Cher Ndour: PSG holt den "neuen Pogba", der zum Symbol einer neuen Transferstrategie werden könnte

Von Matt O'Connor-Simpson
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PSG ist nicht dafür bekannt, verstärkt auf Talente zu setzen. Der Transfer Cher Ndours könnte das Zeichen eines Strategiewechsels sein.

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PSG steht ein Sommer mit tiefgreifenden Veränderungen bevor. Lionel Messi hat den Verein verlassen, und es ist durchaus möglich, dass ihm Neymar und Kylian Mbappé folgen. Die kurze Ära eines der spektakulärsten Angriffstrios ist damit vorbei.

Der potenzielle Verlust der drei Megastars hat in der französischen Hauptstadt zu einem Umdenken geführt. Trotz all des Geldes, das ausgegeben wurde, um die drei Stürmer nach Paris zu locken, hat es in der Champions League nicht zum großen Erfolg gereicht.

Vielleicht ist es also an der Zeit für eine neue Personalpolitik. Ein Symbol dafür könnte die anstehende Verpflichtung von Cher Ndour sein. Er kommt in Kürze von Benfica und kostet wegen seines auslaufenden Vertrags keine Ablöse. Es fehlt einzig noch die offizielle Bestätigung. Mit dem zentralen Mittelfeldmann schnappt sich PSG eines der aufregendsten Talente des Kontinents.

Manchester United, Manchester City und Juventus waren ebenfalls scharf auf Ndour, und SPOX erklärt, was den Youngster so besonders macht.

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Cher Ndour zu PSG: Die ersten Schritte

Ndour wurde in Brescia geboren, 23 Tage nachdem Griechenland Portugal im Finale der Euro 2004 geschockt hatte. Das Fußballspielen lernte er im örtlichen Klub ASD San Giacomo Chieri. "Als ich fünf Jahre alt war, spielte ich in einer Minikicker-Mannschaft", erinnerte sich Ndour gegenüber Cronache di Spogliatoio. "Dann wechselte ich in den Jahrgang 2004. Wir haben alle Spiele gewonnen, zu Hause habe ich eine ganze Reihe von Trophäen für den besten Spieler."

Schnell war also sein Talent offensichtlich, und Ndour blieb nicht lange bei seinem Heimatverein. Brescia Calcio verpflichtete ihn. Er durchlief dort einige Altersklassen und wechselt als Elfjähriger zu Atalanta Bergamo. Dort erlebte er als aufstrebender Teenager die Erfolge von La Dea unter Gian Piero Gasperini hautnah mit.

Obwohl Atalanta in Serie A und Champions League für Furore sorgte, entschied sich Ndour 2020 für den Abschied. Zur Enttäuschung Bergamos wechselte der Mittelfeldspieler zum portugiesischen Rekordmeister Benfica.

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Cher Ndour zu PSG: Der große Durchbruch

Der Wechsel des damals 15-Jährigen zog naturgemäß erstmal nicht viel Aufmerksamkeit auf sich. Der Hype kam erst ein knappes Jahr später, als Ndour einen Rekord von Joao Félix knackte.

Am 2. Mai 2021 gab Ndour sein Debüt für Benficas zwei Mannschaft, als er in der Schlussphase eines 2:0-Sieges gegen Oliveirense eingewechselt wurde. Der Spieler, den er ersetzte? Ein Stürmer namens Goncalo Ramos, der anderthalb Jahre später in der K.-o.-Phase der Weltmeisterschaft einen Dreierpack für Portugal schnüren sollte.

Mit diesem Kurzeinsatz wurde Ndour zum jüngsten Spieler, der jemals für die zweite Mannschaft Benficas aufgelaufen war. Er übertraf die Bestmarke von Félix um 33 Tage. In der darauffolgenden Saison stand er bereits regelmäßig in der Startelf und verpasste während der gesamten Saison nur acht Spiele für Benfica B. Außerdem half er der U19, die UEFA Youth League zu gewinnen.

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Cher Ndour zu PSG: So läuft's gerade

Seitdem ging es für Ndour steil bergauf. Im September 2022 wurde er in die italienische U20-Auswahl berufen, wo er die Azzurrini zu einem 2:1-Sieg gegen Portugal führte.

Im Dezember 2022 saß er zum ersten Mal bei Benficas Profis auf der Bank, und in der darauffolgenden Woche stand er sogar auf dem Platz. Beim 5:1-Sieg gegen Vitoria Guimaraes wurde er von Trainer Roger Schmidt eingewechselt.

Der deutsche Coach berief Ndour auch regelmäßig in seinen Champions-League-Kader. Für einen Einsatz reichte es zwar noch nicht, aber Ndour schnupperte bereits die Atmosphäre des Wettbewerbs, der schon bald seine große Bühne werden könnte.

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Cher Ndour zu PSG: Seine Stärken

Ndour verkörpert das, was man dieser Tage unter einem modernen, Box-to-Box-Mittelfeldspieler versteht. Er ist im eigenen Ballbesitz spielfreudig, scheut sich aber auch nicht vor Drecksarbeit, wenn der Gegner das Spielgerät hat. In der Jugend war er vielen Kontrahenten wegen seiner imposanten Mischung aus Physis und Technik überlegen.

Ndour ist mit seinen 18 Jahren 1,90 Meter groß und kräftig. Sein trickreiches Spiel hindert die Statur nicht. Er verfügt über eine enge Ballführung und vernascht seine Gegenspieler regelmäßig mit Finten.

Dazu ist er auch torgefährlich. In Benficas zweiter Mannschaft markierte er vergangene Saison vier Treffer. Ins Auge fällt dabei seine Schussstärke. Mehrfach netzte er mit satten oder raffinierten Abschlüssen aus der Distanz.

Auch von seinen Defensivqualitäten gibt es viel Positives zu berichten. Aufgrund seiner Körpergröße ist er in der Luft stark - was auch seine späten Läufe in den Strafraum gefährlich macht -, während seine krakenartigen Beine dafür sorgen, dass er ein ziemlich gefürchteter Zweikämpfer ist. Kombiniert man diese Gaben mit einem großen Laufpensum, wird schnell klar, warum Ndour in den nächsten Jahren zu einem der besten Achter Europas werden könnte.

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Cher Ndour zu PSG: Woran er arbeiten muss

Zum einen muss Ndour, um wirklich ein kompletter Mittelfeldspieler zu werden, noch effizienter werden. Vor allem im Passspiel. Ein Assist in der vergangenen Saison ist nicht wirklich berauschend für einen Spieler auf seiner Position.

Dazu gibt es Zweifel an seiner Spielintelligenz. Manchmal agiert Ndour kopflos und besessen davon, den Ball zurückzuholen, sodass er taktische Vorgaben gerne über Bord wirft. Seine Mängel konnte er bei den Junioren dank seiner körperlichen Überlegenheit gut kaschieren. Bei den Profis nun wird das nicht mehr so leicht sein.

Der Trainer, den Paris Saint-Germain holt - wahrscheinlich Luis Enrique - wird auch die Aufgabe haben, Ndours Energie auf dem Rasen zu kanalisieren. Was der Youngster braucht, ist viel Führung und Spielpraxis, damit der nächste Entwicklungsschritt gelingt.

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Cher Ndour: Der neue ... Paul Pogba?

2020 tauchten erstmals Vergleiche Ndours mit Frankreichs Weltmeister Paul Pogba auf. Der Corriere dello Sport sah damals Parallelen zwischen den beiden Mittelfeldakteuren. Und ehrlicherweise verfügen beide tatsächlich über einen ähnlichen Spielstil.

Beide sind groß, auf derselben Position beheimatet und technisch beschlagen. Es bleibt aber zu hoffen, dass Ndour weniger verletzungsanfällig ist als der einstige Weltrekordtransfer von Manchester United.

Pikantes Detail: PSG versuchte in der Vergangenheit mehrfach erfolglos, Pogba in die Ligue 1 zu holen. Mit Ndour bekommt Frankreichs Meister nun dessen jüngere Version.

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Cher Ndour: Wie geht es weiter?

In Kürze steht erstmal die Verkündung des Wechsels zu PSG auf dem Programm. Danach kann es für Ndour nur darum gehen, sich schnell und dauerhaft einen Platz im Profikader zu erkämpfen.

Viel hängt auch davon ab, wie stark die PSG-Verantwortlichen Ndour bereits einschätzen. Womöglich könnte es zunächst auch auf Leihbasis direkt zu einem anderen Verein gehen.

Auf Länderspielebene weckt Ndour ebenfalls hohe Erwartungen. Er durchlief bereits mehrere Auswahlmannschaften Italiens, zuletzt war er Stammspieler in der U20. Der nächste Schritt ist die U21.

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