Marco Hagemann über...
... die Faszination Premier League:
"Im Grunde genommen ist es die Tradition, die Geschichte. Was es da alles schon an sportlichen Dramen gab, wie viel große Spieler und Trainer dort schon waren - diese Tradition ist einfach unbeschreiblich. Es gibt so viele Facetten, die absolut faszinierend sind: den Boxing Day, also die Spiele am zweiten Weihnachtsfeiertag, keine Winterpause, immer sensationelle Stimmung, die alten Stadien neben den neuen..."
... sein erstes Mal:
"Das erste Mal vor Ort war an der Anfield Road: Europa League, Liverpool gegen Atletico Madrid. Liverpool verlor, weil Diego Forlan in der Verlängerung noch traf. Atletico zog dann ins Finale ein. Das war mein erstes berufliches Highlight in England. Aber ich habe schon diverse Spiele gesehen. Ich bin privat bei Ipswich Town gewesen, an der Stamford Bridge, in Old Trafford, in Wembley natürlich. Es gibt viele Hotspots, die ich schon gesehen habe."
... die deutschen Stars. Mesut Özil?
"Er wird immer wieder so kritisch gesehen, weil er für den Geschmack des einen oder anderen eine negative Körpersprache hat. Aber so ist er halt. Wir werden aus ihm keinen neuen Stefan Effenberg machen, der aus sich rausgeht und impulsiv ist. So ist er eben nicht, aber was er fußballerisch draufhat, ist schon herausragend. Er kann immer den entscheidenden Pass spielen. Ich finde, er könnte noch torgefährlicher werden, aber er hat sich in der Premier League durchgebissen und enorm dazugelernt. Und wer 19 Torvorlagen liefert, gehört für mich zu den besten Mittelfeldspielern, die die Premier League hat."
... Bastian Schweinsteiger?
"Seine Leistung in der vergangenen Saison ist total schwierig einzuordnen, allein schon wegen der Verletzungen. Dazu kommt: ein neues Land, eine neue Umgebung, viele Vorschusslorbeeren. Dann überhaupt in den Rhythmus zu kommen, sich Spielpraxis zu holen, ist sehr schwierig. Louis van Gaal hat's versucht, aber dann kam wieder eine Verletzung dazwischen, die ihn weit zurückgeworfen hat. Sehr schade, dass das Kapitel Schweinsteiger bei Manchester United beendet zu sein scheint. Wie das mit ihm und Jose Mourinho gelaufen ist, wage ich nicht zu bewerten. Das wissen wir übrigens alle nicht."
... Emre Can?
"Emre Can hat sich gut reingefunden ins System von Jürgen Klopp. Das defensive Mittelfeld ist genau seine Position. Viele sehen ihn ja so als Steven-Gerrard-Nachfolger, da würde ich aber abwarten. Gerrard wird immer eine Ikone in Liverpool bleiben. Aber Emre hat großes Potenzial. Wir dürfen nicht vergessen, dass er noch so jung ist. Er hat noch so viele Entwicklungsmöglichkeiten. Klopp baut auf ihn und ich denke, dass er eine gute Zukunft in Liverpool hat."
... Robert Huth?
"Ihn darf man nicht vergessen. Herausragende Saison! Er ist jetzt nicht filigran. Er haut alles raus, was es rauszuhauen gibt. Er war definitiv ein Mosaikstein für Leicesters Erfolg. Genau das was Leicester brauchte, verkörperte er in der vergangenen Saison: rustikal, schnörkellos, ruhig, souverän. Wenn er das wiederholen könnte, das wäre schon stark."
... Per Mertesacker?
"Er ist ein absoluter Führungsspieler bei Arsenal. Er ist aktuell leider verletzt und fällt ein bisschen länger aus. Er trug schon häufig die Kapitänsbinde, daran sieht man seinen Stellenwert bei den Gunners. Er kann junge Spieler führen, hat natürlich Schnelligkeitsdefizite, aber dafür ein großartiges Stellungsspiel. Per Mertesacker ist die Ruhe in Person, ich glaube, den kann nichts mehr schocken. Er würde ganz gerne mal Meister werden mit Arsenal - wie so viele."
... Leroy Sane?
Ich hoffe für Leroy, dass er es schafft bei Manchester City. Die Anlagen hat er. Er wird arbeiten und sich entwickeln müssen, aber man darf nicht vergessen: Er ist ja praktisch eben erst volljährig geworden. (lacht) Er wird sicherlich Zeit brauchen, sich zurechtzufinden."
... Jürgen Klopp?
"Schwierig, ein Fazit zu ziehen. Er hat eine Megamöglichkeit im Europa-League-Finale gegen Sevilla liegengelassen. Keine Ahnung, wie das so den Bach runtergehen konnte. Aber er hatte es schon schwer. Er hatte keine Vorbereitung, unglaublich viele Spiele, keine Pausen, weniger Trainingseinheiten. Jetzt hat eine komplette Vorbereitung, jetzt kann er sein Team aufstellen. Jetzt fängt die Saison an, in der man Klopp bewerten kann. Europa wird das Ziel sein."
... das Trainerduell Guardiola gegen Mourinho?
"Herrlich. Die beiden in einer Stadt, das wird großartig werden. Beide können sich nicht so gut riechen, da prallen zwei unterschiedliche Philosophien aufeinander, zwei Exzentriker. Das wird überragend, gerade die direkten Duelle. Das spannendste Trainer- und Vereinsduell in Europa für mich."
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