Grindel weiter: "Abgesehen davon durchlebt er eine menschlich und gesundheitlich schwierige Zeit. Es ist jetzt nicht die Stunde, über solche Fragen nachzudenken, es sind die strafrechtlichen Ermittlungen in Deutschland und in der Schweiz abzuwarten".
Man müsse, so Grindel, jedem unterstellen, dass er bei der Untersuchung der Wirtschaftskanzlei Freshfields "die Wahrheit gesagt hat". Der 71-jährige Beckenbauer steht als ehemaliger WM-Bewerbungs- und späterer WM-OK-Chef aufgrund des Skandals um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland seit geraumer Zeit in der Kritik.
Bislang hat der Kaiser mit seinen Aussagen allerdings kaum zur Aufklärung der Affäre um das Sommermärchen 2006 beigetragen. Deshalb wurde diskutiert, inwieweit der Druck auf den Kapitän der deutschen Weltmeistermannschaft von 1974 und Teamchef des Weltmeister-Teams von 1990 erhöht werden könne.
"DFB hat alles getan"
Grindel hat derweil erneut das Vorgehen des DFB im Zusammenhang mit dem Versuch der Aufklärung verteidigt. "Der DFB hat als Sportverband alles getan, was die Umstände der damaligen Zahlung von 6,7 Millionen Euro anbelangt. Wir hatten eine millionenschwere unabhängige Untersuchung durch die Kanzlei Freshfields", äußerte der gerade für drei weitere Jahre im Amt bestätigte Verbands-Boss. Freshfields hatte die Vorgänge um die Vergabe der Weltmeisterschaft an den DFB im Jahr 2000 in Zürich im Rahmen ihrer Möglichkeiten untersucht.
Der Verbands-Präsident glaubt, dass alle möglichen Vorkehrungen vonseiten des DFB getroffen wurden. "Wir sind als gemeinnütziger Verband verpflichtet, aussichtsreiche Schadenersatzansprüche geltend zu machen, sollten diese bestehen. Das haben wir geprüft, insbesondere die Frage der Verjährung stellt in Deutschland ein Problem dar. Hier beträgt die Frist zehn Jahre, in der Schweiz sind es 15 Jahre", so Grindel. Deshalb sei der DFB im Rahmen der Schweizer Ermittlungen gegen Beckenbauer und andere damalige OK-Mitglieder (unter anderem wegen Verdachts auf Geldwäsche und Untreue, d.Red.) "dort in ein Adhäsionsverfahren eingestiegen".
Der DFB-Chef erläuterte dieses Vorgehen: "Wir haben der Berner Staatsanwaltschaft angezeigt, dass wir möglicherweise zivilrechtliche Ansprüche haben. Das könnte wegen der längeren Verjährungsfrist erfolgreicher sein."
Kein Freshfields-II
Die Notwendigkeit, einen Freshfields-II-Report auflegen zu lassen, sieht der DFB-Präsident nicht: "Nein, denn die Staatsanwaltschaften sind ja aktiv. Wenn niemand sonst aktiv wäre, könnte man sagen, dass wir noch einmal Millionen anfassen müssen. Ich will aber auch nicht die Qualität des Gutachtens unterlaufen, indem ich bei Nebenaspekten darauf hinweise, dass man das auch alles hätte aufnehmen können."
Bei der Frage nach der möglichen Reform des DFB-Pokals ließ sich Grindel nicht aus der Reserve locken: "Ich vertraue auf die Arbeitsgruppe, dass es zu einer Lösung kommt." Vonseiten der Profiklubs wurde der Vorschlag gemacht, dass die großen Vereine in der ersten Runde möglicherweise nicht mehr am Cup-Wettbewerb teilnehmen müssen, sondern erst im weiteren Verlauf.
"Ich finde es richtig, am Beginn eines Prozesses das Ergebnis nicht gleich vorwegzunehmen, sondern beide Ansinnen als berechtigt anzusehen", äußerte Grindel, "wir werden auch mal darüber zu diskutieren haben, ob es nicht einen Unterschied macht, ob man einen Sommer mit einem Turnier hat oder einen Sommer ohne. Als Präsident, der auf Ausgleich der Interessen bedacht sein muss, will ich darauf nicht näher eingehen."
Franz Beckenbauer im Steckbrief