Die Fußball-Kolumne: So treibt Oliver Kahn die Neuausrichtung des FC Bayern voran

Bayerns Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn (l.) und Jörg Wacker.
© imago images

Mit der Trennung von Vorstandsmitglied Jörg Wacker baut der neue Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn den FC Bayern München weiter um. Über die genauen Gründe gibt es sehr widersprüchliche Aussagen. Die Fußball-Kolumne.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Der Freitag war ein sehr informativer Tag für die Mitarbeiter des FC Bayern. Auf einer virtuellen Mitarbeiterversammlung stellte ihnen Oliver Kahn das neue Leitbild des deutschen Rekordmeisters vor.

Schon vorher war die Neuordnung der Führungsebene durchgesickert. Diese wird in Zukunft nur noch aus vier Vorstandsmitgliedern bestehen. Somit war kein Platz mehr für Jörg Wacker, dessen Ausscheiden der Verein bereits am Mittwochnachmittag ohne Angabe von Gründen offiziell verkündet hatte.

FC Bayern: Aufgaben von Jörg Wacker werden aufgeteilt

Seine Aufgaben werden aufgeteilt: Die Internationalisierung übernimmt Marketingboss Andreas Jung, das Merchandising geht zu Finanzchef Christian Dreesen und für die Strategie wird künftig der Vorstandsvorsitzende Kahn verantwortlich sein.

Es handele sich dabei um eine Verschlankung, die in der Wirtschaft gang und gäbe sei, meinen einige. Warum aber ausgerechnet Wacker gehen muss, dazu gibt es keine Informationen. Was unter anderem daran liegen dürfte, dass beide Seiten noch die Abfindungsdetails aushandeln müssen. Wackers gut dotierter Vertrag inklusive lukrativer Altersvorsorge lief noch bis 2024. "Der fällt weich, sehr weich", sagt einer, der es wissen muss.

Hinter vorgehaltener Hand werden verschiedene, teilweise sich widerspechende Hintergründe des Abschieds erzählt - was allerdings beim FC Bayern keine Seltenheit ist. So verweisen die einen auf den Bericht der Sport Bild, die bereits Mitte September vom anstehenden Aus für Wacker berichtet hatte.

Von links nach rechts: Jörg Wacker, Uli Hoeneß und Oliver Kahn.
© imago images
Von links nach rechts: Jörg Wacker, Uli Hoeneß und Oliver Kahn.

FC Bayern: "Nicht alle sind mit der Internationalisierung zufrieden"

"Wacker ist intern als Vorstand umstritten. Nicht alle im Verein sind mit der Internationalisierung zufrieden. Vor allem zwischenmenschlich gab es viel Ärger unter den Bossen", schrieb das Blatt und verwies auf Reibereien und Kompetenzstreitigkeiten mit Jung und Dreesen.

So ist zu hören, die Umsätze im internationalen Bereich seien deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben und die Kosten, unter anderem für die beiden Büros in New York und Shanghai, zu hoch. Zudem soll Wacker in seinen insgesamt acht Jahren bei Bayern ein selbstbewusstes Auftreten an den Tag gelegt haben, das nicht allen gefallen haben soll.

"Die Vorwürfe sind erstunken und erlogen", heißt es hingegen von der anderen Seite. Sie verweist auf die erfolgreiche globale Expansion der Bayern in diesem Jahrtausend. Die Ausfälle durch die Corona-Pandemie seien bei allen großen Klubs international noch viel gravierender ausgefallen. So haben sich etwa die weltweiten Marketingeinnahmen der DFL von 300 auf 160 Millionen Euro fast halbiert.

Jörg Wacker: Am Ende fehlte bei Bayern die Rückendeckung

Beide Seiten sind sich aber einigermaßen einig, dass Wacker am Ende die Rückendeckung gefehlt habe, um seine Freistellung noch abzuwenden. Der einstige Deutschland-Chef des Wettanbieters und damaligen Bayern-Sponsors Bwin war 2013 von Präsident und Aufsichtsratschef Uli Hoeneß zum Vorstand für Internationalisierung gemacht worden.

Auch Hoeneß wehrte sich am Ende nicht mehr gegen den Trennungsvorschlag Kahns bei der Aufsichtsratssitzung Ende August. Das Gremium soll den Vorschlag angeblich einstimmig angenommen haben. "Mit Wacker entmachtet Kahn also einen Hoeneß-Mann. Kahn beweist damit seine Unabhängigkeit vom einstigen Klub-Patron", kommentierte die Sport Bild: "Kahn macht gut elf Wochen nach der Machtübernahme von Rummenigge jetzt Ernst und baut den Klub nach seinen Überzeugungen um."

Insider: Trennung keine Machtdemonstration Kahns

Der naheliegenden Interpretation, dass es sich bei der Trennung von Wacker um eine Machtdemonstration Kahns gehandelt habe, um sich als klare Nummer eins zu positionieren, widersprechen Kenner aber vehement. Auch von den kolportierten "persönlichen Animositäten" mit Wacker und Gerüchten über angedachte weitere Trennungen von Führungspersonal will man nichts wissen.

Doch schon beim Antritt als neuer Vorstandsvorsitzender schrieb die Süddeutsche Zeitung, Kahn müsse "nach anderthalb Jahren im Hintergrund seine endgültige Parkposition finden". Daher fällt das Urteil eines Insiders auch eindeutig aus: "Er muss das jetzt so machen. Rummenigge ist komplett weg und Hoeneß zu dreiviertel. Wenn Kahn da nicht das Heft in die Hand nimmt und vorangeht, wäre der FC Bayern führungslos."

So hingegen sind die Verhältnisse nach außen und innen klar. Mit der Unterstützung der Gremien um Präsident Herbert Hainer, einem verschlankten Vorstand und aktuell ohne jegliche sportliche Sorgen kann Kahn nun noch mehr die Neuordnung und Umstrukturierung der Fußball AG mit dem von ihm initiierten Projekt "FC Bayern AHEAD" vorantreiben.

Vielleicht, so mutmaßt ein langjähriger Szenekenner, der alle Beteiligten gut kennt, habe sich der Bayern-Boss einen Wahlspruch des mittelalterlichen Machtpolitikers und Staatsphilosophen Niccolo Machiavelli zum Vorbild genommen: "Man muss die Grausamkeiten immer am Anfang begehen."

FC Bayern: Der Spielplan in den kommenden Wochen

DatumWettbewerbBegegnung
3. Oktober, 17.30 UhrBundesligaFC Bayern München - Eintracht Frankfurt
17. Oktober, 15.30 UhrBundesligaBayer Leverkusen - FC Bayern München
20. Oktober, 21 UhrChampions LeagueBenfica Lissabon - FC Bayern München
23. Oktober, 15.30 UhrBundesligaFC Bayern München - 1899 Hoffenheim
Artikel und Videos zum Thema