"Wusste sofort, dass ich in Schwierigkeiten war!" Tablettenabhängiger CL-Sieger Chris Kirkland macht emotionales Geständnis

Von Andreas Koenigl
Chris Kirkland
© getty

Chris Kirkland ist ein warnendes Beispiel für den Missbrauch von Schmerzmitteln im Profisport. Heute ist der Champions-League-Sieger wieder clean, doch im Interview mit The I gibt er emotionale Einblicke.

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"Ich weiß nicht, was es war, aber es waren keine Schmerzmittel. Ich wusste einfach nicht, wer ich war. Ich wusste nicht, wo ich war oder was passierte", gesteht Chris Kirkland im Interview mit The I.

Es sind emotionale Einblicke in das Leben eines Profisportlers, der von Leistungs- und Erfolgsdruck sowie den Erwartungen der Öffentlichkeit in die Enge getrieben schließlich zu Drogen greift, um sich selbst und allen anderen gerecht zu werden.

Chris Kirkland gewann mit dem FC Liverpool die Champions League

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere gewinnt Kirkland mit dem FC Liverpool die Champions League 2005, doch den Preis, den er und viele seiner Kollegen für den Triumph und die Erfolge bezahlen, ist hoch. Immer mehr Spiele, eine immer größer werdende Intensität zollen ihren Tribut - der Körper macht irgendwann nicht mehr mit. Aufgeben? Keine Chance!

"Die Spieler nehmen Tabletten wie Bonbons und unterschätzen die Gefahr", zeigt sich der anerkannte Schmerzforscher Prof. Dr. Toni Graf-Baumann im exklusiven Interview mit SPOX und GOAL im Jahr 2017 bestürzt. Gleiches gilt auch für Kirkland, der sich nach einem Crash im Liverpool-Training mit Steve Finnan eine schwere Rückenverletzung zuzieht.

Die Schmerzen werden - auch durch die hohe Belastung - mit der Zeit immer schlimmer, die Fans von Sheffield Wednesday verspotten Kirkland nach seiner Unterschrift 2012 als "verletzungsanfällig". Dabei wissen sie nicht, dass der Torhüter ohnehin schon jeden Tag 2500mg Tramadol nimmt und damit die empfohlene Tagesdosis des starken Schmerzmittels bereits um das Siebenfache überschreitet.

Zehn Jahre später ist die Karriere des heute 42-Jährigen längst beendet, doch Kirkland ist mittlerweile abhängig von Schmerzmitteln. Als sein Hausarzt ihm Anfang 2022 keine Schmerzmittel mehr verschreibt, wird er im Internet fündig. "Innerhalb weniger Minuten nach der Einnahme wusste ich, dass ich in Schwierigkeiten steckte", erinnert er sich zurück.

Chris Kirkland machte einen kalten Entzug

"Ich gab 'Home' ins Navi ein und schaffte es irgendwie, nach Hause zu kommen, dann wurde mir heftig schlecht und ich schlief 18 Stunden lang. Am nächsten Tag bin ich aufgestanden und habe das Zeug im Klo runtergespült. Ich hatte noch ein paar richtige im Haus, aber ich wusste an diesem Tag, dass es kein Zurück mehr gab."

Kirkland erkennt gerade noch rechtzeitig, dass er etwas an seinem Leben ändern muss. Er macht einen kalten Entzug und schafft es mit der Unterstützung seiner Familie und seiner Frau, die zur Kontrolle regelmäßig Drogentests mit ihm durchführt, dass er clean wird.

"Ich war achteinhalb der letzten zehn Jahre auf Schmerzmitteln. Es war eine furchtbare Zeit, nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie", weiß Kirkland, der selbst ein Jahr nach seiner letzten Schmerztablette immer noch hin und wieder die Nachwirkungen seiner Abhängigkeit zu spüren bekommt.

"95 Prozent der Zeit geht es mir wirklich gut. Ich mache immer noch eine Phase durch, in der ich drei bis vier Tage im Monat einfach nicht funktionieren kann", erklärt er. "Ich spreche nicht. Es fühlt sich an, als läge eine schwarze Wolke über einem. Man kann die Leute reden hören, aber es ist, als wäre man nicht da. Das ist der tiefste aller Tiefpunkte, weshalb man denkt, es könnte eine bipolare Störung sein."

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