgang verkündet hat. Madrid muss einen Stürmer verpflichten. Harry Kane wurde gehandelt, doch auch er wäre nicht billig - und die Spurs sind notorisch geizige Verhandlungspartner.

Madrid hat sich darauf eingestellt und in den letzten Wochen eine Reihe von Kaderveränderungen vorgenommen. Eden Hazard ging und machte dabei Millionen frei. Benzema war einer der bestverdienenden Spieler. Inzwischen ist auch Marco Asensio weg - zu PSG - was ebenfalls Platz schaffen dürfte. Bellinghams Gehalt von zehn Millionen Euro ist nicht gerade wenig, aber es hätte weitaus höher sein können.

Mbappé ist dagegen der bestbezahlte Spieler Europas und hat im vergangenen Sommer ein Angebot aus Madrid in Höhe von 232 Millionen Euro für drei Jahre abgelehnt. Wenn er PSG verlässt, wird er unweigerlich eine Gehaltskürzung hinnehmen müssen. Das heißt aber nicht, dass es eine massive Kürzung sein wird oder dass er weitaus schlechtere Bedingungen akzeptieren würde. Eine Verpflichtung bliebe ein sehr teures Unterfangen.

Dazu gibt es Grund zur Annahme, dass ein möglicher Mbappé-Deal die Sichtweise von Madrid weiter verändern könnte. Los Blancos haben sich zwar bereits etwas Spielraum verschafft, sie müssen aber vielleicht noch den einen oder anderen weiteren Verkauf tätigen. Hilfreich dabei ist, dass sie im Mittelfeld einige hochwertige Spieler haben, insbesondere Aurelien Tchouameni und Federico Valverde.

Keiner der beiden Spieler hat eine Stammplatzgarantie für das nächste Jahr und beide könnten eine Ablösesumme von mehr als 70 Millionen Euro erzielen. Madrid wird keinen der beiden verkaufen wollen, aber man muss einen namhaften Spieler abgeben, um einen Mega-Star zu holen.

Hier gibt es einen Präzedenzfall. Im Jahr 2013 wurde mit Mesut Özil ein hochkarätiger offensiver Mittelfeldspieler verkauft, um den Transfer von Gareth Bale zu finanzieren - ein Spieler, der keineswegs ein direkter Ersatz für den Deutschen war. In Özils Fall galten weder Loyalität, noch Unverzichtbarkeit als Argumente und es ist nicht davon auszugehen, dass sich daran mittlerweile etwas geändert hat.

Real ist durchaus auch ein rücksichtsloser Verein, der immer einen Weg finden wird. Die Zeiten der Galacticos sind zwar vorbei, aber Madrid hat seine Vorliebe für große Neuverpflichtungen nicht verloren. Wenn sie wollen, dass der Mbappé-Transfer klappt, werden sie den richtigen Preis für sich herausfinden und jeden loswerden, den sie dazu benötigen.

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Paris ohne Kylian Mbappé? QSI und PSG 2.0

Mit der immensen Einnahme könnte wiederum PSG damit beginnen, etwas Neues aufzubauen. Das Projekt von Qatar Sports Investments basierte bislang auf reiner Star-Power. Es begann mit den damals lächerlich teuren 42 Millionen Euro, die 2012 für Javier Pastore ausgegeben wurden. Darauf folgten weitere teure Transfers und die enormen Gehälter, die man Neymar, Lionel Messi und Co. zahlte.

Doch jetzt bröckelt dieses Modell. Mbappé sollte der Star der Zukunft sein. Es wurde weitgehend akzeptiert, dass er eines Tages gehen würde, aber da jetzt auch Messi nicht mehr da ist, bietet sich nun eine gute Gelegenheit. Mit Manuel Ugarte und Asensio hat man bereits zwei kluge Neuzugänge getätigt. Mit der möglichen Verpflichtung von Bernardo Silva schienen sich die Puzzleteile um Mbappé zu fügen. Es zeichnete sich eine sonst nie dagewesene Nachhaltigkeit ab.

Sollte Mbappé gehen, könnte auch Neymar folgen. Dann hätten die Pariser eine große Summe Geld und die Anziehungskraft der französischen Hauptstadt. Daraus könnte ein interessantes Projekt werden. Randal Kolo Muani wird schon seit einiger Zeit mit Paris in Verbindung gebracht und es gibt eine ganze Reihe junger französischer Spieler, die die Chance ergreifen würden, das PSG-Trikot zu tragen. Hinzu kommt die erwartete Ankunft des 35-jährigen Julian Nagelsmann. Dann könnte es durchaus spannend werden in Paris - eine Art QSI 2.0.

Dies ist der springende Punkt bei der Entscheidung, vor der PSG steht. Zehn Jahre lang haben dieser Verein und seine Eigentümer die größten Stars gekauft und Tausende von Trikots verkauft, aber auf dem Spielfeld versagt. Alles war so prunkvoll und aufregend wie möglich, was verfehlte Saisonziele wiederum für alle außerhalb der französischen Hauptstadt sehr unterhaltsam machte.

Doch Mbappé hat die vermeintliche Romantik des Ganzen nun getrübt. Der Junge aus der Region will weg und sein Herz schlägt für einen Verein, der den Parisern auf der europäischen Bühne Konkurrenz machen kann. Irgendwann wird er das Spielfeld im Parc des Princes betreten und das Weiß von Madrid tragen.

Das ist für PSG kein schöner Gedanke - vor allem, wenn man bedenkt, wie unausweichlich das Ganze ist. Es wurde bislang nur aufgeschoben. Doch jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um eine Entscheidung zu treffen, die sie so gerne vermeiden wollten. Es wird weh tun, doch der Verkauf von Mbappé und die Annahme der riesigen Transfersumme könnte wirklich das Beste für PSG sein.

Kylian Mbappé und seine Leistungsdaten für PSG in der Saison 2022/23

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