BVB-Erkenntnisse: M-Wort weicht Mentalitätsdebatte - ein Manko bleibt

Von Maximilian Lotz
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Der BVB baut gegen den SC Freiburg seine Siegesserie aus und klettert in der Tabelle weiter nach oben. Und sogar das M-Wort fällt schon wieder - doch für Borussia Dortmunds Trainer Edin Terzic sind andere M-Wörter momentan wichtiger. Die Erkenntnisse zum BVB-Spiel.

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BVB und die M-Wörter: Momentum mit Makel

Vier Spiele, vier Siege - die Bilanz des BVB seit der Winterpause ist makellos. Die zuvor neun Punkte Rückstand auf den FC Bayern haben die Dortmunder damit vorerst egalisiert - auch wenn die Münchner am Sonntag in Wolfsburg freilich noch nachlegen können. Dennoch haben sich die Schwarz-Gelben mit ihrer Siegesserie und dem Sprung auf Platz drei im Titelrennen zurückgemeldet. Ein solche Siegesserie zum Start in ein Kalenderjahr gelang dem BVB zuletzt 2012, damals holte man am Saisonende das Double. Doch Trainer Edin Terzic will davon noch nichts wissen.

"Ehrlicherweise habe ich gerade ein anderes M-Wort immer wieder gehört, aber Momentum gefällt mir besser", sagte Terzic nach dem 5:1-Erfolg gegen den SC Freiburg. Immerhin hat diese positive Momentaufnahme in Dortmund ein anderes leidiges M-Wort verdrängt, die noch im Herbst intensiv geführte Mentalitätsdebatte ist aktuell weit weg. Solche Siege wie am Samstag helfen, dass das auch in den nächsten Wochen so bleibt. Aber Terzic weiß das richtig einzuordnen.

"Es bringt uns ja nichts, dass wir gut ins neue Jahr gestartet sind, denn das nächste M-Wort, das wichtig ist, ist der Mai. Bis dahin haben wir die Chance, Punkte zu sammeln und die Tabelle zu beeinflussen", sagte Terzic. Dass sein Team in den bisherigen Spielen diversen Rückschlägen (gegen Augsburg) trotzte, mal das Glück durch einen letzten Standard (gegen Mainz) erzwang und mal eine "reife und sehr erwachsene Vorstellung" (gegen Leverkusen) bot, zeigt, "dass unser Werkzeugkasten größer geworden ist", erklärte Terzic.

Die Punktausbeute nach der Pause ist perfekt, doch die Performance auf dem Platz war es bislang noch nicht vollumfänglich. Zwar sah Terzic gegen Freiburg eine "nahezu perfekte" zweite Hälfte, die der BVB mit einem frühen Doppelschlag durch Karim Adeyemi (48.) und Sébastien Haller (51.) früh in seine Bahnen lenkte und später noch durch Julian Brandt (69.) und Giovanni Reyna (82.) veredelte. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es die Dortmunder trotz der frühen Gelb-Roten Karte gegen Kiliann Sildillia (17.) nicht schafften, ihre Dominanz schon früher in Form von Toren klarer auf die Anzeigetafel zu bringen.

"Es gab eine Phase zwischen der 30. und 45. Minute, die uns gar nicht gefallen hat", analysierte Terzic. "Wir haben nur noch zum Nebenmann gepasst, die Positionen kaum noch überspielt haben und in den Positionen stehen geblieben sind. Wir haben es Freiburg leicht gemacht, in der stehenden Formation zu verteidigen." Beim überraschenden Gegentreffer von Lucas Höler (45.), der die Führung durch Nico Schlotterbeck (26.) zwischenzeitlich egalisierte, habe man sich abkochen lassen, monierte Terzic: "Wir waren nicht konsequent genug, den Ball zu klären, obwohl wir zweimal in der Situation dazu waren." Sowohl Schlotterbeck als auch Niklas Süle dürften sich angesprochen fühlen. Bei all den offensiven Glanzmomenten bleibt ein K-Wort, nämlich das der fehlenden Konzentration in der Defensive ein wiederkehrendes Problem.

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BVB: Neue Stärke bei Standards verfestigt sich

Immerhin einen Makel haben die Dortmunder zu Jahresbeginn erfolgreich beseitigt: die Harmlosigkeit bei eigenen Standards. In den 15 Spielen vor der Winterpause gelangen magere drei Standardtore. Gegen Freiburg erzielte der BVB nun allein drei Tore nach Eckbällen - erstmals in einem Ligaspiel seit Beginn der detaillierten Datenerfassung 2004/05. Eine neue Qualität, die dem BVB hilft, die spielerischen Defizite auszumerzen.

Gegen Freiburg, die ihre bekannte Standardstärke mangels Gelegenheiten (null Ecken) gar nicht ausspielen konnten, überzeugten die Dortmunder mit diversen Varianten. So führte vor Adeyemis Treffer eine kurz ausgeführte Ecke über mehrere Stationen zum Erfolg, bei Hallers Kopfballtreffer war die gute Positionierung und aufmerksame Reaktion beim zweiten Ball ausschlaggebend.

"Wir waren sowohl im Positions- als auch im Passspiel und in der Spielbeschleunigung richtig gut. Das Gegenpressing hat gut funktioniert. Wir haben den Gegner kaum atmen lassen", urteilte Terzic.

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BVB: Marco Reus mit Luft nach oben - Karim Adeyemi ausgebremst

Luft nach oben offenbarte Kapitän Marco Reus bei seinem ersten Startelfeinsatz seit 140 Tagen. Dem im ersten Durchgang lange Zeit zu statischen Offensivspiel konnte auch er nicht seinen Stempel aufdrücken. Gerade im Vergleich zum weiterhin formstarken Julian Brandt, der nun mit seinem fünften Saisontor und seinen vier Assists - zusammen mit Youssoufa Moukoko - Dortmunds Topscorer ist, hat Reus noch etwas Nachholbedarf, um an seine Leistungen von vor der Winterpause heranzukommen als er für den BVB häufig der Dosenöffner war.

Immerhin: Bei einem Sorgenkind scheint der Knoten nun endgültig geplatzt. Flügelflitzer Adeyemi legte nach seinem Tordebüt am vergangenen Wochenende gleich seinen zweiten Treffer nach - und zwar den wichtigen zum zwischenzeitlichen 2:1, der das Pendel wieder zugunsten der Dortmunder ausschlagen ließ. Zuvor hatte seine Sprintstärke schon die Gelb-Rote Karte gegen Sildillia provoziert.

"Er hat den Gegner beschäftigt. Es waren drei, vier Foulspiele auf der Seite, weil er immer wieder sein Tempo ins Spiel bekommen hat", sagte Terzic. Mit 36,65 km/h stellte Adeyemi zudem noch einen ligaweiten Geschwindigkeitsrekord auf - eine Stärke, die noch häufiger zur Geltung kommen soll. "Wir haben uns vorgenommen seine Waffe häufiger zu nutzen", sagte Terzic und lobte Adeyemi: "Er hat sich selbst verbessert im Kombinationsspiel. Er ist sehr sicher geworden in der Ballannahme und im Spiel mit einem Kontakt. Es wird bei uns immer wieder darum gehen, ihn ins Laufduell zu bekommen."

Doch der Aufschwung des 30-Millionen-Mannes, der vor der Saison von Red Bull Salzburg gekommen und beim BVB so schwer in Fahrt gekommen war, ist jäh gestoppt. Sowohl im DFB-Pokal beim VfL Bochum unter der Woche als auch am nächsten Samstag in Bremen muss Adeyemi gesperrt zuschauen. "Dadurch darf er in den nächsten beiden Spielen nicht flitzen", bedauerte Terzic. "Wir werden ihn dann in zehn Tagen wieder zur Verfügung haben und ihn daran erinnern, was ihn jetzt in dieser Phase stark gemacht hat."

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Sébastien Haller: Emotionales Highlight als Schub

Als großer Gewinner darf sich natürlich auch Haller fühlen, der ausgerechnet am Weltkrebstag nach überstandener Hodenkrebserkrankung sein erstes Tor für Borussia Dortmund erzielt hat. Beim Torjubel deutete er mit dem Finger auf seine Schuhe, auf denen der Schriftzug "F*ck Cancer" prangt.

"Mein erstes Tor an diesem Tag zu erzielen, bedeutet mir viel", sagte Haller bei Sky. "Als ich das Tor erzielt habe, habe ich gefühlt, dass das ganze Stadion gebrannt hat. Das gibt einen großen Schub, ich hoffe, wir bekommen noch mehr von diesen Momenten."

Haller hat seit seinem Comeback das Dortmunder Offensivspiel bereichert. Zwar war er gegen Freiburg ganz im Stile eines klasse Torjägers zur Stelle und nutzte seine einzige Gelegenheit zu einem Treffer, doch ansonsten war er von der Freiburger Abwehr weitgehend abgemeldet.

"Da ist eine große Last von ihm gefallen, alle Menschen waren begeistert", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl über Hallers Tordebüt. Dennoch könne der Stürmer "noch besser" spielen und suche nach wie vor seinen Rhythmus. "Aber Tore helfen einem Stürmer", ergänzte Kehl.

Auch Terzic hofft auf eine Initialzündung: "Wir hoffen, dass das das erste von ganz vielen Toren war und er weiterhin so wichtig für uns bleibt."

BVB: Die nächsten Spiele von Borussia Dortmund

DatumWettbewerbHeimGast
Mittwoch, 8.2., 20.45 UhrDFB-PokalVfL BochumBorussia Dortmund
Samstag, 11.2., 15.30 UhrBundesligaWerder BremenBorussia Dortmund
Mittwoch, 15.2., 21.00 UhrChampions LeagueBorussia DortmundFC Chelsea