"Abgezocktes Team lässt gar nichts anbrennen"

Mats Hummels und der FC Bayern stehen im Viertelfinale der Champions League
© getty

Der FC Bayern steht nach dem 5:1-Sieg beim FC Arsenal und einem Gesamtergebnis aus beiden Achtelfinal-Partien von 10:2 im Viertelfinale der Champions League. Mats Hummels warnte nach der Partie davor, falsche Schlüsse zu ziehen, fand aber kein Mitleid für den Gegner.

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Frage: Herr Hummels, der FC Bayern hat Arsenal in Summe mit 10:2 geschlagen. War das ein Ausrufezeichen an ganz Europa?

Mats Hummels: Nein, keineswegs, denn bis zur Roten Karte für Koscielny und dem 1:1 haben wir nicht so ein gutes Spiel abgeliefert, wie es in den vergangenen Wochen der Fall war. Es war das erste Mal, dass wir ein bisschen träge, pomadig waren und dachten, es gehe schon so locker über die Runden. Deshalb sind wir mit der ersten Halbzeit nicht zufrieden.

Frage: War die Rote Karte also spielentscheidend?

Hummels: Ja, sie hat die Partie komplett verändert. Arsenal war in der ersten Hälfte stark, sie hatten sogar die Chance aufs 2:0. Damit wäre es noch einmal richtig, richtig eng geworden. Mit der Roten Karte war das Spiel aber gelaufen. Das wusste jeder auf dem Platz.

Frage: Die zweite Hälfte war für Arsenal extrem schmerzhaft. Wie fühlt es sich an, wenn ein Spiel nach einer Aktion so einseitig wird?

Hummels: Arsenal wollte offensiv weiter Druck machen und voll auf den Sieg gehen. Wir waren aber sehr clever im Kontern und haben so einige richtig schöne Tore herausgespielt. Arsenal hat den Ball oft zu einfach verloren. Dennoch ist das Ergebnis zu hoch, denn das Spiel war eindeutig kein 5:1-Spiel.

Frage: Haben Sie Mitleid mit Arsenal?

Hummels: Ich weiß nicht, ob man im Sport Mitleid haben kann. Jeder muss auf dem Platz sein Bestes geben. Natürlich war es am Ende sehr unglücklich für sie. Wer weiß, vielleicht treffen wir im nächsten Jahr wieder auf sie und dann sind wir es, die solche Probleme haben. Deswegen muss man kein Mitleid mit ihnen haben. Die Mannschaft, die gewinnt, darf sich auch darüber freuen.

Frage: Manchmal muss man Schadensbegrenzung betreiben, wenn man dabei ist, ein Spiel zu verlieren. Arsenal hat das nicht geschafft.

Hummels: Natürlich ist es eine Möglichkeit, sich mit dem 1:1 oder einem 1:2 zufrieden zu geben, um Schlimmeres zu verhindern. Das 1:5 sieht natürlich nicht gut aus. Vielleicht dachten sie, dass sie noch mal treffen können. Es ist ihre Sache, so weiterzuspielen, aber wir haben das dann auch sehr gut ausgenutzt. Ich erinnere mich daran, wie ich mit Dortmund letzte Saison auch 1:5 in München verloren habe, obwohl wir das Gefühl hatten, kein schlechtes Spiel gemacht zu haben. Wenn eine Mannschaft so gut ist wie Bayern, kann es sehr schnell in eine Richtung gehen.

Frage: Hatten Sie vor dem Spiel Probleme, sich überhaupt für die Partie zu motivieren?

Hummels: Wir haben versucht, uns so zu fokussieren, wie wir es immer machen. Jedoch waren wir in der ersten Hälfte nicht so wach und gedanklich nicht zu 100 Prozent auf dem Platz. Das müssen wir uns ankreiden, denn wir waren nicht mit der gleichen Spannung unterwegs, wie wir das die letzten Wochen getan haben. Wir waren nicht faul, aber Arsenal hat zu viele zweite Bälle gewonnen, was uns Probleme gemacht hat.

Frage: Also konnten Sie das 5:1 aus dem Hinspiel doch nicht so ganz aus den Köpfen streichen?

Hummels: Ja, wahrscheinlich. Wir haben zwar immer gesagt, dass es noch nicht durch ist, und im Training gestern war eine unheimlich hohe Intensität. Deshalb dachte ich, dass wir das auch im Spiel zeigen. Offensichtlich hatten wir aber doch ein bisschen das Gefühl, es ist schon durch. Es ist ja auch nicht ganz daneben, das zu denken. Da war schließlich auch etwas Wahres dran. Immerhin war uns klar, dass wir das Spiel mit unserer Offensive jederzeit entscheiden können. Das große Ganze war heute dennoch nicht so gut.

Frage: Nach zweimal 5:1 sind Sie jetzt aber einer der Top-Favoriten.

Hummels: Das kann sich so schnell ändern. Das heutige 5:1 muss man in Klammern setzen. Ich habe noch nie ein 5:1 erlebt, bei dem mehr als die Hälfte des Spiels klar der anderen Mannschaft gehörte. Im Viertelfinale zählen wir also zu den acht Top-Favoriten. (lacht)

Frage: So bescheiden?

Hummels: Wenn man Paris gegen Barca sieht, erkennt man, was ein einzelner schlechter Tag auslösen kann. Vielleicht drehen sie es ja noch, aber das zeigt doch, wie schnell man in einer anderen Situation stecken kann.

Frage: Karl-Heinz Rummenigge sagte bereits, die "Carlo-Ancelotti-Zeit" sei angebrochen, Franck Ribery fühlt sich wie im Triple-Jahr. Inwieweit ist der Traum vom Champions-League-Titel innerhalb der Mannschaft ein Thema?

Hummels: Wir stehen jetzt im Viertelfinale, damit sind es theoretisch vier Partien bis zum Endspiel. Es ist absehbar, dass man es schaffen kann, trotzdem müssen wir dafür richtig liefern. Es werden nur noch schwere Gegner kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass nochmal eine einfache Runde auf uns wartet. Wir sind momentan auf jeden Fall in der richtigen Verfassung, um weit zu kommen. Ich denke aber, dass wir - auch wenn es eine Floskel ist - von Spiel zu Spiel schauen müssen, dass wir nicht schon denken, wir würden es ins Finale schaffen, nur weil wir jetzt zwei deutliche Siege eingefahren haben.

Frage: Würden Sie sich eigentlich über ein Duell mit dem BVB freuen?

Hummels: Ich brauche das international nicht unbedingt. Bei Schalke gegen Gladbach in der Europa League dachte ich auch, dass es schöner ist, wenn man gegen Teams aus anderen Ländern spielt. Ich würde mich aber freuen, wenn es überhaupt die Möglichkeit dazu gäbe, gegen den BVB zu spielen.

Frage: Heute stand die älteste Bayern-Elf in der Champions-League-Geschichte des Klubs auf dem Platz - im Schnitt 30 Jahre und 14 Tage alt. Ist die Erfahrung ein wichtiger Faktor?

Hummels: Die Erfahrung, die wir mit der damit verbundenen Ruhe und unserer spielerischen Klasse auf dem Platz haben, ist sicherlich auch ein Faktor. Wir haben aber gesehen, dass wir in der ersten Hälfte trotz der Erfahrung unsere Probleme hatten. Eine ganz abgezockte Mannschaft lässt da gar nichts anbrennen.

Frage: Sie haben eine gewisse Stammelf gefunden. Wie schwer ist es für die Spieler, die hintendran sind?

Hummels: Wir haben schon das Gefühl, dass es 13 oder 14 Spieler gibt, die meistens auf dem Platz stehen. Es geht aber schnell: Hat einer mal eine schlechtere Form und ein anderer eine bessere, kann es wieder anders aussehen. Alle wissen, dass die großen Momente in dieser Saison noch kommen. Ich habe bei keinem das Gefühl, dass irgendwie Resignation vorhanden wäre. Alle wollen spielen und bekommen auch ihre Einsatzminuten.

Frage: Aktuell sieht es so aus, als hätten Sie für das Spiel in Frankfurt am Wochenende alle Spieler beisammen. Keiner ist verletzt.

Hummels: Toi, toi, toi, dass es so bleibt! Es wäre ein guter Zeitpunkt, jetzt wieder den vollen Kader zur Verfügung zu haben.

FC Arsenal - FC Bayern: Die Statistik zum Spiel

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