Kommentar: Die Zeit von Cristiano Ronaldo ist vorbei - nicht nur bei Manchester United

Von Justin Kraft
Cristiano Ronaldo ist von Erik ten Hag genervt und hat das nun in einem Interview sehr klar geäußert.
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Cristiano Ronaldo kritisiert seinen Klub Manchester United scharf. Der mehrfache Weltfußballer untermauert damit aber nur, dass seine Zeit längst vorbei ist. Bei den Red Devils bleibt die Frage, was hätte sein können, wenn sein Egoismus nicht im Weg gestanden wäre. Ein Kommentar.

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Fünffacher Champions-League-Sieger, fünffacher Weltfußballer, Europameister - aktuell aber nicht mehr als ein Bankspieler, der sich verhält wie ein kleines Kind: Cristiano Ronaldo hat die besten Tage seiner Karriere hinter sich. Man muss Manchester United nicht verfolgt haben, um das zu erkennen. Sein brisantes Interview reicht aus, um zu erkennen, dass da ein Fußballer spricht, der eindeutig in der Vergangenheit lebt.

Wo "Abrechnung" draufsteht, ist nicht immer Abrechnung drin. In diesem Fall ist der Portugiese aber tatsächlich hart mit Manchester United ins Gericht gegangen. Im Interview mit der Sun ließ Ronaldo tief blicken. "Seitdem Sir Alex (Ferguson; Anm. d. Red.) ging, habe ich keine Entwicklung im Verein gesehen", sagte er: "Nichts hat sich verändert."

Doch ironischerweise ist der 37-Jährige selbst das beste Argument für seine eigene These. Ein überteuerter, in die Jahre gekommener Profi, der seinen Zenit längst überschritten hat, kehrt zu den Red Devils zurück und schafft es nicht, der erhoffte Heilsbringer zu sein. Überraschend kam das nicht.

Schon bei Juventus Turin war Ronaldo längst nicht mehr der Spieler, der er einmal war. Aber er forderte immer noch ein, derjenige zu sein, um den herum sich alle Zahnräder des Klubs drehen. Befürworter des Superstars argumentieren berechtigterweise mit den nackten Zahlen. Für Juve traf er in 134 Partien 101-mal und bereitete 22 weitere Treffer vor. In seiner zweiten Amtszeit bei Manchester United absolvierte er bisher 54 Pflichtspiele und kommt auf 27 Tore und fünf Vorlagen.

ManUnited wird ohne Cristiano Ronaldo erfolgreicher sein

Es geht aber gar nicht so sehr um seine unbestrittene Qualität, Tore zu erzielen. Ronaldo hat es mit zunehmendem Alter und abbauender Leistungsfähigkeit nicht geschafft, sich und sein Spiel anzupassen. Der Stürmer will der Mittelpunkt aller Angriffe sein, ist fast schon persönlich beleidigt, wenn die Bälle nicht zu ihm kommen. Gleichzeitig beteiligt er sich gegen den Ball kaum am Pressing. Ronaldo hält sich nach wie vor für einen Top-10-Spieler auf der Welt und agiert dementsprechend. Das ist er aber nicht mehr.

Früher, als er gemeinsam mit Lionel Messi auf einem anderen Level spielte als alle anderen Fußballer auf dieser Welt, konnte er sich Privilegien erlauben. Seine Teams nahmen das hin, weil sie seinen unfassbaren Output in der Offensive als Belohnung für die harte Arbeit empfanden. Mittlerweile gibt es diesen Effekt nicht mehr.

Erik ten Hag und Manchester United werden mittelfristig erfolgreicher sein, wenn Ronaldo nicht auf dem Platz steht. Weil sie dann als Team agieren und weniger berechenbar sind. Alle Spieler beteiligen sich am Pressing, alle betrachten sich als gleichwertigen Teil des Teams.

Cristiano Ronaldo kann man nicht mehr ernst nehmen

Dass es keine Top-Klubs mehr gibt, die ein Interesse an einer Verpflichtung von Ronaldo haben, ist kein Zufall. Niemand will einen Spieler, der die Gegenwart nicht realistisch einschätzen kann und sich maßlos überschätzt. Bei United war er bereits vor seiner Ankunft eine Legende. Vermutlich werden ihm viele seiner Anhängerinnen und Anhänger auch dieses Theater verzeihen. Dennoch kratzt er gewaltig an seinem eigenen Denkmal.

Statt sich wie ein bockiges Kind zu verhalten, hätte Ronaldo mit etwas mehr Demut und Realismus aktiv daran mitarbeiten können, seinen Herzensverein wieder in die Spur zu bringen. Seine Erfahrung, seine immer noch vorhandene Qualität, sein Status bei vielen seiner Kollegen - all das könnte so wertvoll für Manchester sein. Doch Ronaldo entschied sich für den Egoismus.

Ten Hag hat mit der Suspendierung vor einigen Wochen alles richtig gemacht. Er hat ein klares Zeichen gesetzt. Daran muss der Niederländer nun anknüpfen. Niemand ist größer als der Klub. Wenn Ronaldo fehlenden Respekt kritisiert, dann ist das angesichts seiner Show, die er seit dem Sommer abzieht, allenfalls lustig. Ernst nehmen kann man ihn längst nicht mehr.

Cristiano Ronaldo
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Cristiano Ronaldo

Cristiano Ronaldo: Leistungsdaten bei Manchester United seit seiner Rückkehr

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