Löw: "Jetzt nicht größenwahnsinnig werden!“

Von Für SPOX bei der Nationalmannschaft: Stefan Rommel
Joachim Löw hebt mahnend die Hand, nachdem das DFB-Team überschwänglich gelobt wurde
© Getty

Bundestrainer Joachim Löw drückt vor dem Länderspiel gegen Polen (Di., 20.30 im LIVE-TICKER) auf die Euphoriebremse. Zudem befasst er sich mit dem Thema Mario Götze und erklärt dessen Kurzeinsatz im Spiel gegen Österreich an den Beispielen von Lukas Podoski und Bastian Schweinsteiger.

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Fast schon überschwänglich haben die deutsche und ausländische Presse den letzten beiden Spielen der Nationalmannschaft gegen Brasilien und Österreich gehuldigt.

Deutschland sei jetzt Topfavorit auf den EM-Titel im nächsten Jahr, mindestens auf Augenhöhe mit Spanien. Dazu gilt das deutsche Mittelfeld in seiner Qualität und Breite als das derzeit beste des Kontinents.

Mit ein paar Tagen Abstand vom in der Tat formidablen 6:2 gegen Österreich ist Joachim Löw derlei Überschwang aber gar nicht mehr so recht. Der Bundestrainer lobte seine Mannschaft am Freitag noch selbst in höchsten Tönen - jetzt tritt er aber merklich auf die Euphoriebremse.

"Wichtig ist jetzt, dass wir nicht den Realitätssinn verlieren. So groß die Freude ist über unsere Entwicklung, über spektakuläre Spiele, über den positiven Konkurrenzkampf im Team und die starken Leistungen vieler Spieler: Wir alle dürfen jetzt nicht abheben oder größenwahnsinnig werden", sagte Löw in einem Interview mit dem "Kicker".

Erwartungen an Götze bremsen

Löw will seine Spieler vor überfrachteten Erwartungen schützen, vor allen Dingen die ganz Jungen wie Mario Götze. Der Dortmunder durfte nach seiner starken Leistung gegen Brasilien vor wenigen Wochen zuletzt gegen Österreich lediglich ein paar Minuten ran.

Für den Bundestrainer eine logische Maßnahme. "Frühere Erfahrungen, zum Beispiel mit Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski, zeigen, dass sie erst in die Höhe katapultiert wurden und dann auch zeitweise in ein Loch gefallen sind", erklärte Löw.

"Wichtig ist es für die Jungen, auf dem Boden zu bleiben, bescheiden und hart zu arbeiten, sich nicht von den ersten Erfolgen blenden und ausschließlich von der Euphorie tragen zu lassen. Götze tut es ganz gut, wenn er nicht immer von Anfang an spielt."

Junge Spieler heranführen

An seinem ursprünglichen Vorhaben, weiterhin immer mehr junge Spieler an die Mannschaft heranzuführen und einzubauen, ändert das aber nichts. Im Gegenteil.

"Grundsätzlich ist die Mannschaft eingespielt, sie kennt unsere Philosophie und unsere Automatismen, sie hat das verinnerlicht. Aber es ist auch gut, dass bei uns Konkurrenzkampf herrscht. Es hat uns in den vergangenen Monaten weit gebracht, dass wir konsequent so viele junge Spieler rangeführt haben. Diese Spieler voranzubringen ist weiterhin eine wichtige Aufgabe."

Deshalb werde Götze nach seiner Pause zuletzt und weil Mesut Özil die Reise nach Danzig gar nicht erst angetreten hat, gegen den EM-Gastgeber wieder von Beginn an spielen. "So etwas bringt junge Spieler weiter".

Enorme Weiterentwicklung

Seit der Weltmeisterschaft im letzten Jahr habe sich seine Mannschaft enorm weiterentwickelt, das gegenseitige Vertrauen sei dabei ein ganz entscheidender Faktor.

"Ich kann mich grundsätzlich auf die Mannschaft verlassen. Ich weiß, dass wir auf dem Weg Rückschläge werden hinnehmen müssen, aber wir werden sie besser verkraften. Die Mannschaft ist getrieben von dem Ehrgeiz, noch besser zu sein, noch besser zu spielen."

So wie zuletzt in der EM-Qualifikation, als sie Gegner Österreich komplett im Griff hatte.

Vor allen Dingen in der Teildisziplin Balleroberung sah Löw dabei einen gewaltigen Schritt nach vorne - und lobte seine Mannschaft dann doch noch einmal selbst. "Das Pressing war lange hervorragend - Österreich hatte kaum Luft, um Fußball zu spielen. Die Raumaufteilung war sehr gut, das Spiel ohne Ball, die Kombinationen passten. In der Vergangenheit hatten wir gelegentlich Defizite gegen ganz defensiv eingestellte Gegner, da sind wir einen Schritt weiter."

Die deutsche EM-Quali-Gruppe in der Übersicht

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