Ganz gewisse Ungewissheit

Von Mario Krischel
Kevin Trapp musste bei PSG zuletzt oft ein Wechselbad der Gefühle erleben
© getty

Spielt er oder spielt er nicht? Eine Frage, mit der sich Kevin Trapp in dieser Saison bei Paris St.-Germain unfreiwillig oft auseinandersetzen muss. Weil sein Trainer Unai Emery sich nicht für eine Nummer eins entscheiden will, rotiert Trapp zwischen Spielfeld und Ersatzbank. Nun hat sich das Blatt für den deutschen Torhüter scheinbar zum Guten gewendet, doch die Ungewissheit bleibt.

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"Jedes Mal stellt ihr mir diese Frage", sagt Kevin Trapp Mitte Januar leicht entnervt, mit einem erzwungenen Lächeln und in perfektem Französisch. Darauf folgen die antrainierten Phrasen. Er wisse es nicht, er sei für diese Entscheidung nicht verantwortlich, nur der Trainer könne das beantworten. Alles was er tun könne, sei, gute Trainingsleistungen zu bringen.

Die Frage, deren Antwort Trapp Woche für Woche runterbeten muss, liegt auf der Hand. "Kevin, stehst du im nächsten Spiel zwischen den Pfosten oder Alphonse?"

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Tatsächlich kann er sie nicht beantworten, das hat ihm sein Trainer sehr früh klar gemacht. "Der Coach hat gleich zu Saisonbeginn gesagt, dass er auf all seinen bisherigen Stationen beide Torhüter spielen ließ" verriet Trapp im kicker-Interview. "Von daher wusste ich von Anfang an, was er will und vorhat." Und dann fügte er noch an, was auf keinen Fall fehlen durfte. "Das Einzige, was ich machen kann, ist gut zu trainieren und dem Coach zu zeigen, dass ich spielen und erfolgreich sein will." Mehr liege nicht in seiner Macht.

Mit Ibra und Laurent war alles gut

In der aktuellen Spielzeit wird Trapps Geduld mehr denn je auf die Probe gestellt. Nach seiner Ankunft in der französischen Hauptstadt im Sommer 2015 war der 26-Jährige unter Trainer Laurent Blanc sofort zur Nummer eins gereift, lieferte eine solide Saison - mit wenigen Aussetzern - ab und brach mit PSG sämtliche nationale Rekorde.

Da aber wieder kein Titel auf internationalem Parkett heraussprang, musste Blanc trotz elf Titeln in drei Jahren seinen Hut nehmen. Der Nachfolger stand umgehend bereit. Und wusste, wie man auf europäischer Bühne Pokale sammelt. Als dreifacher Europa-League-Sieger verließ Unai Emery den FC Sevilla und nahm sich der Herausforderung in Paris an.

Diese hielt, wie sich schnell herausstellen sollte, einige Hürden parat. Nach dem Supercup-Erfolg und zwei Zu-Null-Siegen zum Ligue-1-Auftakt stolperte PSG am 3. Spieltag zum ersten Mal und verlor mit 1:3 in Monaco. Trapp traf bei keinem der Gegentore eine Schuld. Zwei Wochen und eine Länderspielpause später folgte der nächste Rückschlag, als die Hauptstädter beim Heimspiel gegen Saint-Etienne in der 92. Minute das Ausgleichstor verdauen mussten. Trapp gab nicht die beste Figur ab.

Kevin, der Leidtragende

Für Emery scheinbar Grund genug, die Situation zwischen den Pfosten nochmal zu überdenken. Er setzte Trapp auf die Bank und schickte seinen bisherigen Vertreter Alphonse Areola, der in der Saison zuvor leihweise beim FC Villarreal brilliert hatte, aufs Feld. Der 23-Jährige, geboren in Paris, blieb in fünf von sieben Ligapartien ohne Gegentor, verletzte sich jedoch im November am Knöchel.

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Gegen Rennes (4:0) und Nantes (2:0) rotierte Trapp wieder rein, hielt alles, und fand sich trotzdem vier Tage später in der Champions League auf der Ersatzbank wieder. Das, verriet Trapp nun, sei der bitterste Moment in seiner Zeit an der Seine gewesen. "Ich hatte dem Trainer in beiden Spielen gezeigt, dass er mir absolut vertrauen kann. Aber auch diese Entscheidung musste ich respektieren."

Eigentlich hatte sich Trapp für sein zweites Jahr viel vorgenommen, er sei bereit gewesen, "eine noch festere Größe im Verein und der Mannschaft zu werden. Daher hat die Entscheidung das alles etwas gebremst." Für den ehemaligen Lauterer und Frankfurter sei das jedoch kein Grund gewesen, sich hängen zu lassen und Trübsal zu blasen. "Man kann auch helfen, wenn man am Wochenende nicht zwischen den Pfosten steht. So verstehe ich ein Team."

Prüfung bestanden?

Genau deswegen habe er auch nie das Verlangen gespürt, die Flucht zu ergreifen. Obwohl französische Medien das bereits prophezeit hatten.

Mit dem wieder genesenen Areola verspielte PSG in der Champions League den Gruppensieg und blieb in der Liga dreimal am Stück sieglos, kassierte in Montpellier und Guingamp gar bittere Pleiten. Areola patzte mehrfach.

Für Emery der Anlass, sich abermals die T-Frage zu stellen. Die Antwort fiel diesmal zugunsten von Trapp aus, der nach fünf Partien ohne Einsatz gegen Lorient am 21. Dezember wieder im Tor stand und bis heute nicht hinter sich greifen musste. Auch nach einer kurzen Pause wegen einer Muskelverletzung vertraute Emery beim jüngsten 3:0-Sieg in Bordeaux wieder auf Trapp.

Vor der schweren Aufgabe im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr im LIVETICKER) könnte der Schlussmann eigentlich mal durchatmen. Zumindest spricht die Tendenz klar für den gebürtigen Saarländer. "Trapp hat die Prüfung bestanden", behauptet auch France Football.

Was wäre, wenn...?

Und trotzdem ist die gewisse Ungewissheit nicht von der Hand zu weisen. In der vergangenen Saison hatte Trapp zu diesem Zeitpunkt bereits 31 Pflichtspiele bestritten, jetzt sind es magere 14. Was sollte Emery daran hindern, Trapp erneut zu degradieren, wenn PSG mal wieder zwei Spiele hintereinander nicht gewinnt? Was passiert, wenn Paris im Achtelfinale aus der Champions League fliegt? Spielt Trapp vielleicht nur auf Bewährung?

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"Auf keinen Fall", sagt er zumindest. Jeder Spieler würde das Vertrauen des Trainers spüren. "Sicher muss man dieses Vertrauen dann auch zurückzahlen. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich ständig das Damoklesschwert über mir schweben sehe und mir sage: 'Du musst jetzt ein gutes Spiel machen, sonst kann es schlecht für dich enden.'"

Die anstehenden Partien gegen Barca und in der Liga, wo Paris nach wie vor Tabellenführer Monaco hinterherläuft, könnten dennoch so etwas wie Trapps letzte Reifeprüfung werden. Auch wenn PSG einen Kader mit nicht viel weniger Klasse hat, geht Barcelona als Favorit in dieses Duell. Für Trapp und Co. bietet sich also die Chance, über die eigenen Kräfte hinauszuwachsen.

Zeit für ein bisschen mehr Ruhe

"Klar hat Barca etwas vorzuweisen", sagt Trapp, wohlwissend, dass drei Herren namens Lionel Messi, Luis Suarez und Neymar auf ihn zukommen. "Aber ich sehe auch jeden Tag, über welche Qualitäten unsere Mannschaft verfügt."

Man müsse sich nicht verstecken, und man werde gut vorbereitet sein, verspricht er. Sätze, die erneut etwas abgekupfert daherkommen, doch insbesondere für Kevin Trapp wie ein Versprechen für eine Rückkehr zur Normalität wirken. Und die steht für Konstanz zwischen den Pfosten.

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