Fans von Manchester United stürmen das Old Trafford - Spiel gegen Liverpool abgesagt

Von SID/SPOX
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© getty

Protestierende Fans stürmen das Stadion von Manchester United und sorgen für die Absage des Klassikers gegen Liverpool. Ihre Wut richtet sich gegen die Super-League-Pläne der Besitzerfamilie Glazer.

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Im "Theater der Träume" lagen gold-grüne Rauchschwaden über dem Rasen, als die wütende Fan-Seele kurzzeitig überkochte. Aus der Menge der 200 bis 300 auf dem Platz demonstrierenden Anhänger von Manchester United heraus flog eine Leuchtrakete in Richtung Tribüne, verfehlte aber ihr Ziel.

Es war der unrühmliche Höhepunkt eines weitgehend friedlichen Protests gegen die Super League und die Besitzerfamilie um Klubboss Joel Glazer, der das Fußball-Mutterland am Sonntag in Aufruhr versetzte - und die Absage des Klassikers gegen den FC Liverpool erzwang.

"Das ist ein Schock", sagte United-Legende Gary Neville bei Sky. Die Rakete oder eine ebenfalls in Richtung der Reporterplätze geworfene Bierflasche "hätten uns umbringen können", meinte Liverpool-Idol Graeme Souness.

Vor dem Duell mit dem Erzrivalen um Teammanager Jürgen Klopp machten bis zu 10.000 Fans erneut ihrem Unmut Luft. 200 bis 300 von ihnen drangen bis ins Old Trafford vor und skandierten dort immer wieder "Glazers raus!".

Sie zündeten Rauchtöpfe in den ursprünglichen Klubfarben, schwenkten im Triumph erbeutete Eckfahnen und spielten sogar Fußball auf dem Platz. Die Szenen gingen um die Welt.

Fans attackieren vorbeifahrende Autos

Ein Kamerateam wurde mit Bier beworfen, es gab Scharmützel mit der Polizei, etwa ein halbes Dutzend Anhänger schaffte es bis in den Spielertunnel, aber wohl nicht in die Kabinen. Die Spieler waren zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch nicht da - und kamen auch nicht mehr.

Nach gemeinsamen Gesprächen zwischen der Polizei, der Stadt, der Liga und Vertretern beider Klubs wurde die Partie, die Uniteds Stadtrivale Manchester City den Titel hätte bringen können, abgesagt.

Dass die berittene Polizei gegen 17 Uhr Ortszeit mithilfe der Stadion-Ordner den Vorplatz am Old Trafford geräumt hatte, nützte nichts mehr. Auch im weiteren Umfeld des Stadions attackierten Fans vorbeifahrende Autos, die Behörden konnten die Sicherheit nicht gewährleisten und sahen sich gezwungen, das Spiel auf einen noch unbestimmten Zeitpunkt zu verlegen.

Neville: "Das ist das Ergebnis des Handelns"

"Das ist das Ergebnis des Handelns der Besitzer von Manchester United vor zwei Wochen", sagte Neville weiter. Die Leuchtrakete galt wohl seinem Experten-Kollegen Jamie Carragher, einem ehemaligen Liverpool-Profi, der jedoch ebenfalls Verständnis für die Fans äußerte.

"Es gibt ein allgemeines Misstrauen und ein Missfallen den Besitzern gegenüber", erklärte Neville. Die Glazers und andere Klubbosse hätten die Super-League-Pläne "hinter aller Rücken" verfolgt, "um mit den Kronjuwelen abzuhauen".

Er "verstehe, den Frust und warum die Fans handeln", sagte der frühere United-Keeper Peter Schmeichel bei Sky. Es sei aber "völlig falsch", das Stadion zu stürmen.

Dort und außerhalb zeigten die Anhänger Plakate mit der Aufschrift: "Weg mit dem Virus - Glazers raus!" Über ihren Köpfen kreiste ein Polizeihubschrauber. Laut BBC verschafften sie sich über einen Fanshop Zugang ins Stadioninnere. Auch vor dem United-Teamhotel gab es Proteste, der Teambus wurde an der Abfahrt zum Stadion gehindert.

ManUnited, seit 2005 mehrheitlich im Besitz der Glazer-Familie, hatte sich wie die Ligarivalen ManCity, Liverpool, FC Chelsea, Tottenham Hotspur und FC Arsenal der geplanten Superliga angeschlossen. Ein Dutzend hochkarätiger europäischer Klubs um Real Madrid wollte diese aus der Taufe heben. Zwei Tage nach der Gründung und folgenden Protesten zogen alle englischen Klubs ihre Bereitschaft zur Teilnahme wieder zurück. Jetzt wieder Frieden mit den Fans zu schließen, sagte Neville, werde sehr schwierig werden.

Manchester United: Das Statement zur Spielabsage im Wortlaut

"Nach Gesprächen zwischen der Polizei, der Premier League, dem Trafford Council und den Vereinen wurde unser Spiel gegen Liverpool aufgrund von Sicherheitsbedenken rund um den heutigen Protest verschoben. Es werden nun Gespräche mit der Premier League über einen neuen Termin für das Spiel stattfinden. Unsere Fans sind leidenschaftliche Anhänger von Manchester United, und wir erkennen das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedlichen Protest voll und ganz an. Wir bedauern jedoch die Störung der Mannschaft und die Aktionen, die andere Fans, Mitarbeiter und die Polizei in Gefahr gebracht haben. Wir danken der Polizei für ihre Unterstützung und werden sie bei allen nachfolgenden Ermittlungen unterstützen."

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