Naby Keita wird zum Faktor beim FC Liverpool: Das Langzeitprojekt taut auf

Naby Keita bejubelt mit Roberto Firmino seinen Führungstreffer gegen den FC Porto.
© getty

Am vergangenen Freitag hat Naby Keita gegen Southampton sein erstes Tor für den FC Liverpool geschossen. Beim 2:0-Sieg über den FC Porto im Champions-League-Viertelfinale legte er gleich nach und machte sein vielleicht bestes Spiel für die Reds seit seinem Wechsel im Sommer von RB Leipzig an die Anfield Road. Der Wunschspieler von Jürgen Klopp scheint endlich in Gänze angekommen zu sein.

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"Er ist ein Langzeitprojekt." Klopp wurde in den vergangenen Wochen nicht müde zu betonen, welchen Wert Keita für Liverpool noch haben kann und haben wird. Er musste es deshalb immer wieder betonen, weil der sündhaft teure Nationalspieler Guineas noch nicht sein Potenzial ausgeschöpft hat - besonders was seine Stärken in der Offensive angeht.

In 27 Spielen war Keita nur an einem Tor beteiligt, was zwangsweise Zweifler und sogenannte "Hater" im Liverpooler Anhang lauter werden ließ. Zweifler an ihm, der mit seiner Leichtigkeit, seiner Eleganz, aber auch mit seiner Zweikampfstärke und Torgefahr in nur einem Jahr derartig überzeugt hatte, dass Liverpool sich gezwungen sah, Leipzig 18 Millionen Euro mehr zu bezahlen, um auf Nummer sicher zu gehen.

Im Sommer 2017 war das, als die Reds 70 statt 52 Millionen Euro ein Jahr später auf den Tisch legten. Dann hätte Liverpool nämlich bequem die Ausstiegsklausel in jener Höhe ziehen können, sich aber gleichzeitig der namhaften Konkurrenz stellen müssen.

So aber landete Keita an der Anfield Road und seine ersten Spiele entsprachen genau den Erwartungen von Leipzigs Kapitän Willi Orban. Der hatte keine Zweifel daran, dass Keita für Furore sorgen werde. Wenn, ja wenn er sich denn wohlfühle, schränkte Orban ein. Und dieses Wohlfühl-Gefühl ging Keita nach seinen ersten verheißungsvollen Auftritten irgendwie verloren. Erst warfen ihn Verletzungen zurück, dann stellte Klopp das System phasenweise auf ein 4-2-3-1 um, was Keita ins linke Mittelfeld spülte.

Keitas Tor-Debüt bei Liverpool: "Von Minute zu Minute besser"

Er war nicht mehr der "Unterschiedsspieler", als den ihn Ralf Rangnick noch in Leipzig bezeichnet hatte, sondern einer von vielen Alternativen im gut bestückten Liverpooler Mittelfeld. Und zudem eine Alternative, die in den großen Spielen seit Jahresbeginn gegen Manchester City, den FC Arsenal, Tottenham oder Manchester United dann eben doch keine Alternative für Klopp war.

Der Liverpool-Trainer legte sein "Langzeitprojekt" in diesen Spielen auf Eis. Zu unkonstant war seine Passquote, zu fahrig seine Offensivbemühungen, zu groß war der Schatten der Konkurrenz um Fabinho, Jordan Henderson und Georgino Wijnaldum. Doch gegen Southampton taute das auf Eis gelegte "Langzeitprojekt" auf, hielt seinen Kopf in eine Trent-Alexander-Arnold-Flanke und pulverisierte den Knoten, den die Zweifler und Hater noch Wochen zuvor geschnürt hatten.

Zahlreiche Umarmungen habe es nach dem 3:1-Comeback-Sieg anlässlich des geplatzten Keita-Knotens in der Kabine gegeben, berichtete Klopp. Ein Erfolgserlebnis mit enteisender Wirkung. Denn nur vier Tage später taute Keita schon wieder auf. Dieses Mal vor dem Tor des FC Porto, auf großer Bühne, im Champions-League-Viertelfinale. Und wieder gab es reichlich Umarmungen für Keita. Sein etwas glücklicher Schuss zum 1:0 in der fünften Minute brachte Liverpool früh in Führung.

"Er wurde von Minute zu Minute immer besser im letzten Spiel und da hat er heute weitergemacht", sagte Projektplaner Klopp nach der Partie. Über 90 Minuten habe er einen "sehr, sehr guten" Keita gesehen. Einen, der seine Warnung vor den "offensiv und physisch starken" Portugiesen ernst genommen hatte, sich in zahlreichen Zweikämpfen aufrieb, von denen er über die Hälfte gewann und sich noch dazu immer wieder in die Offensive einschaltete.

Naby Keita: Spielerstatsitiken gegen den FC Porto

StatistikWert
Gespielte Minuten90
Zweikämpfe22 (Top-Wert)
Gewonnene Zweikämpfe54,5 Prozent
Pässe64
Passquote85,9 Prozent
Tacklings8 (Top-Wert)
Kreierte Chancen2
Abschlüsse2
Tore1

Naby Keita gegen Porto: Ein Boss von vielen

Doch es war nicht nur, aber besonders Keita, dessen Leistung auffiel. Die Balance stimmte - nicht nur im Liverpooler Mittelfeld, sondern in der Mannschaft. Als habe sie nochmal Klopps Aussagen gegenüber DAZN und SPOX am Vorabend des Spiels untermauern wollen, derzufolge sie "erwachsener" geworden sei als noch im Vorjahr.

Neben Keita überzeugte beispielsweise Henderson in seiner etwas vorgezogeneren halbrechten Rolle auf ganzer Linie. Oder James Milner, der auf der ungewohnten Linksverteidigerposition für den gesperrten Andrew Robertson aushalf und Keitas 1:0 mit einem Traumpass auf Sadio Mane einleitete. Oder Roberto Firmino, der Keitas Führungstreffer final vorbereitete, wenig später selbst zum 2:0 traf und damit bei direkten Torbeteiligungen seit der letzten Champions-League-Saison (20) nur noch von "Mr. Champions League" Cristiano Ronaldo (24) übertroffen wird.

Kurzum: Keita war bei Klopps 400. Sieg als Trainer sicherlich ein Boss - aber eben auch einer von vielen. Daher lobte Klopp hinterher auch lieber das Kollektiv, anstatt einzelne Spieler herauszuheben. "Alles in allem", attestierte er seiner Mannschaft eine "sehr gute Vorstellung", betonte aber, dass es noch nicht vorbei sei. So vorbei, wie es nach dem Hinspiel im Achtelfinale des letzten Jahres gewesen war, als Liverpool in Porto 5:0 gewann.

Dort erwarte er in sieben Tagen eine "schwierige Atmosphäre", zumal der Fokus nun erstmal wieder auf das Spiel gegen den FC Chelsea und den Kampf um die Meiterschaft liege, wie van Dijk betonte. Ein großes und wichtiges Spiel gegen einen großen und wichtigen Gegner. Ein Gegner, gegen den Klopp sein "Langzeitprojekt" Keita für gewöhnlich auf Eis legt. Doch das würde so gar nicht zum Leistungssprung von Keita passen. Und schon gar nicht zur Jahreszeit. Schließlich ist Frühling. Tauwetter.

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