Goncalo Paciencia: Sohn einer Porto-Legende, Benfica-Feindbild und Hoffnungsträger der Eintracht

Von Frank Hellmann
Goncalo Paciencia traf beim Hinspiel zum wichtigen 2:4-Anschlusstreffer.
© getty

Durch den Ausfall Sebastien Hallers rücken Hinspieltorschütze Goncalo Paciencia und seine Porto-Vergangenheit im Spiel der Eintracht gegen Benfica in den Fokus. Die portugiesische Mittelstürmerhoffnung traf im Hinspiel gegen die Rivalen, die schon seinen Vater nicht unbedingt leiden konnten.

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Noch sprunghafter als die Mitgliederzahlen soll bei Eintracht Frankfurt die Gruppe weiblicher Anhänger anwachsen, die sich für Goncalo Mendes Paciencia begeistern. Groß gewachsen, kräftige Statur, brauner Teint, volles Haar und ein immer freundliches Lächeln - so ein Beau ist prädestiniert, um Frauen-Herzen höher schlagen zu lassen. Dazu noch einer, der lieber daheim bleibt, als um die Häuser zieht. "Ich bin ein Mann für das Sofa. Ich bin meistens zuhause und schaue mir Filme an oder ich lese auch gerne Bücher", hat der 24-Jährige mal verraten. Klingt verdammt bodenständig.

Dabei nennen ihn viele in Frankfurt bereits den König der Lüfte. Der 83 Kilo schwere, 1,84 Meter große Mittelstürmer scheint für kurze Zeit schwerelos, wenn er punktgenau seine Kopfbälle anbringt. Wettbewerbsübergreifend fünf Treffer hat er nunmehr für die Hessen erzielt - den ersten kurz nach seiner Einwechslung im DFB-Pokal bei der Pokalblamage beim SSV Ulm (1:2) - und allesamt nach demselben Strickmuster. Flanke, Kopfball, Tor. Bei den jüngsten Niederlagen der gestutzten Adler gegen den FC Augsburg (1:3) und bei Benfica Lissabon (2:4) gelang ihm auf diese Art jeweils ein Treffer.

Sein Kopfstoß im Hinspiel des Europa-League-Viertelfinals nach 72 Minuten zum Endstand hielt überhaupt die Hoffnungen aufs Weiterkommen am Leben. Im Rückspiel gegen den portugiesischen Rekordmeister (21 Uhr bei DAZN und im LIVE-TICKER) braucht es einen abschlussstarken Paciencia, denn der lange gesetzte Zentrumsangreifer Sebastien Haller leidet an einer hartnäckigen Bauchmuskelzerrung. Der Portugiese nimmt die Rolle als Hoffnungsträger gegen seine Landsleute gerne an.

Goncalo Paciencia: Der Vater Porto-Legende, der Bruder bei Benfica

"Ich werde zeigen, dass ich es auch mit dem Fuß noch kann. Am liebsten natürlich schon am Donnerstag", sagte er Montag in einer Presserunde. "Es wird eine große Herausforderung für beide Mannschaften. Aber wir haben eine große Chance: Zwei Tore sind aufzuholen."

In der vergangenen Woche gab es im Estadio da Luz kräftige Pfiffe gegen ihn. Er hege keine Antipathie gegen Benfica, die eine "super Mannschaft mit großer Geschichte" hätten, erklärt Paciencia. Aber deren Anhänger wüssten eben genau, dass er und sein Vater Domingos Paciencia für den FC Porto stürmten. Er selbst hat bei Benficas Erzrivalen mit acht Jahren angefangen. Sein Vater gewann mit Porto sieben Meisterschaften, erzielte mehr als 100 Tore und erreichte Legendenstatus. Kurios: Sein Bruder Vasco ist gerade von Porto zu Benfica in die U23 gewechselt. "Für meinen Vater und mich war das zuerst ein komisches Gefühl", gibt Paciencia zu.

Ein gewisses Talent bekam er also gewissermaßen in die Wiege gelegt, auch wenn ihm der berühmte Papa angeblich gar nicht so viel mitgegeben habe: "Mein Vater und ich haben fußballerisch nicht viel gemeinsam. Er ist ein wenig kleiner und auch schmächtiger. Ich dagegen bin technisch stärker und bin durch meine Größe auch robuster."

Paciencia: Beim FC Porto mit "wenig Perspektive"

Der Filius bestritt zwar 57 Junioren-Länderspiele,  hatte aber nur einen Einsatz fürs A-Team - am 14. November 2017 gegen die USA. Denn Stammspieler beim FC Porto war Paciencia selten. Dort blieb ihm der Durchbruch verwehrt, obwohl der Klub auf die Ausbildung von Talenten doch spezialisiert ist.

"Während meiner Zeit in Porto habe ich als junger Spieler wenig Perspektive gesehen. Deshalb habe ich nach neuen Herausforderungen in Portugal gesucht, um Spielminuten sammeln zu können. So kamen insgesamt vier Leihgeschäfte zustande", erklärte er im Klubmagazin Eintracht vom Main . Dreimal innerhalb seiner Heimat bei Academica Coimbra, Rio Ave FC und Vitoria Setubal und eines bei Olympiakos Piräus. Speziell die Griechenland-Station schätzt er rückblickend als wichtige Erfahrung ein: "Als 19-Jähriger war es anfangs etwas schwierig für mich, alleine zu wohnen, aber es war dennoch eine wertvolle Zeit."

Als vergangenen Sommer das Angebot aus Frankfurt an seinen Berater herangetragen wurde, hat er folglich nicht lange überlegt: "Es war einfach an der Zeit, Porto zu verlassen." Der Wechsel nach Deutschland soll ihm also endlich zum Durchbruch verhelfen. Die Eintracht ist überzeugt vom Drei-Millionen-Euro-Einkauf, der gleich einen Vierjahresvertrag unterschrieb. Trotzdem galt der vielseitige, weil auch technisch starke Angreifer lange als Stürmer Nummer vier, weil der Neuzugang nach einem Meniskusriss monatelang ausfiel. In seiner Fehlzeit jagte die so genannte Büffelherde mit Ante Rebic, Luka Jovic und Haller einen Rekord nach dem anderen.

Adi Hütter: "Paciencia jederzeit in der Lage, Tore zu erzielen"

"Paciencia ist - wie die anderen Stürmer auch - ein Goalgetter. Er ist jederzeit in der Lage, Tore zu erzielen", lobt Adi Hütter im exklusiven Gespräch mit Goal und DAZN. Für Paciencia spreche zudem das "Momentum" und seine "unglaubliche Kopfballstärke", die ihn im Vergleich mit den anderen SGE-Angreifern besonders auszeichne. "Ich bin sehr zufrieden mit seiner Entwicklung und seiner Qualität. Daher bin ich mir sicher, dass er uns gegen Benfica helfen kann", so der Trainer.

Hütter hatte in der Rückrunde das Montagsspiel bei Fortuna Düsseldorf (3:0) genutzt, um Paciencia erstmals in die Startelf zu stellen, der dort sein zweites Bundesligator erzielte. Die Torpremiere der Frankfurter Nummer 39 sollte zuvor ein unvergessener Gänsehautmoment sein, als der Joker gegen 1899 Hoffenheim (3:2) nach 95 Minuten und 33 Sekunden den Ball in die Maschen köpfelte. Nie hatte seit der Datenerfassung 2004 ein SGE-Spieler später zugeschlagen. Die Arena im Stadtwald verwandelte sich damals in ein Tollhaus. Ähnliches würde wieder passieren, sollte Paciencia die Eintracht ins Halbfinale der Europa League schießen. Ganz gleich, ob mit Kopf oder Fuß.

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