"Wir spielen wunderschönen Fußball"

Von Philipp Dornhegge
Der FC Arsenal hat fünf Liga-Spiele in Folge gewonnen und steht in der CL vor dem Gruppensieg
© Getty

Am Mittwoch tritt Borussia Dortmund zum Champions-League-Duell beim FC Arsenal an (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky). Nach dem 1:1 im Hinspiel der Gruppe F rechnet sich der deutsche Meister auch im Emirates Stadium etwas aus. Allerdings ist der Gegner ein ganz anderer als noch vor gut zwei Monaten.

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Arsenal, das ist seit Jahren der pure Jugendwahn. Arsene Wenger galt stets als Trainer, der sich im Zweifel für den jüngeren von zwei ähnlich guten Spielern entscheidet, und genau so hat er seine Mannschaft zusammengestellt.

Dass dieser Weg seine Grenzen hat und nicht immer zum Erfolg führt, bewies die letzte Saison, als die Gunners in der Liga Manchester United, Chelsea sowie Manchester City hinterhinkten und in der Champions League bereits im Achtelfinale scheiterten.

Zum ersten Mal bekam Wenger Kritik, dass er es mit seiner Vorliebe für Youngster übertreibe und die Schönspielerei auf Biegen und Brechen dem Erfolg im Weg stünde. Der französische Fußballlehrer scheint die Warnung vernommen zu haben, denn vor dieser Saison wich er erstmals im großen Stil von seinem gewohnten Transferverhalten ab.

Durch die Verkäufe von Cesc Fabregas und Samir Nasri zum Handeln gezwungen, verpflichtete er mit Arteta und Yossi Benayoun gestandene Profis als Ersatz, dazu kamen mit Per Mertesacker und Andre Santos weitere erfahrene Spieler für die Defensive. Ganz vorne hat Arsenal mit Gervinho und Chu-Young Park seit dem Sommer ebenfalls zusätzliche Optionen.

Arteta hat voll eingeschlagen

Der Effekt, den diese Verpflichtungen auf das Spiel der englischen Hauptstädter haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Sicher, der Saisonstart war wenig erbaulich, Arsenal holte nur vier Punkte aus den ersten fünf Spielen und wurde unter anderem beim 2:8 bei ManUnited vorgeführt. Es gab sogar Stimmen, die nach dem Fehlstart den Kopf des Trainers forderten. In den gleichen Zeitraum fiel übrigens das 1:1 in Dortmund.

Aber so eine Umstrukturierung braucht eben seine Zeit. Und inzwischen trägt sie Früchte. "Wir spielen im Moment wunderschönen Fußball und ich glaube, dass wir unseren Lauf fortsetzen können", sagte Walcott nach dem 2:1-Sieg bei Norwich City - dem fünften Premier-League-Dreier in Folge.

Auch die Neuen tragen dazu bei: Arteta macht als Fabregas-Ersatz einen ordentlichen Job, ist die erhoffte Schaltstelle zwischen Verteidigung und Angriff. Mittlerweile soll er sogar ein Thema für die spanische Nationalmannschaft sein - gibt es ein größeres Lob?

Gervinho steht in jedem Spiel auf dem Platz, Benayoun ist zwar nur Joker, als solcher aber sehr wertvoll. Santos wirkt defensiv manchmal wild, ist dafür offensiv eine Bereicherung und hinten links gesetzt. Nur Park kommt bisher noch gar nicht zum Zug.

Wenger macht Mertesacker Mut

Ein Problemkind ist ausgerechnet Mertesacker. Im DFB-Team bröckelt sein Standing angesichts der großen Konkurrenz, in England sieht er sich mit teilweise heftiger Kritik konfrontiert. Nach dem 5:3-Sieg gegen Chelsea schoss sich die britische Presse auf den als hüftsteif verurteilten Nationalspieler ein, eine Denkpause gegen West Bromwich (3:0) war die Folge.

Zuletzt stand Mertesacker gegen Norwich wieder über 90 Minuten auf dem Platz, verschuldete dabei aber das Gegentor und steckte erneut Prügel ein.

Wenger macht dem 27-Jährigen trotzdem Mut: "Die Premier League fordert gerade einem Verteidiger in jeder Sekunde alles ab, besonders nach Länderspielen spürt man da schnell die Müdigkeit", so Wenger nach dem Spiel: "Es braucht etwas Zeit, bis man sich daran gewöhnt hat. Laurent Koscielny hat diese Anpassung inzwischen gemeistert. Im letzten Jahr hatte er die gleichen Schwierigkeiten wie Per jetzt."

Koscielny ist in seinem zweiten Arsenal-Jahr einer der großen Lichtblicke und steht damit stellvertretend für die positive Entwicklung, die das ganze Team, unterstützt durch erfahrene Neuzugänge, genommen hat und weiterhin nimmt.

Trümpfe: van Persie und eine Top-Defensive

Dabei haben die Neuen ihr Potenzial noch gar nicht komplett ausgeschöpft. Im Gegensatz zu Robin van Persie: Der Niederländer spielt in den letzten Wochen Fußball von einem anderen Stern und führt die Liga mit 13 Toren in 12 Spielen souverän an.

Kollege Theo Walcott weiß, wer der Star des Teams ist: "Robin ist derzeit einer der besten Knipser der Welt. Seine Klasse macht den Job für uns alle so viel einfacher." Wenger pflichtet bei: "Er ist ein Ausnahmespieler. Aber das wissen wir ja." Klar, dass auch Dortmund besonders auf van Persie mehr als ein Auge haben muss.

Trainer Wenger hat derweil eine weitere Trumpfkarte seiner Gunners benannt, und die ist so gar nicht gunner-typisch: "Ich habe noch nie eine so groß gewachsene Defensive gehabt", sagt der 62-Jährige. Lässt man das Chelsea-Spiel außen vor, hat Arsenal wettbewerbsübergreifend in den letzten sieben Spielen nur vier Tore kassiert.

"Nach dem Ausfall von Bacary Sagna hatten wir mit Koscielny, Mertesacker, Thomas Vermaelen und Santos eine enorm große Viererkette. Diese körperliche Präsenz war zuletzt ein großer Vorteil für uns."

Wenger: "Setzen keine Prioritäten"

Und mit diesem Vorteil im Rücken wollen die Gunners in der Liga weiteren Boden gut machen. Denn trotz der aktuellen Serie liegt das Team in der Tabelle nur auf dem 7. Platz. Übertriebene Euphorie wäre also unangebracht: "Vor fünf Wochen waren wir 17. und ich musste Fragen zum Abstiegskampf beantworten", mahnt Wenger. "Im Fußball kann es ganz schnell gehen. Wir sind jetzt in einer guten Position, müssen aber weiter hart arbeiten. Wir können uns immer noch verbessern."

Gerade daheim kann man seine Sache allerdings nicht viel besser machen als Arsenal in den letzten Wochen: Bei zehn Pflichtspiel-Auftritten im Emirates Stadium in dieser Spielzeit mussten die Gunners erst sieben Gegentore hinnehmen, in der Champions League biss sich zuletzt Marseille die Zähne aus, holte aber immerhin ein 0:0.

Trotz Arsenals beeindruckender Heimbilanz gab sich Jürgen Klopp nach dem 1:0-Sieg bei Bayern München selbstbewusst: "Wir haben uns bewiesen, dass wir Topmannschaften schlagen können. Arsenal wird wieder eine andere Herausforderung, aber wir wissen, dass wir es schaffen können."

Wenger hat freilich andere Pläne: "Jeder im Verein weiß, dass dies ein großes Spiel wird. Wir wollen unbedingt gewinnen." So wichtig die Aufholjagd in der Liga auch sei: "Wir setzen da keine Prioritäten. Im Moment hat die Champions League die gleiche Bedeutung für uns wie die Premier League."

Der FC Arsenal im Steckbrief

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