Warren Zaïre-Emery bei PSG: Mehr als nur der nächste Nkunku

Von Chris Lugert
Warren Zaïre-Emery, PSG
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Warren Zaïre-Emery ist eines der größten Talente im Kader von Paris Saint-Germain. Im Hinspiel der Champions League gegen den FC Bayern München feierte der 16-Jährige sogar sein Startelfdebüt in der Königsklasse.

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An Talenten mangelt es bei Paris Saint-Germain eigentlich nie. Die Nachwuchsakademie hat bereits zahlreiche spätere Stars hervorgebracht, über die sich allerdings meist andere Klubs gefreut haben. Denn während die Quantität an guten, jungen Spielern absolut vorhanden ist, mangelt es meist an der Integration in den Profikader von PSG.

Es ist das Los vieler großer, ambitionierter Weltklubs. Der Kader ist übersät mit Stars, die alle den Anspruch haben, zu spielen. Gleichzeitig erlauben die eigene Zielsetzung und der daraus resultierende Erfolgsdruck es nicht, Talente zu entwickeln und ihnen die Möglichkeit zu geben, Fehler zu machen.

Also greifen die Trainer lieber einmal zu viel als zu wenig auf den arrivierten Topspieler zurück. Moussa Diaby, Christopher Nkunku, Kingsley Coman - sie alle wurden bei PSG ausgebildet, reiften aber erst woanders zu Stars. Denn dort bekamen sie das Wichtigste, was ein junger Spieler braucht: regelmäßige Spielzeit.

Diesen Kreislauf durchbrechen könnte nun aber vielleicht ein anderes Mega-Talent aus der PSG-Jugend. Warren Zaïre-Emery wird in wenigen Wochen erst 17 Jahre alt, doch schon jetzt kommt der defensive Mittelfeldspieler auf überraschend viel Einsatzzeit im Starensemble des französischen Meisters.

Nicht wenige trauen ihm eine absolute Weltkarriere zu. Aber wer ist Zaïre-Emery und was zeichnet ihn aus? SPOX wirft einen Blick auf das Wunderkind, das im Hinspiel der Champions League gegen die Bayern bereits sein Startelf-Debüt in der Königsklasse feierte.

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Die ersten Schritte

Am 8. März 2006 kam Warren Zaïre-Emery im Pariser Vorort Montreuil zur Welt. Schon früh fielen vor allem seine technischen Fähigkeiten auf, wie sich sein Vater Franck Emery erinnerte. "Ich war mit meinem Cousin bei einem Turnier in Trappes und hatte auch Warren mitgenommen", schilderte er im Gespräch mit RMC Sport: "Ein Ball kam auf mich zu und ich spielte einen 30-Meter-Pass in die Luft zu Warren, der den Ball mit seiner Brust annahm, als hätte er das jeden Tag geübt. Mein Cousin und ich schauten uns an und wir sagten: 'Das war gar nicht schlecht!'"

Franck Emery war einst selbst Fußballer und arbeitete anschließend bei einem Amateurklub als Trainer. In dieser Rolle erlaubte er es seinem Sohn Warren immer wieder, an Trainingseinheiten teilzunehmen - und sogar mehr als das. "Ich ließ die erwachsenen Spieler Übungen machen, und wenn sie sie nicht richtig ausführen konnten, bat ich Warren, es ihnen zu zeigen, obwohl er erst neun Jahre alt war", erinnert sich Emery.

Zu dieser Zeit war sein Sohn bereits in den Nachwuchs von PSG aufgenommen worden, und auch dort blieb sein Talent nicht verborgen. Schnell wurde Zaïre-Emery zur U11 geschickt, da er im Training mit Gleichaltrigen schlicht unterfordert war.

"Wir hatten das Gefühl, dass seine Anwesenheit kontraproduktiv für die Mannschaft war. Denn wenn der Ball verloren ging, glich Warren alles aus und die anderen Spieler strengten sich weniger an", sagte Bafode Diakite, einer der ersten Trainer von Zaïre-Emery, zu RMC. Er habe den anderen Spielern verdeutlichen müssen, "dass Warren nicht der Feuerwehrmann vom Dienst war".

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Der große Durchbruch

Endgültig ins Rampenlicht spielte sich Zaïre-Emery nach seiner Beförderung in die U19 von PSG im Sommer 2021 - als 15-Jähriger wohlgemerkt - und mit seinen anschließenden Leistungen in der UEFA Youth League. Schnell drückte er dem Wettbewerb seinen Stempel auf und kristallisierte sich als bester Mittelfeldspieler der Saison heraus. Seine beeindruckendste Vorstellung lieferte er aber wohl am 7. Dezember 2021 ab.

An jenem Tag empfing die U19 von PSG den FC Brügge, es war das entscheidende Spiel um den Gruppensieg. Beide Klubs gingen punktgleich in den finalen Spieltag der Youth League und für PSG lief es gar nicht gut. Zur Halbzeit führten die Belgier mit 2:0 und PSG war in Unterzahl.

In der 55. Minute betrat Zaïre-Emery schließlich das Feld, erzielte selbst ein Tor, legte einen weiteren Treffer auf und führte sein Team zu einem 3:2-Sieg. Für die Jung-Pariser ging es anschließend bis ins Viertelfinale des Wettbewerbs, Zaïre-Emery stand nach seiner Gala gegen Brügge fortan stets in der Startelf. 2022 wurde er mit dem Titi d'Or als bester Nachwuchsspieler der Pariser Akademie ausgezeichnet.

Und diese Leistungen riefen auch den FC Bayern auf den Plan. Nach Informationen von SPOX und GOAL gehörte Zaïre-Emery gemeinsam mit seinem Mannschaftskollegen Ayman Kari zu jenen Spielern, auf die die Münchner ein besonderes Auge geworfen hatten und womöglich immer noch haben. In den vergangenen Jahren sahen sich die Bayern verstärkt im Ausland nach jungen Spielern um, auch Jamal Musiala fand so seinen Weg an die Isar.

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: So läuft's gerade

Seit vergangenem Sommer ist Zaïre-Emery fester Bestandteil des Profikaders von PSG, trotz seiner erst 16 Jahre liegen die Zeiten in den Nachwuchsmannschaften wohl bereits hinter ihm. Gleich am ersten Spieltag der neuen Ligue-1-Saison im Auswärtsspiel bei Clermont Foot feierte er sein Profidebüt, in den vergangenen Wochen kam er dann regelmäßig zum Einsatz. Bei der Niederlage in Rennes Mitte Januar stand er erstmals in der Startelf und bekam den Vorzug vor Spielern wie Renato Sanches oder Fabián Ruiz. Knapp zwei Wochen später erzielte er in Montpellier als Joker sein erstes Tor.

Dabei geht es Trainer Christophe Galtier nicht um Effekthascherei, sondern schlicht um Leistung, wenn er Zaïre-Emery einsetzt. "Ich brauche Wettbewerb im Kader", stellte er klar und ließ einen vielsagenden Satz folgen: "Wenn ein 16-einhalb- oder 17-Jähriger bessere Leistungen bringt als die anderen Spieler, dann spielt er." So auch im Topspiel bei der AS Monaco, als er - allerdings als Teil einer B-Elf - ebenfalls von Anfang an ran durfte und bei der 1:3-Niederlage den einzigen PSG-Treffer erzielte.

Im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinale gegen die Bayern stand er nun zum ersten Mal in der Startelf. Zwar lieferte er keine außergewöhnliche Leistung ab, handelte die Situation für einen 16-Jährigen aber erstaunlich souverän. Zuvor standen für den Youngster lediglich elf Minuten in der Königsklasse zu Buche, die er im Oktober beim 7:2-Kantersieg gegen Maccabi Haifa sammelte.

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Seine Stärken

Zaïre-Emery verfügt trotz seines Alters bereits über zahlreiche Stärken. "Er ist Rechtsfuß, aber er kann mit beiden Füßen spielen. Er hat einen sehr guten ersten Ballkontakt, das ist eine seiner Hauptstärken", sagte ein Scout eines großen europäischen Vereins gegenüber SPOX und GOAL.

Im zentralen Mittelfeld kann er sowohl auf der Sechserposition als auch auf der Acht spielen. "Er ist ein Junge, der über eine hohe Genauigkeit und ein ausgezeichnetes Passgewicht verfügt. Er schafft es, schwierige Passpositionen zu finden, egal ob es sich um kurze oder lange Bälle handelt", erklärt der Scout. Und obendrauf besitzt Zaïre-Emery sehr gute Abschlussfähigkeiten, auch von außerhalb des Strafraumes. "Er ist ein sehr kompletter Spieler und eine Konstante in allen Spielen, an denen er teilnimmt", so das Fazit.

Lob gibt es auch für seine Professionalität und sein Auftreten außerhalb des Platzes. "Ich kenne viele junge Spieler, aber ich habe noch nie einen in dem Alter gesehen, der sich abseits des Platzes so professionell verhält", so ein Verwandter von Zaïre-Emery gegenüber SPOX und GOAL: "Er hat eine gute Ausbildung genossen und ist ein harter Arbeiter mit einem tadellosen Lebensstil und dem Wissen, wie und wann er sich ausruhen muss."

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Woran er arbeiten muss

Im zentralen Mittelfeld geht es durchaus ruppig zu, eine gewisse Körperlichkeit ist daher vonnöten. Wenngleich nicht jeder Sechser oder Achter sich direkt eine Transformation à la Leon Goretzka zum Vorbild nehmen muss, so ist dieser Bereich sicherlich etwas, woran Zaïre-Emery noch arbeiten kann.

Generell ist es für seine Position wichtig, nicht nur mit dem Ball, sondern auch in der Defensive Akzente zu setzen. Hier fehlt vor allem auf höchstem Niveau noch die Erfahrung, wenngleich er seine Fähigkeiten als Abräumer und nimmermüder Arbeiter bereits mehr als nur angedeutet hat.

Und die Offensive? Da fehlt es dem 16-Jährigen manchmal noch an der Überzeugung und an Eigeninitiative. Aber auch dieses Thema dürfte sich mit der Zeit von selbst erledigen.

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Der neue ... Emmanuel Petit?

Ein Arbeitstier im defensiven Mittelfeld, mit überragenden Fähigkeiten sowohl im Zweikampf als auch im Passspiel - und dazu noch eine gewisse Gefahr bei Distanzschüssen? Vieles, was Zaïre-Emery bereits angedeutet hat, konnte Emmanuel Petit während seiner Karriere vorweisen.

Aufgrund seiner Größe war Petit im Kopfballspiel noch einen Schritt weiter, wie Zaïre-Emery jedoch verstand es Petit, seine defensiven und offensiven Fähigkeiten einzubringen und auch seine Mitspieler in Szene zu setzen.

Jedoch ist ein solcher Vergleich natürlich mit Vorsicht zu genießen. Niemand weiß, welche Entwicklung Zaïre-Emery in den kommenden Jahren noch nehmen wird. Um ein Gefühl für den Spielertypen zu bekommen, der er einmal werden könnte, taugt der Blick in die Vergangenheit aber allemal.

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PSG-Talent Warren Zaïre-Emery: Wie geht es weiter?

Der Vertrag des Youngsters bei PSG wurde erst im Juli des vergangenen Jahres vorzeitig verlängert, sein neues Arbeitspapier ist nun bis Sommer 2025 datiert. Noch also hat der Klub keine Eile, den Vertrag erneut zu verlängern. Allerdings dürften die jüngsten Entwicklungsschritte von Zaïre-Emery das Interesse anderer Vereine nur noch verstärkt haben.

Und wie üblich bei PSG wird es vor allem darauf ankommen, ob Zaïre-Emery regelmäßige Einsätze bei den Profis bekommt. Die ersten Schritte an der Seite von Stars wie Kylian Mbappé, Lionel Messi und Neymar sind gemacht, das tägliche Training mit derartigen Spielern sollte jeden jungen Spieler weiterbringen.

Schlussendlich ist aber nichts wichtiger als Spielpraxis. Sollte der bald 17-Jährige diese in den nächsten Monaten und Jahren nicht bekommen, könnte PSG das nächste absolute Mega-Talent verlieren.

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