FC Bayern München, Erkenntnisse zum Sieg über Galatasaray Istanbul: Joshua Kimmich straft seine Kritiker Lügen - Harry Kane spielt in eigener Liga

Von Tim Ursinus
Thomas Tuchel
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Der FC Bayern München ist mal wieder vorzeitig ins Achtelfinale der Champions League eingezogen. Den vierten Sieg im vierten Spiel hat der FCB vor allem Joshua Kimmich, der es seinen Kritikern zeigte, zu verdanken. Doch auch Harry Kane und ein Verteidiger glänzten. Erkenntnisse zum Erfolg über Galatasaray Istanbul.

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Obwohl sich einige Spieler des FC Bayern München schon beim Warmmachen vor der unglaublichen Lautstärke der Fans von Galatasaray Istanbul in der Allianz Arena "erschrocken" (O-Ton Leon Goretzka), machten sie mit dem 2:1-Sieg den Einzug in das Achtelfinale der Champions League nach vier Spieltagen klar.

Auch während des Spiels zeigten die Anhänger des türkischen Meisters den heimischen Zuschauern mit ihren Pfiffen die Grenzen auf, doch die Protagonisten mit dem Bayern-Logo auf dem Platz hielten dank der Einstellung einiger Spieler eindrucksvoll dagegen.

Vorrangig Joshua Kimmich unterstrich seinen Wert für die Mannschaft. Aber auch zwei andere FCB-Stars sind hervorzuheben.

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Verzichtbar für Bayern? Joshua Kimmich straft Kritiker Lügen

Was wurde nicht wieder alles über Kimmich gesagt und geschrieben, nachdem und auch schon bevor Leon Goretzka und Konrad Laimer gegen Borussia Dortmund im zentralen Mittelfeld mehr als nur überzeugten. "Das war das beste Spiel mit Abstand, seit er (Thomas Tuchel; Anm. d. Red.) da ist und das war ohne Kimmich", sagte beispielsweise Sky-Experte Didi Hamann nach dem Spiel und stellte die Frage in Raum: "Ist es ohne Kimmich eine bessere Mannschaft?"

Auch unter den Fans machte sich in den Foren die Meinung breit, dass Kimmich durchaus für die Mannschaft verzichtbar sei. Schon oft musste sich der Nationalspieler anhören, dass er seine Rolle im defensiven Mittelfeld und der des Leaders nicht gerecht werde. Alldem strafte Kimmich gegen Galatasaray Istanbul Lügen (SPOX-Note: 1,5).

Kimmich bekam von Tuchel trotz des Dortmund-Spiels den Vorzug vor Laimer. "Jo ist ein absoluter Stammspieler und Fixpunkt in unserer Mannschaft. In meinen Planungen wird er gegen Galatasaray spielen. Joshua wird seine Qualitäten zeigen", sagte der Bayern-Coach im Vorfeld der Partie und sollte recht behalten. Und wie!

Es waren Worte, die Kimmich offensichtlich gebraucht hat. Denn er ging beispiellos voran - und zwar als defensiver Part neben Box-to-Box-Spieler Goretzka. In der Funktion, die ihm schon im Sommer keiner mehr so richtig zugetraut hatte. Sprach sich doch auch Tuchel offensiv für einen Neuzugang wie João Palhinha aus, dessen Transfer auf der Zielgeraden am Deadline Day scheiterte.

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Joshua Kimmich glänzt als Quarterback und Schuhbinder

Kimmich gehörte zu den besten Balldieben auf dem Platz, gewann weit über die Hälfte seiner Zweikämpfe und zeigte sich unbeeindruckt vom in Teilen durchaus aggressiven Pressing der Gäste. Zudem glänzte er in seiner Rolle als Ballverteiler.

Auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt: Was im American Football "Quarterback" genannt wird, spiegelte Kimmich auf dem Rasen in München wider. Von seinen 98 Pässen fanden 37 im letzten Drittel statt. Wie beeindruckend diese Zahl ist, zeigt der Wert von Kingsley Coman, der die Angriffszone - wohlgemerkt deutlich weiter vorne positioniert - am zweithäufigsten bespielte: 23.

Und als wäre das nicht genug, kamen auch noch knapp 90 Prozent von Kimmichs zweifellos mit Risiko verbundenen (Chip-) Bällen bei seinen Mitspielern an. Dass sein Assist auf Harry Kane vor dem 1:0 auch noch aus einer seiner immer wieder heiß diskutierten Standardsituationen resultierte, war das Sahnehäubchen.

Darauf ging auch Goretzka nach dem Spiel ein. "Ich finde er hat wieder ein gutes Spiel gemacht und ein Tor vorbereitet mit seinen viel kritisieren Standards." Die Kritik an Kimmich sei ohnehin kein Thema innerhalb der Mannschaft gewesen. Dazu müsse man auch "eigentlich nichts sagen", betonte er.

Die klare Rückendeckung war eventuell ein kleines Dankeschön an Kimmich, dessen Fingerspitzengefühl gefragt war, als er dem weiterhin von seiner Schiene behinderten Goretzka kurz nach Anpfiff die Schuhe band. Auch das ist eben Chefsache.

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Dayot Upamecano: Als wäre er nie weg gewesen

Knapp vier Wochen nach seiner Muskelverletzung gegen den SC Freiburg musste Dayot Upamecano beim BVB aus Mangel an Alternativen direkt wieder in der Startelf ran. So auch beim Spiel gegen Galatasaray, in dem er erneut als Zweikampfmonster und Balleroberer glänzte.

Der Franzose agierte erneut so, als ob er nie wirklich weg gewesen wäre. Bezeichnend dafür waren die Szenen kurz vor und nach der Halbzeit. Erst spritzte er entscheidend gegen Zaha (43.) bei dessen Großchance dazwischen, dann klärte er gleich zweimal entscheidend bei einem vielversprechenden Konter Galas. Darüber hinaus war er der zweitbeste Passgeber (93,7 Prozent) hinter dem verletzt ausgewechselten Jamal Musiala, der jedoch nur auf einen Bruchteil der Ballaktionen des Innenverteidigers kam.

Upamecano scheint trotz der unangenehmen Verletzung im Nacken seinen Fehlerteufel, der ihn in seinen ersten beiden Bayern-Jahren häufiger aufsuchte, vertrieben zu haben. Entsprechend vorsichtig geht Tuchel auch mit ihm um.

Thomas Tuchel: Upamecano? "Mein Herz hat fast ausgesetzt"

Wie schon gegen Dortmund nahm ihn der FCB-Coach zum "Leidwesen" von Goretzka frühzeitig herunter. "Ich wäre schon froh, wenn Upa mal wieder über 90 Minuten spielen kann", sagte Goretzka, der für ihn erneut in der Innenverteidigung übernahm, nach dem Spiel augenzwinkernd.

"Die Ärzte haben deutlich gemacht, dass er noch nicht so weit ist, alle drei Tage zu spielen", erklärte Tuchel und berichtete von seinen Sorgen: "Bei jedem Sprint in der zweiten Halbzeit hat mein Herz fast einen Schlag ausgesetzt. Es war zu früh für ihn, aber er hat wirklich gut gespielt." Ob Upamecano am Samstag gegen den 1. FC Heidenheim erneut starten werde, entscheide sich womöglich erst am Spieltag selbst. "Um zu sehen, wie müde der Muskel und der Spieler ist."

Bleibt Upamecano allerdings fit, sollte ihm der Stammplatz vorerst sicher sein. Daran dürfte auch eine Rückkehr von Matthijs de Ligt nichts ändern. Der Niederländer muss sich nach der Genesung seines Innenbandrisses im Knie wie schon zu Saisonbeginn hinten anstellen.

FC Bayern München vs. Galatasaray Istanbul: Die Daten zum Spiel

FC Bayern München vs. Galatasaray - 2:1

Tore

1:0 Kane (80.), 2:0 Kane (87.), 2:1 Bakambu (90.+3.)

Aufstellung FC Bayern München

Neuer - Mazraoui, Upamecano (72. Laimer), Min-Jae Kim, Davies - Kimmich, Goretzka - Coman (87. Gnabry), Musiala (40. Müller), Sané (72. Tel) - Kane

Aufstellung Galatasaray Istanbul

Muslera - Boey, Sanchez, Bardakci, Angelino (78. Nelsson) - Ayhan (69. Sergio Oliveira), Torreira - Ziyech (58. Yilmaz), Aktürkoglu, Zaha (79. Bakambu) - Icardi (69. Tete)

Gelbe Karten

Davies (19.) / Bardakci (34.), Buruk (60. außerhalb des Spielfeldes), Bakambu (90.+6.)

Harry Kane
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Keiner kann Harry Kane derzeit das Wasser reichen

Auf Dreier- folgt Doppelpack. Harry Kane staubte innerhalb von fünf Tagen den zweiten Man-of-the-Match-Award in Serie ab. Dabei hatte er über weite Strecken nur wenig am Spiel teilgenommen, die beiden Tore des Tages machte er dennoch auf die Art und Weise, für die er für knapp 100 Millionen Euro verpflichtet wurde. Somit steht der Rekordneuzugang nach 15 Pflichtspielen bei 19 Treffern - vier in der Champions League, 15 in der Bundesliga. Dazu gesellen sich sieben Assists.

In Europas Top-Ligen kann Kane derzeit niemand auch nur annähernd das Wasser reichen. Hinter dem Engländer reihen sich Erling Haaland mit 18 Scorerpunkten, Serhou Guirassy (17) und Lautaro Martínez (16) ein. Dementsprechend bekam er von allen Seiten Lob zugesprochen.

"Er ist ein Phänomen", schwärmte Manuel Neuer: "Und wir sind stolz, dass er hier bei uns spielt." Laut Kingsley Coman würde er dem Team "sehr guttun". Die Bayern seien einen Neuner gewohnt, fügte er an: "Choupo (Moting; Anm. d. Red.) hat letztes Jahr sehr gut gespielt. Vor ihm hat (Robert) Lewandowski sehr, sehr, sehr gut gespielt. Kane macht außergewöhnliche Dinge. Wir versuchen, ihm den Ball zuzuspielen - er hat sich sehr gut in das System integriert und spielt auch tolle Pässe. Es ist toll, so einen Spieler in der Mannschaft zu haben."

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Harry Kane: "Ich habe mein Tor fast dreimal gefeiert"

Kane selbst gab sich derweil selbstbewusst. Er sei "nicht überrascht" über seine Ausbeute, aber "sehr glücklich" damit. Man könne sich "nie" sicher sein, wie der Start verläuft. "Ich fühle mich wohl und lerne die Jungs immer mehr kennen", erklärte er. Unruhig wurde er allerdings, als sein erstes Tor gleich zweimal vom Videoschiedsrichter überprüft wurde: "Ich war nervös. Ich habe mein Tor fast dreimal gefeiert. Ich bin mir nicht sicher, was sie beim zweiten Mal überprüft haben, aber ich war froh, dass das Tor am Ende gezählt hat."

Dabei hätte Kane sogar mindestens noch einen Treffer mehr machen können. Jedoch scheiterte er einmal am Pfosten, zu weiteren Chancen kam er vor allem nicht, weil seine Mitspieler die Angriffe nicht ordentlich zu Ende spielten. "Wir waren effizient, wenn man sich unsere Großchancen ansieht, aber ineffizient, wenn man sich die Halbchancen ansieht", sagte Tuchel hinsichtlich des xG-Werts von 2,88: "Wir waren ein bisschen schlampig und ungenau. Die Art und Weise, wie wir unsere Angriffe gegen Dortmund abgeschlossen haben, hat heute gefehlt."

Mit dem Gedanken an Kane geriet aber auch Tuchel ins Schwärmen: "Man kann es fast als selbstverständlich ansehen, dass er Tore schießt, weil er das jetzt schon seit über zehn Jahren macht. Aber es ist sein erster Vereinswechsel, sein erster Wechsel des Landes, sein erster Wechsel der Kultur. Es ist sehr gut, dass er so früh angefangen hat, Verantwortung zu übernehmen, er ist eine große Persönlichkeit."

Doch Kane schießt nicht nur Tore, sondern bringt auch einen ungemeinen Wert für die Variabilität des Angriffsspiel mit. Gegen Galatasaray hatte er sich wie schon so häufig fallen lassen oder begab sich auf die Flügel, um Gegenspieler herauszuziehen und seinen Mitspielern Raum zu schaffen.

Darauf ging auch Tuchel bei der Frage, ob Kane genau für solche Spiele verpflichtet wurde, ein. "Jedes Spiel ist ein Spiel, für das wir Harry Kane geholt haben", sagte er: "Denn er öffnet das Spiel und die Situationen. Er verliert nie das Selbstvertrauen. Wir wissen, wie es ist, wenn Stürmer im Spielfluss sind, und das ist wunderbar."

FC Bayern München: Die nächsten Spiele

DatumWettbewerbGegner
11. November, 15.30 UhrBundesliga1. FC Heidenheim (H)
24. November, 15.30 UhrBundesliga1. FC Köln (A)
29. November, 21 UhrChampions LeagueFC Kopenhagen (H)
02. Dezember, 15.30 UhrBundesliga1. FC Union Berlin (H)